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Volkszeitung: Tageszeitung für die werktätige Bevölkerung des ganzen badischen Unterlandes (Bezirke Heidelberg bis Wertheim) (2) — 1920

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Nr. 171 - Nr. 180 (27. Juli - 6. August)
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https://doi.org/10.11588/diglit.44127#0454
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Tageszeitung für die werktätige Bevölkerung der Amtsbezirke Heidelberg, Wiesloch, Sinsheim, Gppingen, Eberbach, Mosbach, Buchen, Adelsheim, Boxberg

Lezugspreis: Monatlich einW. Teäaerlohn s.— Mt. Anzelgrnpress«:
Die einspaltige petttzeile (ZS mm breit) SV pfg.» NetlameÄlazeige»
(YZ mm breit) 2.ro Mk. Lei Wiederholungen Nachlaß nach Toms.
Geheimmittel-Anzeigen werden nicht ausgenommen,
Geschäftsstunden: »-'/,» ilhr. Sprechstunden derR«attton: 11—12 Uhr.
Postscheckkonto Karlsruhe Nr. r2S7l. M.«Adr.: DolkszeitungHelbelbrr-.

Tauberbischofsheim und Wertheim.
Heidelberg, Freitag, 6. August llS20
Nr. iso * 2. Jahrgang

Verantwort!.: Fürinnereu. Sußerepolitik,NolkSwirtschaftu. Feuilleton: Or.
<k. KrauS: für Kommunales u. soziale Rundschau: I.Kahn, für^okaless:
I.V.: Z. Kahn, für die Anzeigen :H. Hoffmann, sä'mkl. in Heidelberg
Druck und Verlag der Unterbadischen Derlagsanstalt G. m.b.H., Heidelberg
Geschästsstelle: Schröderstraße ZS.
^^^^^ernsprecher: Anzeigen-Annahme rsrz, Redattion 2648.

