nicht hinten, sondern vorn liegt die Fläche bei einem guten Relief.
Wie der Maler seine Bildfläche mit malerischen Mitteln für den
Beschauer klar und überzeugend vertieft, so vertieft der Reliefbildner
seine Fläche mit plastischen Mitteln. Er tut also, seinem anderen
Material entsprechend, ganz das Gleiche was der Maler tut, und
wenn es auch wie ein Widerspruch klingt: das echt plastisch ge-
dachte Relief ist in wahrem Sinne zugleich echt malerisch! Eine
Arbeit wie die vorher betrachtete aber, die wirklich mit malerischen
Mitteln wirtschaftet, anstatt auf plastische Weise Analoges zu er-
reichen wie der Maler, geht an innerem Widerspruch mit sich selbst
zugrunde.
Betrachten wir nun die Amazone daraufhin näher. Der Rand
des Reliefs zeigt noch klar die ursprüngliche vordere Fläche der
Tafel und übernimmt völlig die Funktionen des Bilderrahmens.
In dieser selben Fläche liegen mit ganz geringen Abweichungen
Kopf, Hals, Körper und Beine des Pferdes und fast die gesamte
Gestalt der Amazone selbst in allen wesentlichen Teilen; keine
Stelle aber ragt aus dieser Fläche auch nur im geringsten hervor,
was ja bei der Entstehung des Werkes aus einer flachen Marmor-
tafel auch technisch ganz unmöglich wäre. Mit erstaunlich geringen
Mitteln ist nun die körperliche Vorstellung überzeugend zum Aus-
druck gelangt, indem der zwischen den Figuren stehende Raum ver-
tieft wurde, die Figuren selbst aber nur gerade so viel Rundung
erhielten, um den Eindruck der Körperlichkeit zu erwecken. Der
Hintergrund — darauf muß besonders hingewiesen werden — ist un-
bedenklich hier tiefer, dort weniger tief gelegt, wie es die Kompo-
sition gerade mit sich brachte; man bemerkt das gar nicht, weil hier
der Hintergrund eben nicht ein Brett bedeutet, auf das die Gestalten
aufgeklebt wurden, sondern vielmehr „die Tiefe“ überhaupt darstellt,
die nur zur Verdeutlichung der Figuren dient, und in die unser Auge
nur ganz im allgemeinen zur Erzielung einer Raum- und Formvor-
stellung geleitet wird. Und dieser Gesamtvorstellung sind auch die
Figuren ihrer plastischen Behandlung nach organisch eingeordnet;
sie sind als Relief gedacht, nicht als mitten durchgeschnittene und
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Wie der Maler seine Bildfläche mit malerischen Mitteln für den
Beschauer klar und überzeugend vertieft, so vertieft der Reliefbildner
seine Fläche mit plastischen Mitteln. Er tut also, seinem anderen
Material entsprechend, ganz das Gleiche was der Maler tut, und
wenn es auch wie ein Widerspruch klingt: das echt plastisch ge-
dachte Relief ist in wahrem Sinne zugleich echt malerisch! Eine
Arbeit wie die vorher betrachtete aber, die wirklich mit malerischen
Mitteln wirtschaftet, anstatt auf plastische Weise Analoges zu er-
reichen wie der Maler, geht an innerem Widerspruch mit sich selbst
zugrunde.
Betrachten wir nun die Amazone daraufhin näher. Der Rand
des Reliefs zeigt noch klar die ursprüngliche vordere Fläche der
Tafel und übernimmt völlig die Funktionen des Bilderrahmens.
In dieser selben Fläche liegen mit ganz geringen Abweichungen
Kopf, Hals, Körper und Beine des Pferdes und fast die gesamte
Gestalt der Amazone selbst in allen wesentlichen Teilen; keine
Stelle aber ragt aus dieser Fläche auch nur im geringsten hervor,
was ja bei der Entstehung des Werkes aus einer flachen Marmor-
tafel auch technisch ganz unmöglich wäre. Mit erstaunlich geringen
Mitteln ist nun die körperliche Vorstellung überzeugend zum Aus-
druck gelangt, indem der zwischen den Figuren stehende Raum ver-
tieft wurde, die Figuren selbst aber nur gerade so viel Rundung
erhielten, um den Eindruck der Körperlichkeit zu erwecken. Der
Hintergrund — darauf muß besonders hingewiesen werden — ist un-
bedenklich hier tiefer, dort weniger tief gelegt, wie es die Kompo-
sition gerade mit sich brachte; man bemerkt das gar nicht, weil hier
der Hintergrund eben nicht ein Brett bedeutet, auf das die Gestalten
aufgeklebt wurden, sondern vielmehr „die Tiefe“ überhaupt darstellt,
die nur zur Verdeutlichung der Figuren dient, und in die unser Auge
nur ganz im allgemeinen zur Erzielung einer Raum- und Formvor-
stellung geleitet wird. Und dieser Gesamtvorstellung sind auch die
Figuren ihrer plastischen Behandlung nach organisch eingeordnet;
sie sind als Relief gedacht, nicht als mitten durchgeschnittene und
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