ß. yahrg. / Nr. SM
Sonntag» »en 24. Dezember IMS
SLlle IS
V-MHROssM
gestattet.) Das Aufblühen der Gesellschaft
für Volksbildung in Berlin nach dem siegrei-
chen 1870/71 er Feldzug führte auch zur Grün-
dung einer Heidelberger Ortsgruppe. Vor-
sitzender war Ser um die Pflege der Staötge-
schichte eifrig bemühte Stadtrat Albert Mays
(eine Straße in der Weltstadt erinnert an die-
sen Namen), später der Buchhändler und
Stadtverordnete Koester. Die Oberbürger-
meister Dr. Wilckens und Dr. Walz standen in
freundschaftlichen Beziehungen zu der von
dem nationalliberalen Reichstagsabgeoröneten
Heinrich, Prinz zu Schönaich-Gerolath (dem
Bruder des Dichters) musterhaft geleiteten,
Berliner Zentralstelle. Sie gehörten dem en-
geren Vorstand an, nahmen des öfteren an
den, wechselnd in verschiedenen deutschen
Städten, abgehaltenen Hauptjahresversamm-
lungen teil und luden auch mehrmals nach
Heidelberg ein. Diese Veranstaltungen, von
den führenden Männern des geistigen Deutsch-
lands in reichem Maße besucht, wuchsen sich
rasch zu kulturell hochachtbaren Tagungen aus.
Der bekannte Schulmann Tews — vor eini-
gen Jahren zum Ehrendoktor der Berliner
Hochschule ernannt — sprach auch in unserer
Stadt und warb eifrigst für den weiteren
Ausbau der kleinen, hiesigen Volksbibliothek,
die wohl einen bescheiden bemessenen, städti-
schen Zuschuß erhielt, aber recht stiefmütterlich
in Schulhäusern untergebracht worden war.
Das Schlimmste aber war, daß jede sachver-
ständige Verwaltung fehlte. Das trieb zum
Verfall. Gegen 1900 waren nur noch wenige,
zerlesene Bünde in einem Seitenbau der
Oberrealschule in der Kettengasse vorhanden.
Die unterstützenden Freunde hatten Sie Lust
verloren. Alle Eingaben blieben ohne Er-
folg. Der Verein löste sich auf. Nach Jahren
des Wartens stiftete ein Professor der hiesigen
Universität, ein Freund des Oberbürgermei-
ster Dr. Wilckens, 30 000 RM. zur Errichtung
einer städtischen Volksvibliothek mit —
was die Hauptsache sein sollte — Lesesaal.
Es wurde eine Kommission gebildet und Uni-
versitätsbibliotheksdirektor Prof. Dr. Wille
zum Sachverständigen bestimmt. Am 1. Febr.
1906 wurde Pg. Georg Zink aus dem staat-
lichen Bibiliotheksdienste der Technischen Hoch-
schule Darmstadt Hierher übernommen. Am 23.
April konnte Oberbürgermeister Dr. Wilckens
in Gegenwart des Staötrates und Ser Presse,
sowie der Mitglieder der Bibliotheks-Kommis-
sion die neue Anstalt der Oeffentlichkeit über-
geben. Die Räume zu ebener Erde im Hause
Seminar st ratzel (einst Gymnasium, dann
Seminargebäude der Universität, schließlich
Oberrealschule) bienten zur Aufnahme der
damals vorhandenen 2500 Bände.
Slm Eröffnungstage wnrde« 20 Leser
«nd Sv Entleiher gezählt.
1914 wurde bas Haus für Schulzwecke be-
nötigt. Bald darauf zog das vom Elsaß hier-
her verlegte Mecklenburgische Jägerbataillon
Nr. 14 dort ein. Die Volksbibliothek — auf
20 000 Bände angewachsen — zog um nach
Hauptstraße 197 und erhielt im Laufe der
Jahre fast alle Räume in den drei, bezw. zwei
Stockwerken des Vorder- und Hinterhauses.
1910 wurde die bislang von Universitätsober-
bibliothekar Prof. Dr. Htntzelmann im Ne-
benamt verwaltete, erst im alten, dann im
neuen Rathause untergebrachte Stadtbibliothek
beigegeben. Im selben Jahre stiftete das
Theaterausschußmitglied Konsul Kellner den
Grundstock zu einer Theaterbücherei. 1918
konnten alle Abteilungen auch räumlich ver-
eint werden. Insgesamt standen allmählich
rund 40 000 Vuchwerke zur Verfügung. Die
Die MMN R8NMS -SV MRA.
Bei der Eröffnung der neuen Räume der
städtischen Volksbücherei worüber wir in un-
serer gestrigen Ausgabe berichteten, hielt Pg.