Die Statuten -er
„Internationalen Bergarbetterbundes".
Der Sechsstundentag avgenommen.
Genf, 5. 9ug. Der internaüvwale Berga rbeiterkviMeß setzte
heu:e vormittag seine Beratuwgen fort mit der Behandlung des
del gischen Statutenentwurfes. Rach Hem Entwurf
setzt sich der „Internationale Bergarbeiterbund",
wie er genannt werden soll, zum Ziele, die gewerkschaftlichen Rechte
der Bergarbetter zu verteidigen und 'die Maßnahmen zu veranlassen,
die geeignet sind, für. den wirNamen Schutz der Mitglieder des
Bundes. Der Bund hat insbesondere zum Zweck, die wirtschaft
iichen und sozialen Interessen der Bergarbeiter zu verbessern und
die Beseitigung des Kapitalismus durch die Sozialisierung oder
Nationalisierung der Bergwerke zu erstreben. Falls ein internatio-
naler Kongreß Mr Durchsetzung seiner Forderungen einen General-
streik anordnen sollte, so ist dieser nm dann -urchznsühre», wenn
sich eine Zweidrittelmehrheit dafür ausfpricht. Alle nationalen
Sektionen Hoden sich einem solchen Beschlüsse dann zu fugen. All-
jährlich soll ein internattonaler Kongreß unberufen werden, doch
kann das Internattonale Komitee in außerordentlichen Fällen einen
außerordentlichen Kongreß einberufen.
In der Frage der A rbeitszeit begründete Rose (Deutsch-
land) die Notwendigkeit der Einführung der Sechsstundenschicht in
Deutschland, wo schon jetzt die Siebenstundenschicht durchgeführt sei.
Durch die langen Kriegsjahre sei der Gesundheitszustand der Berg-
arbeiter ganz besonders stark heruntergekommen. Nach Lljähriger
Tätigkeit trete bereits Invalidität ein. Das Durchschnittsalter der
ständig unter Tage arbeitenden Bergleute betrage nur 37 bis 38
Jahre. 38 Prozent brächten es zwar zu einem höheren Lebensalter,
aber es handle sich hier Mistens um Bergleute, die nicht ständig
.«tter Tage arbeitete«. Die Lungenschwindsucht hätte nahezu um
DO Prozent zugenommen. Bei einer Sechsstundenschicht müßten
übrigens drei Schichten zur Förderung mrv eine Sechsstuudenschicht
für Reparaturarbeilen gefahren werden, was gegenüber de» jetzigen
-rei Siebenstundenschichten ein Plus von vier Stunde« bedeute,
mithin also eme Steigerung der Produktion.
Rose betont schließlich, daß die Forderung des Sechsstunden-
tages in keinem Zusammenhänge mit den Verhandlungen in Ssta
stehe, sondern unmittelbar nach dem Ausbruch der Revolution in
Deutschland erhoben worden, sei. Es handele sich um keim deutsche
Intrigue. Die Deutschen verlangten auch nicht die sofortige Ein-
führung des Sechsstundentages, sondern erst müßten die technischen
Borbereitusgen getrost«« werden. Aber die Forderung müsse schon
fetzt erhoben werden, damit sie einmal verwirklicht werden könnte.
Die deutschen Bergarbeiter erwarteten, daß ihre ausländischen Kol-
legen dem deutschen Beispiele bald folgen werden und daß sie, wenn
die Entente in das Ruhrrevier einmarschieren und wenn infolge
militärischer Maßnahmen die deutschen Bergarbeiter um die Er-
rungenschaften der Revolution gebracht werden sollten,, sich mit den
deutschen Bergarbeitern solidarisch erklären. Wenn sich einmal die
BerhSllnkss« der deutschen Bergarbeiter infolge des Druckes der
Entente noch verschlimmern sollte, so wäre dies die unausbleibliche
Folge, daß die deutschen Bergarbeiter in Massen auswandern
müßten, wodurch den ausländischen Bergarbeitern eine bedeutende
Konkurrenz entstehe» würde.
Es fand schließlich eine Resolution Annahme, in der es heißt:
Angesichts des gesundheitsgefährlichen Charakters erklärt sich der
Kongreß grundsätzlich für den Sechsstundentag der unter Tag ar-
beilenden Bergleute. Der Rückgang in der Produktion der ganzen
Welt könne durch eine verlängerte Schichtzeit nicht gehoben werden.
Der Kongreß erklär! sich auch bereit, den Versuch auf Verlängerung
der Arbeitszeit mit internationalen Mittel» Widerstand z« leiste«.
Die Konferenz der 2. JnternaLionale.
Sozialisierung und Wiederaufbau.
Genf, 5. Aug. Der internationale Sozialistenkongreß setzte
die Debatte über die Sozialisierungsfrage fort. Schließlich wurde
eine diesbezügliche Resolution- angenommen, wobei 10 Delegierte
der „Labour Party" sich der Abstimmung enthielten.
Sodann sprach Macdvnald (England) über den Wieder-
aufbau und führte dabei u. a. aus: Wir verlangen von alle» in
Frage kommenden Regierungen, daß sie Mittel bereifliellen, um
den Arbeitsmangek in der Industrie zu beseitigen. Die Zentral-
mächte haben ein dringendes Bedürfnis für Düngemittel, Oetk-uchen
und Fetten. England, das über genügende Vorräte in diesen Ar-
tikeln verfügt, muß entsprechende Mengen freigeben, um die Land-
wirtschaft in Mitteleuropa wieder zu heben, damit infolge unge-
nügender Ernten nicht wieder viele Menschenleben vernichtet wer-
ben. England muß auch Erleichterungen hinsichtlich des Trans-
portes veranlassen, damit die 100 000 Milchkühe, die Amerika
Deutschland zur Verfügung stellt, schnellstens nach Deutschland ge-
schafft werden könne». So können- Hunderte von deutschen Kindern
ich kommenden Winter dem sicheren Tode entrissen werden-. Die
Bevölkerung Mitteleuropas empfindet ihre gegenwärtige Lage durch-
aus als unwürdig und hat den ernstlichen Witten, sich durch eigene
Arbeit zu erholen, nur müssen die entsprechenden Hilfsmittel zur
Verfügung gestellt werden.
Die Randstarrtenkonferenz in Riga.
Kopenhagen, 5. Aug. Nach einer Mitteilung des
lettischen Telegraphenbüros begann am 3. August die Kon-
ferenz der Randstaaten in Riga. Die russisch-lettischen
Friedensvsrhandlungen näherten sich dem Abschluß. Brsher
sei nur für die wirtschaftlichen Fragen eine Lösung gefunden.
Man hoffe jedoch, in einigen Tagen die Verhandlungen
ttbschließen zu können

