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Voss, Georg [Editor]; Lehfeldt, Paul [Oth.]
Bau- und Kunstdenkmäler Thüringens (Band 3,2): Amtsgerichtsbezirk Eisenach, Die Wartburg — Jena, 1917

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https://doi.org/10.11588/diglit.16234#0455
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356

Die Kunstsammlungen. Die Wartburg. 356

Die Bilder sind fast sämmt-
licli in dem Saal über der Thor-
halle zwischen den beiden Burg-
höfen (in der sogenannten Dir-
nitzlaube) als Bilderfries am
oberen Theil der vier Wände an-
gebracht. Die Fürsten sind dar-
gestellt, als ob sie hinter der
Brüstung einer langen Gallerie
stehen. Die meisten halten ihren
Wappenschild in der Hand. Im
Hintergrunde ist neben dem Por-
trät eines jeden Fürsten eine In-
schrift in Versen angebracht, in
denen der Fürst selber sein
Leben erzählt. Nur bei den
beiden letzten Herrschern, dem
Kurfürsten Johann dem Bestän-
digen und Johann Friedrich dem
Grossmüthigen, ist diese Form
des Selbsterzählens des Lebens-
laufes aufgegeben.

Man hat angenommen, die
Porträts seien „ur spr ü nglich es
Wartburggut" aus der Zeit
König Gelther. ^es Herzogs Johann Ernst*)

Gemälde von Lucas Cranach d. J. f 1626, der das Landgrafenhaus

Ambraser Sammlung in Wien. in den ersten Jahrzehnten des

17. Jahrhunderts zu seiner Re-
sidenz neu ausstatten liess. Doch in der langen Reihenfolge ist das Bild keines
einzigen Fürsten aus der Zeit nach dem Tode Johann Friedrichs des Grossmüthigen
enthalten und es liegt keine Veranlassung vor, an eine wesentlich spätere Ent-
stehung der Bilder zu denken. Auch die Angabe, Herzog Johann Ernst, der in
den ersten Jahrzehnten des 17. Jahrhunderts die Wartburg für seinen Hofhalt her-
richten liess, habe die Bilder für die Wartburg malen lassen, hat keine Berech-
tigung. Auf die Wartburg sind die Bilder erst im Jahre 1858 gekommen. Vorher
befanden sie sich in der Bildersammlung der grossherzoglichen Bibliothek in
Weimar. Es ist die Ahnenreihe der sächsischen Fürsten, in einer ähnlichen
Auswahl, wie sie auch in Wittenberger, Jenaer und Dresdener Holzschnittbüchern
jener Zeit mit Vorliebe dargestellt wurde. Die Porträts sind zweifellos nicht für
die Wartburg, sondern für ein anderes Schloss gemalt'*1").

Zur Wartburg hat die Auswahl der Bilder keine Beziehung. Gerade die

*) So die Angabe von Paul Weber in Baumgärtels Wartburg, S. 597 und 155, der die
Porträts nur mit den Worten „durchweg langweilige und ausdruckslose Arbeiten" erwähnt.

**) Ueber den früheren Standort der Bilderreihe wird hoffentlich die Sonderforschung in Weimar
Auskunft geben können. Da das Inventarisationswerk jetzt abgeschlossen werden musste, so konnte diese
Frage hier nicht verfolgt worden.
 
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