Srkk S
DIenSkag, den 24. Oktober 1933
8. Aahrg. 7 Nr.
StSWches Ltzealer
Di» „Frrischütz"-AusfLhruag am Soüntag stand
unter der musikalischen Leitung von Kapellmei-
ster Herbert Haarth, der auch „Rigoletto" ein-
studierte. Wie der Beifall am Schluß der Vor-
stellung zeigte, hatte der Künstler beim Publi-
kum einen großen Erfolg. Auch die Mitwtrkenden
wurden durch Ovationen reichlich belohnt.
Die Ortsgruppe H.-Kirchheim der NS-Hago
beteiligte sich am Samstagabend an dem feier-
lichen Abschluß der Handwerker-Werbewoche in
Heidelberg. Am Sonntag vormittag um 9 Uhr
traten die Handwerker und Gewerbetreibenden
des Stadtteils Kirchheim unter Führung der NS-
Hago zum gemeinsamen Kirchgang auf dem
Marktplatz in Kirchheim an. An der Spitze stan-
den die Spielmannszüge des Jungvolks und des
Turnvereins 1879 Heidelberg-Kirchheim. Vordem
Abmarsch fand eine kurze, eindrucksvolle Feier
statt. Unter Leitung des 1. Vorsitzenden des
Mannergesangvereins H.-Kirchheim, Jakob Bek-
ker, sangen die vier Kirchheimer Gesangvereine
das Lied „Freiheit, die ich meine". Hierauf sprach
NS-Hago-Ortsgruppenleiter Pg. Georg Becker
V. in begeisternd aufgenommenen Worten zu den
zahlreich Versammelten. Pg. Becker führte unge-
fähr folgendes aus: „Unsere Ortsgruppe hat
gestern abend am Fackelzug in Heidelberg teil-
genommen, heute beenden wir mit einem gemein-
samen Kirchgang die so schön verlaufene erste
Heidelberger Handwerker-Werbewoche im neuen
Deutschland. Gott segne das deutsche Handwerk!
In gemeinsamem Vorgehen haben wir gezeigt,
daß uns auch in der Zukunft der Opfersinn lei-
ten und jedes selbstsüchtige Handeln fernstehen
wird. Ich danke allen Mitarbeitern, Kameraden
und besonders auch den Sängern für all das,
was sie uns zur segensreichen Gestaltung un-
serer Veranstaltung geboten haben. Von dieser
Stelle aus wollen wir erneut geloben, unserem
Führer Adolf Hitler unwandelbare Treue zu hal-
ten. Wir werden uns mit allen Kräften dafür
etnsetzen, der Welt zu beweisen, daß Führer und
Volk in Deutschland eins sind im Denken und
Handeln. Durchdrungen vom Ernst dieser Stun-
den, aber auch in der zuversichtlichen Ueberzeu-
gung, deutsche Ehre und deutschen Aufstieg miter-
ringen zu dürfen, rufen wir unserem Führer
unser Sieg-Heil zu. Unserem Führer und Volks-
kanzler Adolf Hitler Sieg-Heil! Unter Elocken-
s"läuts rückten die Teilnehmer in zwei großen
Zügen nach den Kirchen beider Konfessionen ab.
X
59. Geburtstag. Gestern feierte der Führer
der Vezirksgruppe Groß-Heidelberg des Stahl-
helm B.d.F., Kamerad Franz Z w ingert, Vun-
senstraße 1, seinen 50. Geburtstag. Kam. Zwin-
gert steht schon sei über einem Jahrzehnt als
Stahlhelmer in der nationalen Bewegung. Um
den Aufbau der früheren Ortsgruppe Heidelberg,
jetzigen Bezirksgruppe Groß-Heidelberg hat sich
Kam. Zwingert außerordentlich große Verdienste
erworben.
Trinkt Fachinger, das deutsche kochsalzarme
Heilwasser. Als tägliches Getränk eignet sich das
Heilwasser „Staat!. Fachingen" gut, da es einer-
seits durch seine günstige Zusammensetzung
schleimlösend wirkt, andererseits aber durch die
gebundene Kohlensäure erfrischend und durst-
stillend ist.
Meines Kapitel des Straßenverkehrs
Zur Verkehrswoche vom 21.—28. Oktober 33
Don Polizeioberleuknant Walter.
Was ist denn da vorne los, dachte Herr
Leichtmann, als er von der Anlage kommend,
in die Rohrbacherstraße einbog?
Natürlich, Verkehrskonkrolle! Ausgerechnet
heute, wo meine Frau — Frauen sind be-
kanntlich an allem schuld — es vergessen hat,
meine Papiere, die ich gestern abend mit
hinaufgenommen hatte, wieder in den Magen
zu stecken. Selbstverständlich habe ich es erst
gemerkt, als ich schon unterwegs und es zu
spät zur Umkehr war. Meine Bremsen sind
auch nicht in Ordnung und mein Auspuff erst
— na, das kann ja gut werden! Wir wollen
nun den Herrn Leichtmann seinen Betrach-
tungen überlassen und wollen uns mal, damit
wir nicht in eine gleiche Lage kommen, verge-
wissern, welche Papiere der Kraftfahrer bei
sich führen und welches die Beschaffenheit
seines Fahrzeuges sein muß.
An Papieren kommen in Frage: Zunächst
der Führerschein der Klasse, die er fährt. Wir
unterscheiden hierbei 4 Klassen, nämlich:
Klasse I. Krafträder über 200 ccm und
Kraftwagen mit Antrieb durch Verbrennungs-
maschine bis zu einem Hubraum von 400 ccm.
Klasse II. Kraftwagen mit einem Eigen-
gewicht von mehr als 2,5 t, Zugmaschinen, und
Kraftwagen bis zu einem Hubraum von 400
ccm.
Klaffe III. Kraftwagen mit einem Eigen,
gewicht bis zu 2,5 t.
