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Vignola
Le Vignole moderne / Der neue Vignola oder Elementar-Buch der Baukunst: Grundsätze der fünf Säulenordnung / Principes des cinq ordres — Leipzig, 1818

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https://doi.org/10.11588/diglit.1709#0051
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Anmerkung. Eine Zeichnung darf nicht eher schattirt werden, als nachdem man sie,
nach der Art, wie die Landmesser zu verfahren pflegen , straff über ein Reifsbret gespannt hat.
In Ermangelung der zusammengesetzten Reifsbreter, worauf man, ohne Leim, einen Bogen Pa-
pier spannen kann, bedient njan sich eines gewöhnlichen, glatten, von Tannen- Linden- oder
einen andern leichten Holze, ohne Knoten, das wenigstens die Gröfse eines Bogens Papier
20 Quadratzoll) hat. Um den zu schattirenden Rifs darauf zu spannen, macht man ihn
vorher mit einem kleinen in Wasser getauchten Schwamme auf der Rückseite nafs. Dann trägt
man auf dem Rand des Bogens oder Rifses, auf den ganzen Umkreis der angefeuchteten Seite,
mit einem Pinsel einen fingerbteiten Streif von dünnem Tischlerleime, den man wohl geschmol-
zen und warm zur Hand haben mufs, und so legt man den Bogen mit der nassen und am Rande
geleimten Seite auf das Bret. Den mit Leim bestrichenen Rand befestigt man, indem man mit
dem Hefte eines Messers, oder einem aridem runden Instrumente, hin und her streicht, jedoch
fo, dafs man erst ein Stück Papier unterlegt, worauf man beym Reiben stark anfdrückt. Diese
kleine Operation mufs schnell verrichtet Werden : sonst läfs das trocken gewordene Papier sich,
nachdem es aufgcleimt worden, nicht fest über das Bret spannen. Eine Zeichnung, welche
man schatliren wollte, ohne sie vorher aufgeklebt, und auf ein Bret straff gespannt zu haben,
würde immer schlecht ausfallen, und ein schmutziges Ansehen haben.
Ohne Zweifel wird diese Anweisung für die meisten Personen, die dieses Lehrbuch ge-
brauchen möchten, überflüssig seyn ; aber ich habe mir Personen gedacht, die fern von grofsen
Städten wohnen, und obwohl von allen Mitteln des Unterrichts entblöfst, sich doch in archi-
tektonischen Zeichnungen verfuchen möchten. Ihnen zu Gefallen habe ich noch zu bemerken,
dafs sie, um eine Zeichnung zu tuschen, zwei Pinsel mit gleichem Stiele (von Holz oder Elfen-
bein, 6 Zoll lang, und von der Dicke einer Federspuhle), an dessen Ende man den Pinsel auf-
steckt zur Hand haben müssen. Einer dieser Pinsel, der beste, dient dann, die Tinten aufzu-
tragen, der andere, der immer in Wasser getaucht seyn mufs, ist bestimmt, die Tinten zu mil-
dern, zu schwächen, zu verschmelzen, wenn es nöthig ist. Ohne dieses Mittel konnte man die
Abstufung der Schatten nicht erhalten, dergleichen diejenigen durchaus erfordern, die man auf
runden Körpern, z. B. Säulenschäften, Vasen etc. wahrnimmt. Die Schatten sind nicht das
einzige wesentliche Erfordernifs, um einer architektonischen Zeichnung ihre volle Wirkung zu
sichern. Die verschiedenen Tinten, d. h. die platten, flachen, starkem oder schwachem Tinten,
tragen auch noch viel dazu bey *). Sie dienen dazu, die mehr oder weniger hervortretenden
Theile einer Façade unterscheidbar zu machen. Man sehe zu dem Ende die Zeichnung a bis,
deren verschiedene Tinten anzeigen, dafs die Fufsgesimse a a die hervorspringendsten Körper
sind; dafs der Hinterbau ec und die Vertiefung, worin sich die Inschrifttafel befindet, mehr
zurücktreten, als die Pilaster bb. Die zweite Figur, Tafel a, ist der Gründrifs des Frontispizes,
Welches den Charakter der Toscanischen Ordnung entspricht, den der Aufrifs Fig. i. darstellt.
Jeder Grundrifs ist ein horizontaler Durchschnitt. Dieser ist in der Höhe der Linie BB aufge-
nommen. C ist der Grundrifs der abgestutzten Säule D, auf ihrem Fufsgesimse. DieserGrund-
rifs ist carminroth illuminirt; der Farbe, die zu allen projectirten Baurissen im Gebrauch ist
Der Grundrifs eines schon vorhandenen Gebäudes würde schwarz seyn; das ist eine verabre-
dete Sache, so dafs ein Rifs, der ein Gebäude vorstellen sollte, an welchem man Erweiterun-
gen anzubringen gesonnen ist, diesen Theil roth, alles übrige aber schwarz vorstellen würde.

*) Die starken Tinten müssen auf zwei Male aufgetragen werden. Zwei schwache Tinten auf einander
gesetzt, machen eine starke aus. Um sie auf einmal aufzutragen, müfste man eine zu schwarze
Tusche gebrauchen.
 
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