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Voss, Georg [Hrsg.]; Lehfeldt, Paul [Bearb.]
Bau- und Kunstdenkmäler Thüringens (Band 3,2): Amtsgerichtsbezirk Eisenach, Die Wartburg — Jena, 1917

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https://doi.org/10.11588/diglit.16234#0491
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392

Die Kunstsammlungen.

Die Wartburg. 392

wenigen Jahren auf einer Berliner Versteigerung erworben hat. Höchst merk-
würdig als Madonnendarstellung — und der Figur eine andere Deutung zu geben,
ist doch wohl nicht möglich — die Gottesmutter trägt nicht, wie sonst, das schlichte
Idealkostüm mit dem weiten Mantel, sondern ein weltlich reiches, knappes Kleid,
wie die Heldinnen des Alten Bundes, Judith etwa, in des Meisters Darstellung zu
tragen pflegen. Die mädchenhaft frische und naive Figur hat anmuthige, leicht
porträtmässige Züge und erinnert — wie auch das Christkind und die Landschaft —
an die hübschen Madonnen von 1518. Die Ansetzung des reizenden Bildes in
etwas spätere Zeit wird namentlich durch die Art des Schmuckes mit den gross-
gliedrigen Ketten empfohlen. Doch möchte ich nicht über 1522 herausgehen."
Das Gemälde befand sich auf der Kunsthistorischen Ausstellung der thüringisch-
sächsischen Länder in Erfurt 1903 unter Nr. 147.
Höhe 0,5972 m, Breite 0,36 m.

Lucas Cranach der Aeltere: Amor als Honigdieb. (Abbildung
S. 391.) In einer Landschaft, am Rande eines Waldes, begegnet Venus dem Amor-
kuaben, der eine Honigwabe entwendet hat. Die Bienen haben den Knaben ge-
stochen und er klagt Venus sein Leid. Venus sagt ihm, dass die Wunden seiner
Pfeile mehr schmerzen als die Stiche der Bienen. Auf einem Inschrifttäfelchen
steht:

DUM PVER ALVEOLO FVRATVR MELIA CVPIDO
FVRANTI DIGITVM CVSPITE FIXIT APIS. SIC
ETI AM NOBIS BREVIS ET PERITVRA VOLVPTAS
QVAM PETIMVS TRISTI MIXTA DOLORE NOCET.
Im Hintergrunde liegt ein starker Hirsch, ein gewaltiger Achtzehnender, dessen
Körper grossentheils von dem Gebüsch verdeckt wird. Das Künstlerzeichen
Cranachs, die Schlange mit dem liegenden Flügel, ist auf dem Baumstamm am
linken Rande angebracht. Die Scene, die Cranach in der Zeit um 1528—40 mehr-
mals gemalt hat, bezieht sich auf ein irrthümlich dem Anakreon zugeschriebenes
Gedicht (Theokr. Id. XIX. Der Honigdieb). Der Inhalt des Gedichtes hatte auch
andere deutsche Künstler schon vor der Entstehung der Bilder Cranachs lebhaft
beschäftigt. So hat Albrecht Dürer den Amorknaben gezeichnet, der, von der
Biene verfolgt, zur Venus flüchtet. Die Zeichnung Dürers befindet sich in Wien.

Das im Besitz des Commandanten der Wartburg befindliche Gemälde befand
sich auf der Cranach-Ausstellung in Dresden, Katalog Nr. 93. Eduard Flechsig
schreibt es dem älteren Cranach ZU. Siehe Flechsig, Cranachstudien, S. 280; ferner
Flechsig, Tafelbilder Lucas Cranachs des Aelteren, Tafel 126, S. 33. Aelmliche Gemälde
Cranachs befinden sich im Museum zu Schwerin (vom Jahre 1527), im Museum
zu Weimar, im Museum zu Kopenhagen (beide vom Jahre 1530), in der
Gallerie Borghese zu Rom (vom Jahre 1531), im Museum zu Hildesheim (vom
Jahre 1534), im Kaiser-Friedrich-Museum zu Berlin, in der Gallerie Liechten-
stein zu Wien, im Museum zu Stockholm.

Höhe 0,51 m, Breite 0,34 m.

Lucas Cranach der Aeltere: Lucretia. (Abbildung S. 393.) Die
junge Römerin ist wie auf anderen Bildern Cranachs mit einem dunkelgrünen
Pelzmantel dargestellt, der vorn offen steht und den unverhüllten Körper frei
 
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