Klasse IV. Kraftwagen mit Antrieb durch
Berbrennungsmaschine bis zu einem Hubraum
von 400 ccm.
Anstelle des Führerscheins tritt bei Klein-
krafträder ein Personalausweis, oder ein an-
deres rechtsgültiges Ausweispapier. Warum
aber ist ein solcher Führerschein überhaupt
nötig? Die Beantwortung dürfte wohl nicht
schwer sein. Der Führerschein ist die behörd-
liche Genehmigung und zugleich Feststellung,
daß der Fahrer technisch und gesetzlich in der
Lage ist, das für ihn in Frage kommende
Kraftfahrzeug zu fahren. Außer dem Führer-
schein muß der Fahrer noch den Zulassungs-
schein mit sich führen. Dieser besagt, daß das
Fahrzeug nach einer vorherigen technischen
Prüfung für den Berkehr von der Behörde
zugelaffen ist. Anstelle der Zulassung tritt bei
Kleinkrafträdern Sine von der Zulassungsbe-
hörde ausgestellte Bescheinigung. Schließlich
ist noch die Steuerkarte oder die Steuerfrei-
heikskarke mit sich zu führen.
Das Fahrzeug muß in jeder Hinsicht ver-
kehrssicher sein. Verantwortlich hierfür sind
sowohl der Führer als auch der Halter des
Fahrzeuges. Jedes Fahrzeug muß. um diese
Verkehrssicherheit zu besitzen und um allen
gesetzlichen Bestimmungen zu genügen, fol-
gende Merkmale aufweisen:
1. Eine zuverlässige Lenkvorrichtung, (to-
ter Winkel nicht mehr als 30 Grad).
2. Zwei voneinander unabhängige gut ein-
gestellte Bremsen (davon eine feststellbar).
3. Ein vorschriftsmäßiges Signalinstrument.
(Nicht Signal geben, um schneller vorwärts zu
kommen).
4. Eine einwandfreie Beleuchtungsanlage.
5. Rokes (nicht gelbrokes) Rücklicht.
6. Deutlich erkennbare vorschriftsmäßige
Kennzeichen (auch rückwärts) (nach längeren
Fahrten bei schlechtem Wetter Schmutz ent-
fernen).
7. Typen - bezw. Firmenschild, - aus wel-
chem die Personalien des Kraftfahrzeuges zu
erkennen sind.
8. Eingeschlagene Mokornummer auf dem
Zylinder.
9. Genügend schalldämpfende Mikkel.
10. Keine Ileberladung (auch bei Perso-
nenkraftwagen).
11. Ab 1. Januar 1934 Fahrtrichtungsan-
zeiger.
Hätte Herr Leichtmann all dies, wie es ein
guter Kraftfahrer tun soll, befolgt, so hätte
er sorgenlos der, Kontrolle entgegensetzen kön-
nen. Mir aber, als gute Kraftfahrer, wollen
aus Obigem unsere Lehre ziehen.
Gleichschaltung bei d. „Eintracht" Handschuhsheim
Am letzten Donnerstag wurde im Männerge-
sangverein „Eintracht" 1892 Handschuhsheim nach
den neuesten Richtlinien des Bad. Sängerbundes
die Gleichschaltung vollzogen. Der seitherige
1. Vorsitzende, Bernhard Schmitt, dankte in
einer kurzen Ansprache den Sängern, sowie den
bisherigen Verwaltungsratsmigliedern für ihre
treue Mitarbeit und erklärte damit die alte Ver-
waltung für aufgelöst. Einstimmig wurde der
bisherige 1. Vorsitzende zum Vereinsführer be-
stimmt. Derselbe dankte für das ihm erneut ent-
gegengebrachte Vertrauen und bestimmte als
Mitarbeiter folgende Herren: Willy Kohler,
Stellvertreter, Emil Oestringer, Kassier, L.
Hamleh, Schriftführer, Hans Hornig, Sach-
wart Adam Wink, Presse und Propaganda.
Der neue Vereinsführer richtete an die Sänger
die Mahnung, auch weiterhin tatkräftig .nitzu-
arbeiten an der Pflege des deutschen Liedes zum
Wohle unseres lieben deutschen Vaterlandes.
Mit einem dreifachen „Sieg-Heil" auf den
Reichspräsidenten v. Hindenburg und den Volks-
kanzler Adolf Hitler fand die Sitzung ihr Ende.
In unserem Bericht über die Abendmusik in
der Peterskirche, den wir gestern veröffentlichten,
muß der zweite Satz lauten: „Sogleich die aus
der Weimarer Zeit stammende Toccata und Fuge
in E-Dur von I. S. Bach mit ihrer Hellen Ton-
art und einer — wie gestern — ebensolchen Re-
gistrierung (nicht Begeisterung) ließ diese Ten-
denz erkennen."
Für das Winterhilfswerk
Bei der „Volksgemeinschaft" gingen für die
Winterhilfe folgende Spenden ein: Teske, An-
lage 6—10, 5 RM., Stieglitz, Märzgasse, —,50,
Prof. Eichholtz 20, Studienrat Soinö 5, Christ.
Hartwig, Brückenstr. 1, 5 RM.
Filmwelt.
Odeou-Lichtspiele: „Das Ringen um Verdun",
ein französischer Kriegsfilm, zeigt in tiefgehen-
der Weise ein Stück des großen Weltkrieges und
erhält schon dadurch eine besondere Note, als
er meist an historischer Stätte gedreht wurde.
Er schildert, von französischer Seite aus ge-
sehen, die schweren Kämpfe des Jahres 1916.