Stadtbibliothekar Zink eine Ansprache über
bas Werden unserer städtischen Bibliothek.
Nachfolgend veröffentlichen wir den Wortlaut
der interessanten Ausführungen:
Pg. Stadtbibliothekar Zink bei der Ansprache.
Vorsprnch.
„Dastburch kummt manich Buch an Tag,
Das man leichtlich bekummen mag. "
(Hans Sachs „Aus der eigentlichen Be-
schreibung aller Stände auf Erden.")
Letztwilliger Verfügung vom 10. Juni 1861
zufolge, fiel das Vermögen des hier im Ruhe-
stand gelebten Postoffizials Mathias Haub
dem katholischen Hospital zu. Es waren 40120
Gulden, die zur Errichtung einer Rettungs-
anstalt für sittlich verwahrloste Kinder katholi-
schen Glaubens verwendet werden sollten. 1865
wurde das Gebäude Plöck 2 (jetzt Nr. 2a) als
„Katholisches Rettungshaus" seiner Bestim-
mung übergeben. Seit 1905 wurde es Lis zum
Vorjahre als stäöt. Waisenhaus mitbenützt.
Nun hat da. wo unfolgsame, schwer zu behan-
delnde bzw. elternlose Kinder ihre Erziehung
erhielten, die jedermann zur Fortbildung
kostenlos zugängliche, stäbt. Bibliothek ihr
Heim gefunden.
Das Erdgeschoß enthält die neu einge-
richtete Buchberatung, wo über alle vor-
handenen Werke Auskünfte eingeholt und be-
zügliche Wünsche vorgetragen werden können.
Geöffnet: Dienstag, Donnerstag und Sams-
tag von 10—13 und von 16—19 Uhr. Nebenan
sind in mehreren Zimmern die reichhaltigen
Bestände der Volksbücherei aufgestellt.
Ihre Ausgabestelle hat folgende Dienststun-
den: Montag, Mittwoch und Freitag von 10
bis 13 und von 17—20 Uhr. Gebühren werden
nicht erhoben, dagegen sind niedriggehaltene
Ordnungsgelder vorgeschrieben und zur Durch-
führung eines flotten Leihverkehrs auch un-
erläßlich. Die restlichen Räumlichkeiten ber-
gen die Abteilung: Mus ik und Theater
mit ihren vielen Sammlungen zur Geschichte
des örtlichen Bühnenlebens. Hier ist auch der
Volkskunde gedacht durch die Georg und
Walter Zinkschen Kleinkunstzusammen-
stellungen: Märchen, Puppentheater, Weih-
nachtskrippenspiele und Zinnfigurenaufbauten.
Zutritt: Dienstag, Donnerstag und Samstag
von 10—13 Uhr.
Eine Stiege hoch liegt die an allen Wochen-
tagen von 10—13 und von 16—19 Uhr benütz-
bare, mit Gemälden Heidelberger Künstler
(Göttler, Gebirgslandschaft — Oechsler, Stil-
leben — Baier, Bahnhof in Heidelberg, —
Schropp, Friedhof in Mittenwald) ausge-
schmückte Lesehalle mit ihren mancherlei
Zeitungen, Zeitschriften nnd Nachschlagewer-
ken. An bestimmten, winterlichen Sonntagen
dient sie zugleich als Vortragssaal zur
Abhaltung von volkstümlichen Dichter- sowie
Vorleseabenden und verfügt dann über eine
Lichtbild- sowie künstlerische Figurenöreh-
bühne.
Der erste Literatnrabend findet am Sonn-
tag, den 7. Januar, bas nächste Vorlesen am
21. Januar 1934, jeweils um 19 Uhr statt. Auf
dem Programm stehen: „Die Poesie der deut-
schen Bibel" (zum Luthergedenktag) und zwei
der soeben erschienenen, geschichtlichen Novellen
von Isolde Kurz aus der Rahmenerzählung
„Die Nacht im Teppichsaal" (zum 80. Geburts-
tag der Dichterin). Für die Jugendlichen
wird am Sonntag, den 14. Januar, um 17 Uhr
die 1933 herausgegebene „Reise zum Weih-
nachtsstern" von Brandt, aus dem Norwegi-
schen übertragen von Hilda Damm, zu Licht-
bildern erzählt. Charakterspieler Karl Für-
stenberg vom Städtischen Theater hat sich
freundlichst zur Verfügung gestellt. Er über-
nimmt die Rezitationen.
Als äußerst wünschenswerte Vervollkomm-
nung gegen ehedem, ist die besonders einge-
baute Kleiderablage für die Besucher zu
buchen.