Der Krieg im Osten.
Die Sowjettrrrppen vor Warschau. — Polen
zu sofortigen Friedensverhandlungen bereit.
Lank „Berl. Tagebl." ift es den Russen gelungen, die neue
polnische Front Ostrolenka-Ostrow-Bug in der Nvrdflanke zu um-
gehen. Die Polen w«rden dadurch gezwungen, sich aus die Weich-
lrllinie zucückzuziehen. Wie verschiedene Morgenblätter aus War-
schau melden, hat das polnische Kabinett beschlossen, dem Antrag
der Svwjetregierrmg stattzugeben und unverzüglich in Minsk Frie-
densverhandlungrri aufzunehmen. Die polnische Regierung ist bereit,
eine Friedensdelegation sofort nach Minsk zu entfsnden für den Fall,
baß die Sowjetregicrung für eine besondere und ungestörte telepho-
nische und telegraphische Verbindung der polnischen Friedensdele-
gakivn mit ihrer Regierung garantiert. Falls eine befriedigende
Antwort auf diese polnische Bedingung, die drahtlos nach Minsk
übermittelt worden ist, einläust, wird die polnische Friedensabokd-
nurrg sofort abreisen.
Wie der „Berl. Lok.-Anz." meldet, haben die polnische Regie-
rung mrd die Ententevertreler Warschau verlassen und befinden sich
auf dem Wege nach Krakau. In Warschau herrjcht Panikstimmung,
da man befürchtet, daß die Räterepublik ausgerufen werden wirb.
Es sei mit einem Eintreffen der bolschewistischen Kavallerie vor -en
Toren der Stadt in den nächsten Stunden zu rechnen.
Eine englische Warnungsnote an Rußland.
Berlin, 5 Aug. „Petit Journal" meldet aus London: Die
Lage wird als ernst angesehen. Lloyd George hat gestern
abend- Krassin, Kamenesf und Miljutin, die drei Führer der bolsche-
wistischen Delegation, empfangen. Diese Zusammenkunft verlief
sehr kalt. In einer außerordentlich deutlichen Sprache ha-t der Pre-
mtermimster der Delegation bestätigt, daß die englische R e -
-gierungeine Note nach Mos k a u gesandt habe, in der
mitgeteilt wurde, daß, wenn die Bolschewisten mit Polen keinen
Waffenstillstand schließen, die Wiederaufnahme irgendwelcher Be-
ziehungen unmöglich sei. Line Forschung des Vormarsches
der Roten Armee würde zur Folge haben, daß die Alliierten Polen
jede moralische Unterstützung zuteil werden lassen, deren
es bedarf.
London, 5. Aug. Reuter erfährt, daß Lloyd George und
Bonar Law die russischen Delegierten empfangen haben. Die Be-
sprechungen bezogen sich ausschließlich auf die Fortsetzung des
bolschewistischen Vormarsches gegen Polen trotz der
Eröffnung der Waffenstillstandsverhandl-ungen. Wie verlautet,
drückten sich die Minister bei den Verhandlun-gen sehr deutlich aus.
Englisch« Mobilmachung.
London, 5. Aug. „Daily Expreß" glaubt zu wissen, daß
das Army Council, um für jeden Fall bereit zu sein, zwei
vollständige Divisionen zur M o b i l m a ch u ng auf etwaigen Be-
fehl bereitstellte. Die Liste der die verschiedenen Einheiten befehli-
genden Offiziere stehe fest. Alle Vorkehrungen für Truppentrans-
porte, Verpflegung und Sckießbedarf seien getroffen. Gewisse Ver-
pflichtungen, welche die Verwertungsstelle der Kriegsvorräte über-
nommen hätte, seien rückgängig gemacht, um die Verpflegung zu
sichern.
Polens Hilferuf.
Paris, 5. Aug. Paderewski soll erklärt haben, Lloyd
George habe in Spa gegenüber hem polnischen Ministerpräsidenten
Grabski eine andere Sprache geführt, als dies Bonar Law im eng-
lischen Unterhause getan hat. Man habe in Spa Grabski die
schriftliche Erklärung gegeben, daß Großbritannien- Polen
Holsen würde und daß man seine Existenz innerhalb der Polen aus-
gezwu-ngenen Grenzen sichern werde. Paderewski fragt: wer hilft
uns in diesem Augenblicke wohl? Ich kann nur sagen:
Frankreich.
Eine rumänische Entlastungsoffensive?
Paris, 6. Aug. (W.B.) Nach dem „Newyorr Herald"
soll die französische Regierung der englischen Regierung
vorgeschlagen haben, Rumänien zu autorisieren, eine Offensive
aeaen die Rote Armee durch Beßarabien zu unternehmen.
Rumänien solle sich bereits bereit erklärt haben, die Polen
zu unterstützen, wenn man die rumänischen Ansprüche auf
Beßarabien anerkennen wolle.
Wie die „Freiheit" aus Bukarest meldet, haben die Bukarester
Sozialisten in verschiedenen Stadtvierteln Versammlungen veran-
staltet, in denen sie gegen die Absicht der rumänifchen Regierung,
Rumänien in einen Krieg gegen Rußland zu verwickeln, protestieren.
Die Russen vor Warschau und Lemberg.
Marienwerder, 6. Aug. Der russische Vormarsch
scheint im Zentrum zwischen Newa und Bug keinen ge-
schlossenen polnischen Widerstand mehr zu finden. Im Laufe
des gestrigen Tages haben die Russen neue wichtige Stra-
ßen und Bahnstationen besetzt. Sie können heute mit star-
kem rechten Flügel über Ostrolenka in Richtung Warschau
vorrücken und die Rechtsumfassung der polnischen Armee
kann in Kürze als gelungen bezeichnet werden. Durch die
Erfolge, die die russische Armee von Kowell aus errungen
hat, wird Lemberg von Norden her bedroht. Dis Russen
find schon über Lokal hinaus vorgedrungen.
Französische Vereitschaftrtruppen in der Pfalz
Berlin, 5. Aug. über Zusammenziehungen fran-
zösischer Truppen im besetzten Gebiet, dis auf dem Weg
durch Deutschland Polen zu Hilfe eilen sollen, weiß die
Freiheit zu berichten. Sie meldet in ihrer heutigen Aus¬