Das Ringen um Verdun und die verschiedenen
Forts, vor allem Douaumont und Souville,
kommt in seiner kriegsgeschichtlichen Tragik stark
zur Geltung. Wenn in dem Film auch mehr das
Französische in Erscheinung tritt, so wird er doch
im Eesamteindruck dem gigantischen Kampfe der
Deutschen bei ihrem heroischen Vormarsch auf
Verdun gerecht. Es ist zweifellos eine Meister-
leistung, dieses Menschen und Material ver-
nichtende Toben filmisch so stark zu gestalten
und in seiner ungeheuren, furchtbaren Größe zu
fassen. Der Film führt denjenigen, die den
Weltkrieg nicht mitgemacht haben, klar das
Schreckliche vor Augen. Und wenn Hitler in
diesen Tagen einem englischen Pressevertreter
gegenüber geäußert hat, er möchte denjenigen
Frontsoldaten sehen, der mit Begeisterung sich
für einen neuen Krieg vorbereite, so wissen wir
Deutsche, daß unser Führer mehr als recht hatte.
Im Beiprogramm läuft neben der aktuellen
Tonwoche ein Kulturfilm „Die tote Stadt" und
weiter ein interessanter Fliegerfilm „Mittel-
holzer in Rekordzeit von Zürich nach Tunis".
Der Film zeigt:
Capitol: „Saison in Kairo".
Odeon: „Das Ringen um Verdun".
Schloßlichtspiele: „Eine Tür geht auf".
Kammerlichtspiele: „Frauengefängnis",
Spenden far das deutsche Wimerhilfswerk
durch alle Banken, Sparkassen und Postanslakea
»der Postscheckkonto: Winterhilfswerk Berlin 77100
Kampf gegen Hunger
Die GiMneAMEe Ser SeiSeSberger
GewerSeWule am Mein
Ein Schüler der Gewerbeschule schreibt uns:
Ueber ein Jahr haben wir gespart, jede Woche
IG—20 Pfennig aufgebracht, die uns der Fachleh-
rer bei der Städt. Sparkasse angelegt hat, damit
wir eine Schülerfahrt unternehmen können. End-
lich am 7. Oktober 1933 war der langersehnte
Tag gekommen. Früh morgens um 4 Uhr tra-
fen wir uns am Bahnhof um mit dem E. 4.25
Uhr nach Ludwigshafen—Mainz—Wiesbaden und
dann weiter durch den herrlichen Rheingau zu
unserem Endziel Geisenheim a. Rh. zu gelangen.
Auf der Fahrt hatten wir Gelegenheit, die sich
längs der Bahn hinziehenden ausgedehnten
Staudenkulturen von Goos u. Koenemann, Nie-
derwalluf zu sehen. In Geisenheim besich-
tigten wir die im In- und Ausland bekannte
und geschätzte Lehr- und Forschungsan-
stalt für Wein, Obst und Gartenbau, die Aus-
bildungsstätte von vielen hervorragenden Fach-
leuten, die deutsche Technik und Wissenschaft aus
diesem Gebiete in alle Erdteile tragen und ge-
tragen haben. Zunächst besichtigten wir die Ab-
teilung für Gartenbau, die unter Leitung von
Earteninspektor Marggraf steht, mit ihren hoch-
stehenden Kulturen von Chrysanthemum, die in
prächtigem Flor standen, Cyclamen, Primeln,
Hortensien, zahlreiche u. seltene Warmhausoslan-
zen. Besonders interessierte die reichhaltige
Sammlung von Kakteen und Orchideen. Die
Pflanzenbestände der Kulturhäuser und
Beete zeigten, daß hier äußerst tüchtige Fach-
leute ausgezeichnete Kulturleistungen hervor-
bringen. Von hier aus lenkten wir unsere
Schritte zur Obstverwertungs-Abtei-
lung. Auf diesem Wege gelangten wir durch
die landschaftlich angelegte und äußerst reizende
Parkanlage, die viele dendrologische Sehenswür-
digkeiten enthält. Wir sahen eine große Zahl
der verschiedensten Gehölze, Sträucher u. Bäume,
die zum Teil mit Zierfrüchten überladen und
Mit bunt gefärbtem KerbstlqvL geschmückt-wa-
ren. Im Park selbst stehen an hervorragenden
Stellen Gedenksteine und Denkmäler für bedeu-
tende Dozenten und das Ehrenmal für die Ge-
fallenen Aktiven und ehem. Geisenheimer der
Lehr-Anstalt. In der Abteilung für Obstverwer-
tung sahen wir die verschiedenen Obstverwer-
tungsgeräte so z. B. Vakum-Apparate, Autokla-
fen, Passiermaschinen, Trocken-Apparate u. dergl.
In dieser Abteilung werden die Studierenden
der Lehr-Anstalt mit der Technik der Obstkonser-
vierung vertraut gemacht, wie Herstellung von
Gelee, Marmelade, Mus, Saftbereitung, Trok-
kenobst usw. Seit einigen Jahren wird hier der
Süßmost-Bereitung, dieser jüngsten und äußerst
bedeutenden Obstverwertungsart große Aufmerk-
samkeit geschenkt. Hierauf besuchten wir die mu-
stergültigen Obst- und Gemüsebau-Ab-
teilungen dieser gärtnerischen Ausbildungs-
stätte. Auf weit ausgedehnten Flächen werden
für Lehr- und Studierzwecke die verschiedenartig-
sten Obstarten und eine sehr große Anzahl vcn
Obstsorten in allen möglichen Baumformen er-
zogen. Es wird wohl auf der ganzen Erde kaum
eine derartige Fachlehr-Anstalt geben, die so um-
fangreiche praktische Lehrbetriebe aufweist wie
gerade Geisenheim. Sämtliche Obstbaubetriebs-
wiesen wie z. B. Feldobstbau, intensive
Buschobstkultur, Formobstbau sind
hier vertreten. Ein Teil der Bäume standen
noch in reichem Behang. In sämtlichen Betrie-
ben konnte peinlichste Sauberkeit, Ordnung und
vorbildliche Bewirtschaftung sestgestellt werden.