Außerdem sind in diesem Stockwerk das
Borstanöszimmer (Sprechstunden des
Gtadtbibliothekars täglich — auch Sonntag —
von 11—12 Uhr) und die stadtgeschichtli-
chen Büchergruppen sowie Gedenkstücke
untergebracht. Die Stadtbücherei ist Dienstag,
Donnerstag und Samstag von 10—13 Uhr
dienstbereit.
Ueber zwei Stiegen liegen die Aufbewah-
rungsorte für die alten Zeitschriften-
jahrgänge, das Aufseherheim sowie
die stabtbaugeschichtliche Modell-
kammer mit den interessanten, in farbiger
Plastik ausgeführten Entwürfen zu Arbeiten
des städtischen Hochbauamtes. Auch das jüngst
überwiesene, 50jährige Puppenhaus befindet
sich hier. In den Jahren 1884 und 1886 wohnte
im Grand-, sowie Schloßhotcl der mit dem
Geologie-Professor unserer Universität, Geh.
Hofrat Nosenbusch, befreundete englische Pri-
vat-Gelehrte Prof. Henry Carvill Lewis und
Gemahlin. Bei der Tochter, Fräulein G. d. B.
Lewis, wurde dieses Miniaturgebäude geba-
stelt und mit, in vielen deutschen Städten zu-
sammengesuchten Ausstattungsgegenständen ge-
schmückt. Als der Vater 1888 starb, arbeitete
die Mutter an der Vervollständigung des im-
mer wertvoller gewordenen Spielzeuges bis
1908 weiter. Sie wohnte mit dessen Besitzerin
von 1901 bis 1921 im Hause Nohrbacher Str.
70. 1924 verschied auf einer Reise nach Eng-
land ganz plötzlich die hier wohlbekannte Frau
Carvill Lewis. Fräulein Lewis lebt seitdem in
ihrem Landhause in Wales und besucht nur ab
und zu noch das ihr im Gedenken der Eltern
doppelt liebe Heidelberg, wo auf ihren, per-
sönlich dem Oberbürgermeister Dr. Neinhaus
vorgetragenen Wunsch dies«; Kleinkunstgabe
aufbewahrt und jedermann gezeigt werden
soll.
Von oben bis unten im Treppenhaus und
in den Gängen sind Wandschränke vorhanden,
welche mit Weltkriegsbüchern und
Klassikerausgaben angefüllt sind.
Neuzeitlicher Volksgemeinschaft gewidmete
Arbeit ist geleistet worden. Einwohnerschaft
von Heidelberg, mache Dir zunütze, was eine
Stadtverwaltung in anerkennenswerter Weise
der Allgemeinheit beschert hat.
Schon vor 86 Jahre« besaß Heidelberg
eine Volksbibliothek.
Akten sind nicht vorhanden, denn es handelte
sich um eine Vereinsschöpfung. Das „Journal"
von 1853 enthält in Nr. 248 vom 23. Oktober
eine Bekanntmachung, die ersehen läßt, daß
diese, im Hause der Buchhandlung Karl Groß
in der Hauptstraße untergebrachte Bücher-
sammlung dem Verein für innere Mission
ihre Entstehung zu verdanken hatte. Das
Adreßbuch von 1858 und 1859 führt die ersten,
wohl mehr auf Verlangen der Fremden,
als der Einheimischen angelegten Privatbib-
liotheken auf. Die von dem Verleger Her-
mann Oßwald, Kettengasse 1 und der Buch-
handlung Bangel und Schmitt, Hauptstr: 5,
begründeten — letztere für englische und fran-
zösische Literatur — haben sich bis heute er-
halten. Die Namen der Besitzer haben sich
allerdings geändert. Mit den neuerdings, des
bloßen Geldveröienens wegen, dazu von li-
terarisch wenig Vorgebilöeten aufgekauften
und deshalb auch von einer bezirksamtlichen
Kommission — auch der Staötbibliothekar ge-
hört ihr an — beaufsichtigten Buchausleihen
hatten diese buchhändlerischen Nebenunterneh-
men nichts zu tun. Zu den ältesten Vereins-
büchereien gehören die lediglich den Mitglie-
dern offenstehenden Bibliotheken der Gesell-
schaften „Museum" und „Harmonie".'(Bei bei-
den war die Einführung auswärtiger Gäste
MIT fottsa WettmaM sersrm
Ausgabe bei der NS-Volkswohlfahrk Gruppe Altstadt.
Benütznngszifser« im 27. Verwaltungsjahr«
1932 waren folgendermaßen angewachsen:
Städtische Volkslesehalle 19 695
Städtische Volksbibliothek 60 251
Abteilung Musik und Theater 221
Abteilung Staötgeschichte 319
Ausstellungen und Vorträge 673
zusammen: 81159
Besuchende aus allen Kreisen der einheimi-
schen Bevölkerung, der auch der herzlichste
Dank für alle die reichhaltigen Bücherspen-
den nicht vorenthalten werden darf. Im Früh-
jahr 1933, kurz nach der Machtergreifung durch
die Regierung des Volkskanzlers Adolf
Hitler wurden alle deutschfremden Bücher
zurückgestellt. Bei der Verbrennung der
von den vaterländischen Jungverbänden in
der Stadt eingezogenen Schunüschriften am
badischen Jugendtag (16. Juli 1933) hielt der
Staötbibliothekar die Ansprache.
