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Vöge, Wilhelm; Hagnower, Niclas [Ill.]
Niclas Hagnower: der Meister des Isenheimer Hochaltars und seine Frühwerke — Freiburg im Breisgau, 1931

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https://doi.org/10.11588/diglit.28045#0087
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7. BESTÄTIGUNGEN AUS DER OBERRHEINISCHEN PLASTIK UND GRAPHIK.

Wie die Architekturen der beiden Steingehäuse von Ulm und von Chur am
Oberrhein spuken, so gehen ihre Bildwerke um bei den oberrheinischen Bild-
hauern und Malern.

Da ist in Freiburg1 eine Sebastiansmarter aus dem Anfang des 16. Jahrhunderts,
die an den Ulmer Sebastian anknüpft (Taf. 13)2 3. Das Ethos des Urbilds, jenes
ins Angesicht Widerstehende ist dem nur unbedeutenden oberrheinischen Nachfahren
allerdings verloren gegangen, wie auch einem fränkischen (in Riemenschneider’s
Bereich, in Creglingen Taf. 13) \ der das Motiv ins Sentimentale verbildet hat.

Solch ins Weite greifende Wirkung des noch unvollkommenen Ulmer Jugend-
werks4 5 ist auch etwas wie eine Beglaubigung, zumal die großen oberrheinischen
Stecher beide das Sebastianthema behandelt haben in Blättern, die in den Werkstätten
damals verbreitet waren.

Wie, wo dem Meister des Freiburger Reliefs die Ulmer Statue bekannt geworden
ist? In Straßburg wahrscheinlich, aus den Studienblättern, die in des Isenheimers
Werkstatt lagen. Denn für Straßburg (für die St. Wilhelmskirche) ist der Meister
der Freiburger Sebastiansmarter tätig gewesen0.

Ein anderer Fall: Der Meister des Altars von Wasenweiler (bei Breisach)0 hat,
scheint es, von den Skulpturen des „Frühwerks“ mehrere gekannt: Die Churer
Madonna (Taf. 12), den Churer Paulus, doch auch den jungen Priester mit dem Buch

1 Augustiner-Museum.

2 Man nehme M. Schongauer’s großen Sebastian B. 59 vergleichend hinzu, beachte die Falte an
der Hüfte, die nach außen gekehrte Hand des erhobenen Arms, den vierfach umgeschlungenen
Strick u. a. m.

3 Dieser Creglinger Sebastian, im Gesprenge des nördl. Seitenaltars der Herrgottskirche, wahr-
scheinlich von Jak. Mülholzer (1496), M. Schuette, D. schwäb. Schni^altar, Straßburg 1907.

4 Der Einfluß der Figur auf Schwaben ist vorerst nicht abzuschätjen. Absenker derselben wohl:
der Sebastian am Sakramentshause der Kirche zu Stetten b. Hechingen (um 1500, Phot. Kratt 30 911),
dessen Architektur teils an das Ulmer, teils an das Churer Gehäuse erinnert, und die Silber-Statuette
von 1497 in Londoner Privatbesitj (Pinder, Deutsche Plastik, II, S. 394 Abb.) mit pathetischer Aus-
weitung des Motivs.

5 Nach Werner Noack’s liebenswürdiger Mitteilung gehört ihm das (offenbar etwas jüngere)
Relief mit einer Szene aus der Legende Wilhelm’s v. Aquitanien in St. Wilhelm zu Straßburg, Seb. Haus-
mann, Elsäss. Kunstdenkmäler, Straßburg 1900, Taf. 34 (auch das Fragment der Rufacher Anna selbdritt,
A. Schricker, Kunstschätje i. Elsaß-Lothringen, Straßburg 1896, Taf. 27 scheint ihm zu gehören). Für das
Kostümliche seiner Sebastiansmarter vergleiche man das Straßburger Heiligenleben, Straßburg,
Grüninger 1502 (Paul Kristeller, Die Straßburger Bücherillustration des 15.—16. Jahrhunderts, Leipzig
1888, Abb. 16).

0 Fr. X. Kraus und M. Wingenroth a. a. O. S. 109; Aufn. Wilh. Kratt, Nr. 2277.

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