Die Erfolge dieser vorschriftsmäßigen Baum-
pflege konnten wir in dem großen, neuen, nach
ganz modernen Gesichtspunkten aufgebauten
Kühlhaus feststellen. In diesen Räumen
wird die für die Früchte geeignete niedere Tem-
peratur durch das sogenannte Ammoniak-Verfah-
ren erzielt. Es lagerten hier prächtige Erzeug-
nisse des rheinischen Obstbaues, von denen wir
.Kostproben erhielten. Im Eemüsebaubetrieb sind
ausgesprochene Gurken-, Tomaten-, sogenannte
Eroßlufthäuser und umfangreiche Mistbeet-Anla-
gen vorhanden, die bereits für die neue Treib-
Periode vorbereitet wurden. Diese umfangreichen
Kulturflächen sind mit einer äußerst leistungs-
fähigen Bewässerungsanlage versehen, die mit
Rheinwasser gespeist wird. Nicht unerwähnt darf
die Musterpflanzung deutscher Re-
ben bleiben, die eine Menge Sorten und die
Erziehungsmethode aller deutschen Weinbauge-
biete umfaßt. Von den vielen wissenschaftlichen
Instituten konnten wir wegen Zeitmangel nur
die pflanzenpathalogische Abteilung
besichtigen, die von dem als Pslanzenpathaloge
und Pädagoge hervorragenden und hochstehenden
Professor Dr. Lüstner geleitet wird. In diesem
Institut sahen wir eine große Sammlung von
tierischen und pilzlichen Schädlingen und beka-
men auf diese Weise eine Ahnung von dem, was
heute ein gebildeter Gartenbaufachmann aus
diesem Gebiete lernen und können muß. Zur
Besichtigung der Pflanzen- und Gärungsphysio-
logie, des Oenochemischen Instituts, der Weinbau-
und Kellereibetriebe der Abteilung für Garten-
gestaltung reichte die Zeit nicht mehr, denn diese
Betriebe werden Samstag mittag 12 Uhr ge-
schlossen. Mit Stolz und Freude darüber, eine
der bedeutendsten gärtnerischen Ausbildungs-
stätten gesehen zu haben, verließen wir die Lehr-
anstalt. Der Besuch dieser zeigt uns klar und
deutlich, welche Bedeutung der von uns gewählte
Berufszweig hat, wie vielseitig er ist, welches
Matz von theoretischen Kenntnissen neben dem
praktischen notwendig sind, um in der heutigen
Zeit sich als guter Fachmann zu bewähren und
der Forderung unserer Zeit gerecht zu werden.
Es machte sich inzwischen im inneren Menschen
ein Gefühl außerordentlicher Leere bemerkbar,
dem nur durch ein reichliches Mittagessen abge-
holfen werden konnte. Unser Fachlehrer muß
diesen Zustand auch gefühlt haben, denn er führte
uns zum Hotel zur Post, wo alles auf das Beste
vorbereitet war. Anschließend ging es zu Fuß
nach dem nahe gelegenen Rüdesheim, das
inmitten bezaubernder Rebhügel und sagenum-
wobener Burgen, überragt vom Niederwald-
denkmal liegt.-Dieses gewaltig« Mal mahnt.
wie unser Fachlehrer ausführte, an die glorreich«
Zeit der siegreichen Erhebung des deutschen Vol-
kes, Vereinigung der deutschen Stämme und Wie-
deraufrichtung des deutschen Vaterlandes, wäh-
rend 1933, also 50 Jahre nach Errichtung, unser
Führer und Reichskanzler Adolf Hitler die Eini-
gung des deutschen Volkes aus furchtbarer Par-
teizerrissenheit vollzog. Mit Heil-Hitler nah-
men wir Abschied von dieser Stätte, um rach
einem Abstecher durch die bekannte Drossel-
gasse per Schiff nach dem lieblich»» Bingen
zu gelangen. Nach kurzer Einkehr in dieser leb-
haften Stadt kehrten wir nach Geisenheim
zurück, wo wir übernachteten. Am Sonntag früh
7 Uhr ging es nach Wiesbaden, um die be-
rühmte Bäderstadt mit ihren heißen Quellen zu
besuchen. Wiesbaden ist eine Kur- und Garten-
stadt ersten Ranges. Schon beim Austritt vom
Bahnhof grüßen die neuen Garten-Anlagen in
ihrer künstlerischen Gestaltung. Kurgarten und
das herrliche Kurhaus mit dem benachbarten
Theater sind Schmuck- und Prunkstücke von Welt-
bedeutung. Am Kochbrunnen saßen wir in
Korbsesseln, schlürften mit Behagen das eigen-
artige Wasser und fühlten uns als Kurgäste —
ohne Mittel! — Nun noch zu den landschaftlich
schönen Nerotal-Anlagen, dem bekann-
ten Neroberg, russischen Kapelle und zurück zum
Bahnhof, denn unsere Zeit war abgelaufen. Am
4 Uhr sind wir wohlbehalten in Heidelberg an-
gekommen, mit dem Bewußtsein, schöne Tage und
Stunden verlebt zu haben, die uns eine bleibende
Erinnerung sein werden.
Wir haben vieles gesehen, vieles gelernt und
wollen nicht versäumen, unserem Fachlehrer für
alle seine Bemühungen herzlichen Dank zu sagen
und den nachkommenden Klassen das Sparen zu
einer solchen Reise zu empfehlen.
Hauptschriftleitcr: Franz Bretz
Lhef »am Dienst: Bernhard Seeger-Kelbe
Verantwortlich siir Innenpolitik: Franz Bretz: für Nutzen-
politik und Wirtschaft: V. Seeger-Kelbe; für'Badische Nach-
richten. Lokales und Sport: Hermann Ueberle: siir Feuille-
ton und Unterhaltung: Erich Lauer; fiir Anzeigen: Lari
Hammer. Samt! in Heidelberg. Schrisllcitung: Lutherstr Kd
Sprechstunden täglich ll bis 12 Uhr Fernruf H7Ul.
Verlag „Volksgemeinschaft", K. >n. b. H., Anlage ».