Den Giebel des jetzigen Dienstgebäudes
ziert seit altersher das christliche Kreuz. Auf
Gottes Segen hofften die, welche ehedem
die geirrten, bezw. durch ein schweres Geschick
des elterlichen Schutzes beraubten Kleinen auf
den rechten Weg zurückzuführen versuchten.
Die allmächtige Hilfe des Allerhöchsten er-
bitten auch wir, die jetzt hier jung wie alt
von des Alltags Härten hinüber leiten wollen
ins erhebende und beseeligende Reich Lek
Künste und Wissenschaften. Nach alles sperren-
den, trostarmen Jahren der ängstlich und klein-
lich um ihrer einseitig ausgewählten, rote«
Gewerkschaftsbibliotheke« besorgte« Bonzen-
wirtschaft, die von verblendeten Zentrumsan-
hängern in unverantwortlicher Weife ge-
schützt, von einer lauen Demokratie still-
schweigend geduldet wurde, hat auch uns die
von aller Selbstsucht und Niederträchtigkeit
gereinigte Gegenwart das Feld zur allen die-
nenden Betätigung geweitet. Die lange Zeit
ausgefallenen Sitzungen des Ausschusses für
Geschichte, Museums-, Vibliotheks- und Ar-
chiv-Wesen, sowie für bildende Kunst finden
wieder regelmäßiger statt, und die Bücherei-
Leitung ist dem Stadthauptamt angegliedert
worben.
Pg. Oberbürgermeister Dr. Nemhaus,
Pg. Bürgermeister Wetzel u«d die natio-
nalsozialistische« Stadträte — voran Pg.
Seiler — sind tatkräftig dafür eingetrete«,
daß die völlig veraltete« Unterbringungs-
verhältnisse der Volksbibliothek beseitigt
nmrden.
Stolz flattert nun die Hakenkreuzfahne — ein
zweites Sinnbild — vor unseren Fenstern, als
Bekenntnis zur vaterländischen, volks- und
Heimattreuen, deutschen Volksbildung im
Sinne des Führers. Heil Hitler!
Und was MM öu?
Es leuchten wieder hell die Kerze«
Am ewig-grünen Weihnachtsbaum,
Und wieder schwebt in zarten Schleier«
Der Tannendust durch jeden Raum.
Und alle Straßenzeilen singen,
Christkind huscht leis von Haus zu Hans.
Vom Turme klingen Jubellieder
2ns winterstille Land hinaus.
Und du, o Freund, der dir im Lebe»
Das Glück so manchesmal gelacht,
Hast du an diesem Fest der Liebe
Auch Leines »^..„..)t?
Den sich des blinden Schicksals Fügung
Zu ihrem Liebling nicht erkor.
Und der im Kampf, im Unterliegen
Die Hoffnung und sich selbst verlor!
Wo deines Volkes Glieder leide»,
Da kannst du nicht beiseite stehn,
Sieh' nicht aus andre, die am Elend
Mit hartem Herz vorübergehn.
Schau auf den Mann in stiller Größe.
Der für Dich kämpfte mit der Tat,
Er bleibt auch in dem Kanzlerkleide
Dein allertreuster Kamerad!
Gustav Mangold, Heidelberg.
Vereinigung eZamelm e Freikirchen
in DeuiWa
Bischöflich Methodistenkirche, Ebenczerkapclle, Landhauststr. 17,
9.M vorn,.: Eemeindcgottssdienst fPred. Eiebner) 11 Uhr:
Sonntagsfchule. —- 8 Uhr abends: Sonntagabendfeier
fallt aus. — Erster Christfesttag, 9.39 Uhr norm.: Weih-
nachtsgottesdienst mit Chor (Eiebner). — 7.39 Uhr abds.:
Sonntagsschul-Wsihnachtsfeier mit Aufführung. — Zwei-
ter Christfesttag: Keine gottesdienstliche Versammlung.
Wesleykapells, Rohrbach, Heinrich Fuchsstratze 99, 11 Uhr
vorm.: Sonntagsschule, S Uhr abds.: Gottesdienst fällt
aus. — Erster Christsesttag, 4 Uhr nachm.: Sonntags-
schul-Wsihnachtsfeier mit Aufführung. - Mittwoch, 8
Uhr abds.: Bibelstunde lEiebner).