gabe, daß nach zuverlässigen Nachrichten die Franzosen im
besetzten Gebiet bedeutende Streitkräfte zusammenziehen. In
Elsaß-Lothringen, aber auch in der Pfalz, sollen feldmarsch-
mäßig ausgerüstete Regimenter stehen, die auf den Trans-
port nach Polen warten. Da die Truppentransporte, die
bisher unter der Maske, daß fie für die östlichen Ab-
stimmungsgebiete als Besatzung bestimmt seien, wiederholt
durch deutsche Eisenbahner angehalten wurden, wird jetzt
versucht, französische Soldaten als Zivilisten durch Deutsch-
land nach Polen zu schmuggeln. Es werden dafür in erster
Linie solche Soldaten ausgesucht, die längere Zeit in Deutsch-
land weilten und der deutschen Sprache mächtig find. Sie
bekommen deutsche Reisepässe ausgehändigt, deren Stempel
anscheinend gefälscht ist. Nach der Freiheit soll ferner fest-
stehen, daß im Elsässischen mehrere hundert Eisenbahner
bereit gehalten werden. Ein Transport soll bereits in
Ludwigshafen eingetroffen sein. Die französischen Eisen-
bahner sollen den Dienst auf den deutschen Strecken versehen,
die für den Durchmarsch nach Polen bestimmt sind für den
Fall, daß die deutschen Eisenbahner die Weiterleitung der
Transporte verweigern.
Feftgehaltenes Kriegsgut in Karlsruhe.
Karlsruhe, 6. Aug. Auf dem hiesigen Rangier-
bahnhof befinden sich zurzeit eine große Anzahl Waggons
mit Kriegsgut und Munition, deren Weiterbeförderung nach
Polen von dem Eisenbahnpersonal abgelehnt worden ift.
Die mit der Eisenbahngeneraldirektion und den Eisenbahnern
gepflogenen Unterhandlungen hatten das Ergebnis, daß
diejenigen mit ausgesprochenem Kriegsgut beladenen Wagen
nicht weiterbefördert werden, daß das Reichsverkehrs-
ministerium eine genaue Definition geben will, welche Waren
weiter als Kriegsgut in Betracht kommen und daß ferner
etwa neu hinzukommende gleichartige Züge zur Durchführung
des Betriebes für den Heimatdienst nach Württemberg ab-
zuschieben sind.
Weiter befinden sich hier eine große Anzahl Waggons
mit Gütern, nach Ungarn bestimmt, deren Beförderung
ebenfalls von dem Personal abgelehnt wurde. Der hiesigen
Eisenbahngeneraldirektion wurde von der Reichsregierung
mitgeteilt, es müßten über 400 Waggons, darunter 170
Wagen mit Fett, 200 Wagen Flugzeuge und 100 Wagen
Uniformen, nach der Tschecho-Slowakei befördert werden.
Da der Betriebsrat aber befürchtet, daß auch dieses Material
für die Polen bestimmt ist, lehnte er den Transport ab.