Berlagsleiter: Rudolf Ritter, Heidelberg.
Druckerei Winter, Heidelberg.
DIenSkag, den 24. Oktober 1933
8. Aahrg. 7 Nr.
StSWches Ltzealer
Di» „Frrischütz"-AusfLhruag am Soüntag stand
unter der musikalischen Leitung von Kapellmei-
ster Herbert Haarth, der auch „Rigoletto" ein-
studierte. Wie der Beifall am Schluß der Vor-
stellung zeigte, hatte der Künstler beim Publi-
kum einen großen Erfolg. Auch die Mitwtrkenden
wurden durch Ovationen reichlich belohnt.
Die Ortsgruppe H.-Kirchheim der NS-Hago
beteiligte sich am Samstagabend an dem feier-
lichen Abschluß der Handwerker-Werbewoche in
Heidelberg. Am Sonntag vormittag um 9 Uhr
traten die Handwerker und Gewerbetreibenden
des Stadtteils Kirchheim unter Führung der NS-
Hago zum gemeinsamen Kirchgang auf dem
Marktplatz in Kirchheim an. An der Spitze stan-
den die Spielmannszüge des Jungvolks und des
Turnvereins 1879 Heidelberg-Kirchheim. Vordem
Abmarsch fand eine kurze, eindrucksvolle Feier
statt. Unter Leitung des 1. Vorsitzenden des
Mannergesangvereins H.-Kirchheim, Jakob Bek-
ker, sangen die vier Kirchheimer Gesangvereine
das Lied „Freiheit, die ich meine". Hierauf sprach
NS-Hago-Ortsgruppenleiter Pg. Georg Becker
V. in begeisternd aufgenommenen Worten zu den
zahlreich Versammelten. Pg. Becker führte unge-
fähr folgendes aus: „Unsere Ortsgruppe hat
gestern abend am Fackelzug in Heidelberg teil-
genommen, heute beenden wir mit einem gemein-
samen Kirchgang die so schön verlaufene erste
Heidelberger Handwerker-Werbewoche im neuen
Deutschland. Gott segne das deutsche Handwerk!
In gemeinsamem Vorgehen haben wir gezeigt,
daß uns auch in der Zukunft der Opfersinn lei-
ten und jedes selbstsüchtige Handeln fernstehen
wird. Ich danke allen Mitarbeitern, Kameraden
und besonders auch den Sängern für all das,
was sie uns zur segensreichen Gestaltung un-
serer Veranstaltung geboten haben. Von dieser
Stelle aus wollen wir erneut geloben, unserem
Führer Adolf Hitler unwandelbare Treue zu hal-
ten. Wir werden uns mit allen Kräften dafür
etnsetzen, der Welt zu beweisen, daß Führer und
Volk in Deutschland eins sind im Denken und
Handeln. Durchdrungen vom Ernst dieser Stun-
den, aber auch in der zuversichtlichen Ueberzeu-
gung, deutsche Ehre und deutschen Aufstieg miter-
ringen zu dürfen, rufen wir unserem Führer
unser Sieg-Heil zu. Unserem Führer und Volks-
kanzler Adolf Hitler Sieg-Heil! Unter Elocken-
s"läuts rückten die Teilnehmer in zwei großen
Zügen nach den Kirchen beider Konfessionen ab.
X
59. Geburtstag. Gestern feierte der Führer
der Vezirksgruppe Groß-Heidelberg des Stahl-
helm B.d.F., Kamerad Franz Z w ingert, Vun-
senstraße 1, seinen 50. Geburtstag. Kam. Zwin-
gert steht schon sei über einem Jahrzehnt als
Stahlhelmer in der nationalen Bewegung. Um
den Aufbau der früheren Ortsgruppe Heidelberg,
jetzigen Bezirksgruppe Groß-Heidelberg hat sich
Kam. Zwingert außerordentlich große Verdienste
erworben.
Trinkt Fachinger, das deutsche kochsalzarme
Heilwasser. Als tägliches Getränk eignet sich das
Heilwasser „Staat!. Fachingen" gut, da es einer-
seits durch seine günstige Zusammensetzung
schleimlösend wirkt, andererseits aber durch die
gebundene Kohlensäure erfrischend und durst-
stillend ist.
Meines Kapitel des Straßenverkehrs
Zur Verkehrswoche vom 21.—28. Oktober 33
Don Polizeioberleuknant Walter.
Was ist denn da vorne los, dachte Herr
Leichtmann, als er von der Anlage kommend,
in die Rohrbacherstraße einbog?
Natürlich, Verkehrskonkrolle! Ausgerechnet
heute, wo meine Frau — Frauen sind be-
kanntlich an allem schuld — es vergessen hat,
meine Papiere, die ich gestern abend mit
hinaufgenommen hatte, wieder in den Magen
zu stecken. Selbstverständlich habe ich es erst
gemerkt, als ich schon unterwegs und es zu
spät zur Umkehr war. Meine Bremsen sind
auch nicht in Ordnung und mein Auspuff erst
— na, das kann ja gut werden! Wir wollen
nun den Herrn Leichtmann seinen Betrach-
tungen überlassen und wollen uns mal, damit
wir nicht in eine gleiche Lage kommen, verge-
wissern, welche Papiere der Kraftfahrer bei
sich führen und welches die Beschaffenheit
seines Fahrzeuges sein muß.
An Papieren kommen in Frage: Zunächst
der Führerschein der Klasse, die er fährt. Wir
unterscheiden hierbei 4 Klassen, nämlich:
Klasse I. Krafträder über 200 ccm und
Kraftwagen mit Antrieb durch Verbrennungs-
maschine bis zu einem Hubraum von 400 ccm.
Klasse II. Kraftwagen mit einem Eigen-
gewicht von mehr als 2,5 t, Zugmaschinen, und
Kraftwagen bis zu einem Hubraum von 400
ccm.
Klaffe III. Kraftwagen mit einem Eigen,
gewicht bis zu 2,5 t.