Sonntag» »en 24. Dezember IMS
SLlle IS
V-MHROssM
gestattet.) Das Aufblühen der Gesellschaft
für Volksbildung in Berlin nach dem siegrei-
chen 1870/71 er Feldzug führte auch zur Grün-
dung einer Heidelberger Ortsgruppe. Vor-
sitzender war Ser um die Pflege der Staötge-
schichte eifrig bemühte Stadtrat Albert Mays
(eine Straße in der Weltstadt erinnert an die-
sen Namen), später der Buchhändler und
Stadtverordnete Koester. Die Oberbürger-
meister Dr. Wilckens und Dr. Walz standen in
freundschaftlichen Beziehungen zu der von
dem nationalliberalen Reichstagsabgeoröneten
Heinrich, Prinz zu Schönaich-Gerolath (dem
Bruder des Dichters) musterhaft geleiteten,
Berliner Zentralstelle. Sie gehörten dem en-
geren Vorstand an, nahmen des öfteren an
den, wechselnd in verschiedenen deutschen
Städten, abgehaltenen Hauptjahresversamm-
lungen teil und luden auch mehrmals nach
Heidelberg ein. Diese Veranstaltungen, von
den führenden Männern des geistigen Deutsch-
lands in reichem Maße besucht, wuchsen sich
rasch zu kulturell hochachtbaren Tagungen aus.
Der bekannte Schulmann Tews — vor eini-
gen Jahren zum Ehrendoktor der Berliner
Hochschule ernannt — sprach auch in unserer
Stadt und warb eifrigst für den weiteren
Ausbau der kleinen, hiesigen Volksbibliothek,
die wohl einen bescheiden bemessenen, städti-
schen Zuschuß erhielt, aber recht stiefmütterlich
in Schulhäusern untergebracht worden war.
Das Schlimmste aber war, daß jede sachver-
ständige Verwaltung fehlte. Das trieb zum
Verfall. Gegen 1900 waren nur noch wenige,
zerlesene Bünde in einem Seitenbau der
Oberrealschule in der Kettengasse vorhanden.
Die unterstützenden Freunde hatten Sie Lust
verloren. Alle Eingaben blieben ohne Er-
folg. Der Verein löste sich auf. Nach Jahren
des Wartens stiftete ein Professor der hiesigen
Universität, ein Freund des Oberbürgermei-
ster Dr. Wilckens, 30 000 RM. zur Errichtung
einer städtischen Volksvibliothek mit —
was die Hauptsache sein sollte — Lesesaal.
Es wurde eine Kommission gebildet und Uni-
versitätsbibliotheksdirektor Prof. Dr. Wille
zum Sachverständigen bestimmt. Am 1. Febr.
1906 wurde Pg. Georg Zink aus dem staat-
lichen Bibiliotheksdienste der Technischen Hoch-
schule Darmstadt Hierher übernommen. Am 23.
April konnte Oberbürgermeister Dr. Wilckens
in Gegenwart des Staötrates und Ser Presse,
sowie der Mitglieder der Bibliotheks-Kommis-
sion die neue Anstalt der Oeffentlichkeit über-
geben. Die Räume zu ebener Erde im Hause
Seminar st ratzel (einst Gymnasium, dann
Seminargebäude der Universität, schließlich
Oberrealschule) bienten zur Aufnahme der
damals vorhandenen 2500 Bände.
Slm Eröffnungstage wnrde« 20 Leser
«nd Sv Entleiher gezählt.
1914 wurde bas Haus für Schulzwecke be-
nötigt. Bald darauf zog das vom Elsaß hier-
her verlegte Mecklenburgische Jägerbataillon
Nr. 14 dort ein. Die Volksbibliothek — auf
20 000 Bände angewachsen — zog um nach
Hauptstraße 197 und erhielt im Laufe der
Jahre fast alle Räume in den drei, bezw. zwei
Stockwerken des Vorder- und Hinterhauses.
1910 wurde die bislang von Universitätsober-
bibliothekar Prof. Dr. Htntzelmann im Ne-
benamt verwaltete, erst im alten, dann im
neuen Rathause untergebrachte Stadtbibliothek
beigegeben. Im selben Jahre stiftete das
Theaterausschußmitglied Konsul Kellner den
Grundstock zu einer Theaterbücherei. 1918
konnten alle Abteilungen auch räumlich ver-
eint werden. Insgesamt standen allmählich
rund 40 000 Vuchwerke zur Verfügung. Die
Die MMN R8NMS -SV MRA.
Bei der Eröffnung der neuen Räume der
städtischen Volksbücherei worüber wir in un-
serer gestrigen Ausgabe berichteten, hielt Pg.
Stadtbibliothekar Zink eine Ansprache über
bas Werden unserer städtischen Bibliothek.