Deutscher Reichstag.
Das Enttvasfnungsgejeh angenommen.
Berlin, 5. Aug. Im Reichstag erklärte bet -der -dritten
Lesung des Gesetzentwurfes über die Entwaffnung der Bevölkerung,
wozu die Regierungsparteien eine Reitze von Kompromißanträgen
einbrachten,
Reichsminister Simons
etwa folgendes:
Der Friedensvertra-g und Spa verpflichten die deutsche Regie-
rung, Maßnahmen irgendwelcher Art zu ergreifen, die der Eniwurs
enthält. Diese unsere Pflicht darf nicht sabotiert werden. Der
Umfang der Gewalt des Reichskommissars für die Entwaffnung
untersteht der Kontrolle des Reichstags, er ist also kein Diktator.
Die neuen Anträge sind das Aeußerste, dem dir Regierung zu-
stimmem könnte. Dei Kommissar wird eine schwere Aufgabe haben,
wird unbedingte Parität bei seinem Vorgehen wahren müssen uüd
aus die innere und äußere Lage der deutschen Machtstellung Rück-
sicht üben müssen. Die Machtmittel dürfen sich einerseits nur in
der Hand des Reiches befinden, anderseits sind -diese Machtmittel
durch das Protokoll beschnitten. Wir müssen unsere Neutraltät
aufrecherhaltcn. Die Entente hat ein Interesse -daran, Truppe»
durch Deutschland nach dem Osten zu sende». Wen» es sich be-
wahrheiten sollte, daß bereits Vorbereitungen -hierzu im besetzten
Gebiet getroffen würden, wäre damit die deutsche Neutralität ver-
letzt, denn, ob unbesetzt oder besetzt, deutsches Gebiet bleibt deutsches
Gebiet. Kein Gebietsteil einer neutralen Macht darf zu Truppen«
hewegungen benutz: werden. Wir werden unsere Neutralität mit
allen- Mitteln zu schützen suchen. Ich hatte gestern eine sehr ermst-x
Unterredung mit dem Geschäftsträger Frankreichs über die Flaggen-
frage. Diese Frage ist noch nicht entschieden. Ich bitte, alles zu
vermeiden, was die gespannte Situation- noch verschärfen könnte.
Ich selber werde alles tun, um die Spannung nicht zur Entladung
kommen zu lassen. (Beifall.)
Der Reichstag nahm sodann das Entwafsnungsgejetz mit einem
Kvmpromißantrag der Regierungsparteien an, wodurch dem Re-
gierungskommissar ein parlamentarischer Beirat gegeben wird.
Gegen das Gesetz stimmten die Unabhängigen, die Bayrische Volks-
partei und ein Teil der Deutschnationalen, welcher besonders der
Befugnis, eidesstattliche Versicherungen über den Besitz der Waffen
zu verlangen, nicht zustimmen wollte.
Berlin, 5. Aug. In einer sehr ausgedehnten Debatte über
die -E r w e r b s l o se n f ü rs o rg e erklärte Arbeitsminister Dr.
Brauns, man könne die Sozialisierung und die Ar-
beitslosigkeit nicht von heute auf morgen beendigen. Die
Regierung werde 35 Millionen Mark für dauernd Erwerbslose,
welche Angehörige zu ernähren haben, zur Verfügung stellen, unter
der Voraussetzung, daß die Länder dazu beisteuern, so daß insge-
 
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