Klasse IV. Kraftwagen mit Antrieb durch
Berbrennungsmaschine bis zu einem Hubraum
von 400 ccm.
Anstelle des Führerscheins tritt bei Klein-
krafträder ein Personalausweis, oder ein an-
deres rechtsgültiges Ausweispapier. Warum
aber ist ein solcher Führerschein überhaupt
nötig? Die Beantwortung dürfte wohl nicht
schwer sein. Der Führerschein ist die behörd-
liche Genehmigung und zugleich Feststellung,
daß der Fahrer technisch und gesetzlich in der
Lage ist, das für ihn in Frage kommende
Kraftfahrzeug zu fahren. Außer dem Führer-
schein muß der Fahrer noch den Zulassungs-
schein mit sich führen. Dieser besagt, daß das
Fahrzeug nach einer vorherigen technischen
Prüfung für den Berkehr von der Behörde
zugelaffen ist. Anstelle der Zulassung tritt bei
Kleinkrafträdern Sine von der Zulassungsbe-
hörde ausgestellte Bescheinigung. Schließlich
ist noch die Steuerkarte oder die Steuerfrei-
heikskarke mit sich zu führen.
Das Fahrzeug muß in jeder Hinsicht ver-
kehrssicher sein. Verantwortlich hierfür sind
sowohl der Führer als auch der Halter des
Fahrzeuges. Jedes Fahrzeug muß. um diese
Verkehrssicherheit zu besitzen und um allen
gesetzlichen Bestimmungen zu genügen, fol-
gende Merkmale aufweisen:
1. Eine zuverlässige Lenkvorrichtung, (to-
ter Winkel nicht mehr als 30 Grad).
2. Zwei voneinander unabhängige gut ein-
gestellte Bremsen (davon eine feststellbar).
3. Ein vorschriftsmäßiges Signalinstrument.
(Nicht Signal geben, um schneller vorwärts zu
kommen).
4. Eine einwandfreie Beleuchtungsanlage.
5. Rokes (nicht gelbrokes) Rücklicht.
6. Deutlich erkennbare vorschriftsmäßige
Kennzeichen (auch rückwärts) (nach längeren
Fahrten bei schlechtem Wetter Schmutz ent-
fernen).
7. Typen - bezw. Firmenschild, - aus wel-
chem die Personalien des Kraftfahrzeuges zu
erkennen sind.
8. Eingeschlagene Mokornummer auf dem
Zylinder.
9. Genügend schalldämpfende Mikkel.
10. Keine Ileberladung (auch bei Perso-
nenkraftwagen).
11. Ab 1. Januar 1934 Fahrtrichtungsan-
zeiger.
Hätte Herr Leichtmann all dies, wie es ein
guter Kraftfahrer tun soll, befolgt, so hätte
er sorgenlos der, Kontrolle entgegensetzen kön-
nen. Mir aber, als gute Kraftfahrer, wollen
aus Obigem unsere Lehre ziehen.
Gleichschaltung bei d. „Eintracht" Handschuhsheim
Am letzten Donnerstag wurde im Männerge-
sangverein „Eintracht" 1892 Handschuhsheim nach
den neuesten Richtlinien des Bad. Sängerbundes
die Gleichschaltung vollzogen. Der seitherige
1. Vorsitzende, Bernhard Schmitt, dankte in
einer kurzen Ansprache den Sängern, sowie den
bisherigen Verwaltungsratsmigliedern für ihre
treue Mitarbeit und erklärte damit die alte Ver-
waltung für aufgelöst. Einstimmig wurde der
bisherige 1. Vorsitzende zum Vereinsführer be-
stimmt. Derselbe dankte für das ihm erneut ent-
gegengebrachte Vertrauen und bestimmte als
Mitarbeiter folgende Herren: Willy Kohler,
Stellvertreter, Emil Oestringer, Kassier, L.
Hamleh, Schriftführer, Hans Hornig, Sach-
wart Adam Wink, Presse und Propaganda.
Der neue Vereinsführer richtete an die Sänger
die Mahnung, auch weiterhin tatkräftig .nitzu-
arbeiten an der Pflege des deutschen Liedes zum
Wohle unseres lieben deutschen Vaterlandes.
Mit einem dreifachen „Sieg-Heil" auf den
Reichspräsidenten v. Hindenburg und den Volks-
kanzler Adolf Hitler fand die Sitzung ihr Ende.
In unserem Bericht über die Abendmusik in
der Peterskirche, den wir gestern veröffentlichten,
muß der zweite Satz lauten: „Sogleich die aus
der Weimarer Zeit stammende Toccata und Fuge
in E-Dur von I. S. Bach mit ihrer Hellen Ton-
art und einer — wie gestern — ebensolchen Re-
gistrierung (nicht Begeisterung) ließ diese Ten-
denz erkennen."
Für das Winterhilfswerk
Bei der „Volksgemeinschaft" gingen für die
Winterhilfe folgende Spenden ein: Teske, An-
lage 6—10, 5 RM., Stieglitz, Märzgasse, —,50,
Prof. Eichholtz 20, Studienrat Soinö 5, Christ.
Hartwig, Brückenstr. 1, 5 RM.
Filmwelt.
Odeou-Lichtspiele: „Das Ringen um Verdun",
ein französischer Kriegsfilm, zeigt in tiefgehen-
der Weise ein Stück des großen Weltkrieges und
erhält schon dadurch eine besondere Note, als
er meist an historischer Stätte gedreht wurde.
Er schildert, von französischer Seite aus ge-
sehen, die schweren Kämpfe des Jahres 1916.