Nachfolgend veröffentlichen wir den Wortlaut
der interessanten Ausführungen:
Pg. Stadtbibliothekar Zink bei der Ansprache.
Vorsprnch.
„Dastburch kummt manich Buch an Tag,
Das man leichtlich bekummen mag. "
(Hans Sachs „Aus der eigentlichen Be-
schreibung aller Stände auf Erden.")
Letztwilliger Verfügung vom 10. Juni 1861
zufolge, fiel das Vermögen des hier im Ruhe-
stand gelebten Postoffizials Mathias Haub
dem katholischen Hospital zu. Es waren 40120
Gulden, die zur Errichtung einer Rettungs-
anstalt für sittlich verwahrloste Kinder katholi-
schen Glaubens verwendet werden sollten. 1865
wurde das Gebäude Plöck 2 (jetzt Nr. 2a) als
„Katholisches Rettungshaus" seiner Bestim-
mung übergeben. Seit 1905 wurde es Lis zum
Vorjahre als stäöt. Waisenhaus mitbenützt.
Nun hat da. wo unfolgsame, schwer zu behan-
delnde bzw. elternlose Kinder ihre Erziehung
erhielten, die jedermann zur Fortbildung
kostenlos zugängliche, stäbt. Bibliothek ihr
Heim gefunden.
Das Erdgeschoß enthält die neu einge-
richtete Buchberatung, wo über alle vor-
handenen Werke Auskünfte eingeholt und be-
zügliche Wünsche vorgetragen werden können.
Geöffnet: Dienstag, Donnerstag und Sams-
tag von 10—13 und von 16—19 Uhr. Nebenan
sind in mehreren Zimmern die reichhaltigen
Bestände der Volksbücherei aufgestellt.
Ihre Ausgabestelle hat folgende Dienststun-
den: Montag, Mittwoch und Freitag von 10
bis 13 und von 17—20 Uhr. Gebühren werden
nicht erhoben, dagegen sind niedriggehaltene
Ordnungsgelder vorgeschrieben und zur Durch-
führung eines flotten Leihverkehrs auch un-
erläßlich. Die restlichen Räumlichkeiten ber-
gen die Abteilung: Mus ik und Theater
mit ihren vielen Sammlungen zur Geschichte
des örtlichen Bühnenlebens. Hier ist auch der
Volkskunde gedacht durch die Georg und
Walter Zinkschen Kleinkunstzusammen-
stellungen: Märchen, Puppentheater, Weih-
nachtskrippenspiele und Zinnfigurenaufbauten.
Zutritt: Dienstag, Donnerstag und Samstag
von 10—13 Uhr.
Eine Stiege hoch liegt die an allen Wochen-
tagen von 10—13 und von 16—19 Uhr benütz-
bare, mit Gemälden Heidelberger Künstler
(Göttler, Gebirgslandschaft — Oechsler, Stil-
leben — Baier, Bahnhof in Heidelberg, —
Schropp, Friedhof in Mittenwald) ausge-
schmückte Lesehalle mit ihren mancherlei
Zeitungen, Zeitschriften nnd Nachschlagewer-
ken. An bestimmten, winterlichen Sonntagen
dient sie zugleich als Vortragssaal zur
Abhaltung von volkstümlichen Dichter- sowie
Vorleseabenden und verfügt dann über eine
Lichtbild- sowie künstlerische Figurenöreh-
bühne.
Der erste Literatnrabend findet am Sonn-
tag, den 7. Januar, bas nächste Vorlesen am
21. Januar 1934, jeweils um 19 Uhr statt. Auf
dem Programm stehen: „Die Poesie der deut-
schen Bibel" (zum Luthergedenktag) und zwei
der soeben erschienenen, geschichtlichen Novellen
von Isolde Kurz aus der Rahmenerzählung
„Die Nacht im Teppichsaal" (zum 80. Geburts-
tag der Dichterin). Für die Jugendlichen
wird am Sonntag, den 14. Januar, um 17 Uhr
die 1933 herausgegebene „Reise zum Weih-
nachtsstern" von Brandt, aus dem Norwegi-
schen übertragen von Hilda Damm, zu Licht-
bildern erzählt. Charakterspieler Karl Für-
stenberg vom Städtischen Theater hat sich
freundlichst zur Verfügung gestellt. Er über-
nimmt die Rezitationen.
Als äußerst wünschenswerte Vervollkomm-
nung gegen ehedem, ist die besonders einge-
baute Kleiderablage für die Besucher zu
buchen.