Das Ringen um Verdun und die verschiedenen
Forts, vor allem Douaumont und Souville,
kommt in seiner kriegsgeschichtlichen Tragik stark
zur Geltung. Wenn in dem Film auch mehr das
Französische in Erscheinung tritt, so wird er doch
im Eesamteindruck dem gigantischen Kampfe der
Deutschen bei ihrem heroischen Vormarsch auf
Verdun gerecht. Es ist zweifellos eine Meister-
leistung, dieses Menschen und Material ver-
nichtende Toben filmisch so stark zu gestalten
und in seiner ungeheuren, furchtbaren Größe zu
fassen. Der Film führt denjenigen, die den
Weltkrieg nicht mitgemacht haben, klar das
Schreckliche vor Augen. Und wenn Hitler in
diesen Tagen einem englischen Pressevertreter
gegenüber geäußert hat, er möchte denjenigen
Frontsoldaten sehen, der mit Begeisterung sich
für einen neuen Krieg vorbereite, so wissen wir
Deutsche, daß unser Führer mehr als recht hatte.
Im Beiprogramm läuft neben der aktuellen
Tonwoche ein Kulturfilm „Die tote Stadt" und
weiter ein interessanter Fliegerfilm „Mittel-
holzer in Rekordzeit von Zürich nach Tunis".
Der Film zeigt:
Capitol: „Saison in Kairo".
Odeon: „Das Ringen um Verdun".
Schloßlichtspiele: „Eine Tür geht auf".
Kammerlichtspiele: „Frauengefängnis",
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Kampf gegen Hunger
Die GiMneAMEe Ser SeiSeSberger
GewerSeWule am Mein
Ein Schüler der Gewerbeschule schreibt uns:
Ueber ein Jahr haben wir gespart, jede Woche
IG—20 Pfennig aufgebracht, die uns der Fachleh-
rer bei der Städt. Sparkasse angelegt hat, damit
wir eine Schülerfahrt unternehmen können. End-
lich am 7. Oktober 1933 war der langersehnte
Tag gekommen. Früh morgens um 4 Uhr tra-
fen wir uns am Bahnhof um mit dem E. 4.25
Uhr nach Ludwigshafen—Mainz—Wiesbaden und
dann weiter durch den herrlichen Rheingau zu
unserem Endziel Geisenheim a. Rh. zu gelangen.
Auf der Fahrt hatten wir Gelegenheit, die sich
längs der Bahn hinziehenden ausgedehnten
Staudenkulturen von Goos u. Koenemann, Nie-
derwalluf zu sehen. In Geisenheim besich-
tigten wir die im In- und Ausland bekannte
und geschätzte Lehr- und Forschungsan-
stalt für Wein, Obst und Gartenbau, die Aus-
bildungsstätte von vielen hervorragenden Fach-
leuten, die deutsche Technik und Wissenschaft aus
diesem Gebiete in alle Erdteile tragen und ge-
tragen haben. Zunächst besichtigten wir die Ab-
teilung für Gartenbau, die unter Leitung von
Earteninspektor Marggraf steht, mit ihren hoch-
stehenden Kulturen von Chrysanthemum, die in
prächtigem Flor standen, Cyclamen, Primeln,
Hortensien, zahlreiche u. seltene Warmhausoslan-
zen. Besonders interessierte die reichhaltige
Sammlung von Kakteen und Orchideen. Die
Pflanzenbestände der Kulturhäuser und
Beete zeigten, daß hier äußerst tüchtige Fach-
leute ausgezeichnete Kulturleistungen hervor-
bringen. Von hier aus lenkten wir unsere
Schritte zur Obstverwertungs-Abtei-
lung. Auf diesem Wege gelangten wir durch
die landschaftlich angelegte und äußerst reizende
Parkanlage, die viele dendrologische Sehenswür-
digkeiten enthält. Wir sahen eine große Zahl
der verschiedensten Gehölze, Sträucher u. Bäume,
die zum Teil mit Zierfrüchten überladen und
Mit bunt gefärbtem KerbstlqvL geschmückt-wa-
ren. Im Park selbst stehen an hervorragenden
Stellen Gedenksteine und Denkmäler für bedeu-
tende Dozenten und das Ehrenmal für die Ge-
fallenen Aktiven und ehem. Geisenheimer der
Lehr-Anstalt. In der Abteilung für Obstverwer-
tung sahen wir die verschiedenen Obstverwer-
tungsgeräte so z. B. Vakum-Apparate, Autokla-
fen, Passiermaschinen, Trocken-Apparate u. dergl.
In dieser Abteilung werden die Studierenden
der Lehr-Anstalt mit der Technik der Obstkonser-
vierung vertraut gemacht, wie Herstellung von
Gelee, Marmelade, Mus, Saftbereitung, Trok-
kenobst usw. Seit einigen Jahren wird hier der
Süßmost-Bereitung, dieser jüngsten und äußerst
bedeutenden Obstverwertungsart große Aufmerk-
samkeit geschenkt. Hierauf besuchten wir die mu-
stergültigen Obst- und Gemüsebau-Ab-
teilungen dieser gärtnerischen Ausbildungs-
stätte. Auf weit ausgedehnten Flächen werden
für Lehr- und Studierzwecke die verschiedenartig-
sten Obstarten und eine sehr große Anzahl vcn
Obstsorten in allen möglichen Baumformen er-
zogen. Es wird wohl auf der ganzen Erde kaum
eine derartige Fachlehr-Anstalt geben, die so um-
fangreiche praktische Lehrbetriebe aufweist wie
gerade Geisenheim. Sämtliche Obstbaubetriebs-
wiesen wie z. B. Feldobstbau, intensive
Buschobstkultur, Formobstbau sind
hier vertreten. Ein Teil der Bäume standen
noch in reichem Behang. In sämtlichen Betrie-
ben konnte peinlichste Sauberkeit, Ordnung und
vorbildliche Bewirtschaftung sestgestellt werden.