Außerdem sind in diesem Stockwerk das
Borstanöszimmer (Sprechstunden des
Gtadtbibliothekars täglich — auch Sonntag —
von 11—12 Uhr) und die stadtgeschichtli-
chen Büchergruppen sowie Gedenkstücke
untergebracht. Die Stadtbücherei ist Dienstag,
Donnerstag und Samstag von 10—13 Uhr
dienstbereit.
Ueber zwei Stiegen liegen die Aufbewah-
rungsorte für die alten Zeitschriften-
jahrgänge, das Aufseherheim sowie
die stabtbaugeschichtliche Modell-
kammer mit den interessanten, in farbiger
Plastik ausgeführten Entwürfen zu Arbeiten
des städtischen Hochbauamtes. Auch das jüngst
überwiesene, 50jährige Puppenhaus befindet
sich hier. In den Jahren 1884 und 1886 wohnte
im Grand-, sowie Schloßhotcl der mit dem
Geologie-Professor unserer Universität, Geh.
Hofrat Nosenbusch, befreundete englische Pri-
vat-Gelehrte Prof. Henry Carvill Lewis und
Gemahlin. Bei der Tochter, Fräulein G. d. B.
Lewis, wurde dieses Miniaturgebäude geba-
stelt und mit, in vielen deutschen Städten zu-
sammengesuchten Ausstattungsgegenständen ge-
schmückt. Als der Vater 1888 starb, arbeitete
die Mutter an der Vervollständigung des im-
mer wertvoller gewordenen Spielzeuges bis
1908 weiter. Sie wohnte mit dessen Besitzerin
von 1901 bis 1921 im Hause Nohrbacher Str.
70. 1924 verschied auf einer Reise nach Eng-
land ganz plötzlich die hier wohlbekannte Frau
Carvill Lewis. Fräulein Lewis lebt seitdem in
ihrem Landhause in Wales und besucht nur ab
und zu noch das ihr im Gedenken der Eltern
doppelt liebe Heidelberg, wo auf ihren, per-
sönlich dem Oberbürgermeister Dr. Neinhaus
vorgetragenen Wunsch dies«; Kleinkunstgabe
aufbewahrt und jedermann gezeigt werden
soll.
Von oben bis unten im Treppenhaus und
in den Gängen sind Wandschränke vorhanden,
welche mit Weltkriegsbüchern und
Klassikerausgaben angefüllt sind.
Neuzeitlicher Volksgemeinschaft gewidmete
Arbeit ist geleistet worden. Einwohnerschaft
von Heidelberg, mache Dir zunütze, was eine
Stadtverwaltung in anerkennenswerter Weise
der Allgemeinheit beschert hat.
Schon vor 86 Jahre« besaß Heidelberg
eine Volksbibliothek.
Akten sind nicht vorhanden, denn es handelte
sich um eine Vereinsschöpfung. Das „Journal"
von 1853 enthält in Nr. 248 vom 23. Oktober
eine Bekanntmachung, die ersehen läßt, daß
diese, im Hause der Buchhandlung Karl Groß
in der Hauptstraße untergebrachte Bücher-
sammlung dem Verein für innere Mission
ihre Entstehung zu verdanken hatte. Das
Adreßbuch von 1858 und 1859 führt die ersten,
wohl mehr auf Verlangen der Fremden,
als der Einheimischen angelegten Privatbib-
liotheken auf. Die von dem Verleger Her-
mann Oßwald, Kettengasse 1 und der Buch-
handlung Bangel und Schmitt, Hauptstr: 5,
begründeten — letztere für englische und fran-
zösische Literatur — haben sich bis heute er-
halten. Die Namen der Besitzer haben sich
allerdings geändert. Mit den neuerdings, des
bloßen Geldveröienens wegen, dazu von li-
terarisch wenig Vorgebilöeten aufgekauften
und deshalb auch von einer bezirksamtlichen
Kommission — auch der Staötbibliothekar ge-
hört ihr an — beaufsichtigten Buchausleihen
hatten diese buchhändlerischen Nebenunterneh-
men nichts zu tun. Zu den ältesten Vereins-
büchereien gehören die lediglich den Mitglie-
dern offenstehenden Bibliotheken der Gesell-
schaften „Museum" und „Harmonie".'(Bei bei-
den war die Einführung auswärtiger Gäste
MIT fottsa WettmaM sersrm
Ausgabe bei der NS-Volkswohlfahrk Gruppe Altstadt.
Benütznngszifser« im 27. Verwaltungsjahr«
1932 waren folgendermaßen angewachsen:
Städtische Volkslesehalle 19 695
Städtische Volksbibliothek 60 251
Abteilung Musik und Theater 221
Abteilung Staötgeschichte 319
Ausstellungen und Vorträge 673
zusammen: 81159
Besuchende aus allen Kreisen der einheimi-
schen Bevölkerung, der auch der herzlichste
Dank für alle die reichhaltigen Bücherspen-
den nicht vorenthalten werden darf. Im Früh-
jahr 1933, kurz nach der Machtergreifung durch
die Regierung des Volkskanzlers Adolf
Hitler wurden alle deutschfremden Bücher
zurückgestellt. Bei der Verbrennung der
von den vaterländischen Jungverbänden in
der Stadt eingezogenen Schunüschriften am
badischen Jugendtag (16. Juli 1933) hielt der
Staötbibliothekar die Ansprache.