Die Erfolge dieser vorschriftsmäßigen Baum-
pflege konnten wir in dem großen, neuen, nach
ganz modernen Gesichtspunkten aufgebauten
Kühlhaus feststellen. In diesen Räumen
wird die für die Früchte geeignete niedere Tem-
peratur durch das sogenannte Ammoniak-Verfah-
ren erzielt. Es lagerten hier prächtige Erzeug-
nisse des rheinischen Obstbaues, von denen wir
.Kostproben erhielten. Im Eemüsebaubetrieb sind
ausgesprochene Gurken-, Tomaten-, sogenannte
Eroßlufthäuser und umfangreiche Mistbeet-Anla-
gen vorhanden, die bereits für die neue Treib-
Periode vorbereitet wurden. Diese umfangreichen
Kulturflächen sind mit einer äußerst leistungs-
fähigen Bewässerungsanlage versehen, die mit
Rheinwasser gespeist wird. Nicht unerwähnt darf
die Musterpflanzung deutscher Re-
ben bleiben, die eine Menge Sorten und die
Erziehungsmethode aller deutschen Weinbauge-
biete umfaßt. Von den vielen wissenschaftlichen
Instituten konnten wir wegen Zeitmangel nur
die pflanzenpathalogische Abteilung
besichtigen, die von dem als Pslanzenpathaloge
und Pädagoge hervorragenden und hochstehenden
Professor Dr. Lüstner geleitet wird. In diesem
Institut sahen wir eine große Sammlung von
tierischen und pilzlichen Schädlingen und beka-
men auf diese Weise eine Ahnung von dem, was
heute ein gebildeter Gartenbaufachmann aus
diesem Gebiete lernen und können muß. Zur
Besichtigung der Pflanzen- und Gärungsphysio-
logie, des Oenochemischen Instituts, der Weinbau-
und Kellereibetriebe der Abteilung für Garten-
gestaltung reichte die Zeit nicht mehr, denn diese
Betriebe werden Samstag mittag 12 Uhr ge-
schlossen. Mit Stolz und Freude darüber, eine
der bedeutendsten gärtnerischen Ausbildungs-
stätten gesehen zu haben, verließen wir die Lehr-
anstalt. Der Besuch dieser zeigt uns klar und
deutlich, welche Bedeutung der von uns gewählte
Berufszweig hat, wie vielseitig er ist, welches
Matz von theoretischen Kenntnissen neben dem
praktischen notwendig sind, um in der heutigen
Zeit sich als guter Fachmann zu bewähren und
der Forderung unserer Zeit gerecht zu werden.
Es machte sich inzwischen im inneren Menschen
ein Gefühl außerordentlicher Leere bemerkbar,
dem nur durch ein reichliches Mittagessen abge-
holfen werden konnte. Unser Fachlehrer muß
diesen Zustand auch gefühlt haben, denn er führte
uns zum Hotel zur Post, wo alles auf das Beste
vorbereitet war. Anschließend ging es zu Fuß
nach dem nahe gelegenen Rüdesheim, das
inmitten bezaubernder Rebhügel und sagenum-
wobener Burgen, überragt vom Niederwald-
denkmal liegt.-Dieses gewaltig« Mal mahnt.
wie unser Fachlehrer ausführte, an die glorreich«
Zeit der siegreichen Erhebung des deutschen Vol-
kes, Vereinigung der deutschen Stämme und Wie-
deraufrichtung des deutschen Vaterlandes, wäh-
rend 1933, also 50 Jahre nach Errichtung, unser
Führer und Reichskanzler Adolf Hitler die Eini-
gung des deutschen Volkes aus furchtbarer Par-
teizerrissenheit vollzog. Mit Heil-Hitler nah-
men wir Abschied von dieser Stätte, um rach
einem Abstecher durch die bekannte Drossel-
gasse per Schiff nach dem lieblich»» Bingen
zu gelangen. Nach kurzer Einkehr in dieser leb-
haften Stadt kehrten wir nach Geisenheim
zurück, wo wir übernachteten. Am Sonntag früh
7 Uhr ging es nach Wiesbaden, um die be-
rühmte Bäderstadt mit ihren heißen Quellen zu
besuchen. Wiesbaden ist eine Kur- und Garten-
stadt ersten Ranges. Schon beim Austritt vom
Bahnhof grüßen die neuen Garten-Anlagen in
ihrer künstlerischen Gestaltung. Kurgarten und
das herrliche Kurhaus mit dem benachbarten
Theater sind Schmuck- und Prunkstücke von Welt-
bedeutung. Am Kochbrunnen saßen wir in
Korbsesseln, schlürften mit Behagen das eigen-
artige Wasser und fühlten uns als Kurgäste —
ohne Mittel! — Nun noch zu den landschaftlich
schönen Nerotal-Anlagen, dem bekann-
ten Neroberg, russischen Kapelle und zurück zum
Bahnhof, denn unsere Zeit war abgelaufen. Am
4 Uhr sind wir wohlbehalten in Heidelberg an-
gekommen, mit dem Bewußtsein, schöne Tage und
Stunden verlebt zu haben, die uns eine bleibende
Erinnerung sein werden.
Wir haben vieles gesehen, vieles gelernt und
wollen nicht versäumen, unserem Fachlehrer für
alle seine Bemühungen herzlichen Dank zu sagen
und den nachkommenden Klassen das Sparen zu
einer solchen Reise zu empfehlen.
Hauptschriftleitcr: Franz Bretz
Lhef »am Dienst: Bernhard Seeger-Kelbe
Verantwortlich siir Innenpolitik: Franz Bretz: für Nutzen-
politik und Wirtschaft: V. Seeger-Kelbe; für'Badische Nach-
richten. Lokales und Sport: Hermann Ueberle: siir Feuille-
ton und Unterhaltung: Erich Lauer; fiir Anzeigen: Lari
Hammer. Samt! in Heidelberg. Schrisllcitung: Lutherstr Kd
Sprechstunden täglich ll bis 12 Uhr Fernruf H7Ul.
Verlag „Volksgemeinschaft", K. >n. b. H., Anlage ».
Berlagsleiter: Rudolf Ritter, Heidelberg.
Druckerei Winter, Heidelberg.