Den Giebel des jetzigen Dienstgebäudes
ziert seit altersher das christliche Kreuz. Auf
Gottes Segen hofften die, welche ehedem
die geirrten, bezw. durch ein schweres Geschick
des elterlichen Schutzes beraubten Kleinen auf
den rechten Weg zurückzuführen versuchten.
Die allmächtige Hilfe des Allerhöchsten er-
bitten auch wir, die jetzt hier jung wie alt
von des Alltags Härten hinüber leiten wollen
ins erhebende und beseeligende Reich Lek
Künste und Wissenschaften. Nach alles sperren-
den, trostarmen Jahren der ängstlich und klein-
lich um ihrer einseitig ausgewählten, rote«
Gewerkschaftsbibliotheke« besorgte« Bonzen-
wirtschaft, die von verblendeten Zentrumsan-
hängern in unverantwortlicher Weife ge-
schützt, von einer lauen Demokratie still-
schweigend geduldet wurde, hat auch uns die
von aller Selbstsucht und Niederträchtigkeit
gereinigte Gegenwart das Feld zur allen die-
nenden Betätigung geweitet. Die lange Zeit
ausgefallenen Sitzungen des Ausschusses für
Geschichte, Museums-, Vibliotheks- und Ar-
chiv-Wesen, sowie für bildende Kunst finden
wieder regelmäßiger statt, und die Bücherei-
Leitung ist dem Stadthauptamt angegliedert
worben.
Pg. Oberbürgermeister Dr. Nemhaus,
Pg. Bürgermeister Wetzel u«d die natio-
nalsozialistische« Stadträte — voran Pg.
Seiler — sind tatkräftig dafür eingetrete«,
daß die völlig veraltete« Unterbringungs-
verhältnisse der Volksbibliothek beseitigt
nmrden.
Stolz flattert nun die Hakenkreuzfahne — ein
zweites Sinnbild — vor unseren Fenstern, als
Bekenntnis zur vaterländischen, volks- und
Heimattreuen, deutschen Volksbildung im
Sinne des Führers. Heil Hitler!
Und was MM öu?
Es leuchten wieder hell die Kerze«
Am ewig-grünen Weihnachtsbaum,
Und wieder schwebt in zarten Schleier«
Der Tannendust durch jeden Raum.
Und alle Straßenzeilen singen,
Christkind huscht leis von Haus zu Hans.
Vom Turme klingen Jubellieder
2ns winterstille Land hinaus.
Und du, o Freund, der dir im Lebe»
Das Glück so manchesmal gelacht,
Hast du an diesem Fest der Liebe
Auch Leines »^..„..)t?
Den sich des blinden Schicksals Fügung
Zu ihrem Liebling nicht erkor.
Und der im Kampf, im Unterliegen
Die Hoffnung und sich selbst verlor!
Wo deines Volkes Glieder leide»,
Da kannst du nicht beiseite stehn,
Sieh' nicht aus andre, die am Elend
Mit hartem Herz vorübergehn.
Schau auf den Mann in stiller Größe.
Der für Dich kämpfte mit der Tat,
Er bleibt auch in dem Kanzlerkleide
Dein allertreuster Kamerad!
Gustav Mangold, Heidelberg.
Vereinigung eZamelm e Freikirchen
in DeuiWa
Bischöflich Methodistenkirche, Ebenczerkapclle, Landhauststr. 17,
9.M vorn,.: Eemeindcgottssdienst fPred. Eiebner) 11 Uhr:
Sonntagsfchule. —- 8 Uhr abends: Sonntagabendfeier
fallt aus. — Erster Christfesttag, 9.39 Uhr norm.: Weih-
nachtsgottesdienst mit Chor (Eiebner). — 7.39 Uhr abds.:
Sonntagsschul-Wsihnachtsfeier mit Aufführung. — Zwei-
ter Christfesttag: Keine gottesdienstliche Versammlung.
Wesleykapells, Rohrbach, Heinrich Fuchsstratze 99, 11 Uhr
vorm.: Sonntagsschule, S Uhr abds.: Gottesdienst fällt
aus. — Erster Christsesttag, 4 Uhr nachm.: Sonntags-
schul-Wsihnachtsfeier mit Aufführung. - Mittwoch, 8
Uhr abds.: Bibelstunde lEiebner).