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Wachsmuth, Curt
Die Stadt Athen im Alterthum (Band 2, Erste Abtheilung) — Leipzig, 1890

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https://doi.org/10.11588/diglit.12671#0042
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Die Hafenstadt

That nicht ganz heil überlieferten Stelle vor allen Dingen
nöthig zu konstatieren, dass sie geschrieben ist zu einer
Zeit, wo die Mauern des Peiraieus durch die Spartaner
niedergelegt waren1). Dies ist mit unzweifelhafter Sicher-
heit zu folgern aus dem Ausdruck örrep vuv exi öfjXöv ecrt;
denn bf)\ov ist nie das; was man mit Augen sieht, erblickt,
sondern was man schliessen, folgern kann2); und ebenso
bestätigt im Folgenden das bei der Beschreibung der Mauer
gebrauchte Imperfectum f\v diese Annahme3).

Als Beleg für die jetzt (aus den Trümmern) noch er-
sichtliche Breite der Ringmauern soll nun nach der über-
lieferten Lesart die mit fctp angeknüpfte Erzählung dienen,
dass bei dem Bau zwei Wagen die Steine heranführten.
Aber man mag die Worte im Einzelnen erklären, wie man
will, immer bleibt verborgen, wie es möglich sein soll, aus
diesem Vorgang bei der ursprünglichen Erbauung, die doch
sicher keine Spuren zurückgelassen hatte, einen Schluss zu
machen auf die Breite der Mauer. Und dieser Vorgang
selbst, welcher Art ist er denn eigentlich? Früher fasste
man — so schon Prokopios a. a. 0. — gegen den offenbaren
Wortlaut, aber durch ähnliche Meldungen4) über andre sehr

1) S. Bd. I S. 575. — Die Verwendung der betreffenden Thuky-
dideischen Phrasen bei Prokop bespricht Braun in den Acta semin.
Erlang. IV S. 173 f.

2) Vgl. (Thukyd. I) 93, 1: br\kr\ i5) oiKobouia ext Kai vuv ecriv
öti Korrä arou5r|v eyevexo, „aus der ganzen Beschaffenheit der Grund-
mauern lässt sich heute noch schliessen, dass der Bau in Eile
geschah". So treffend mit Classen u. A. Helmbold, über die suceessive
Entstehung des Thukydideischen Geschichtsiverlces (Prgr. des Realpro-
gymnas. in Gebweiler 1876) S. 13. Die von Ullrich, Beitr. z. Erhl. d.
Thukyd. S. 142 ff. A. 163 vertretene gegentheilige Ansicht, dass diese
Worte geschrieben seien, als die Mauern noch aufrecht standen, muss
auch Hirschfeld a. a. 0. für richtig halten; in seiner Weise nimmt sie
auf Müller-Strübing in Jahrb. f. Philol. 1885 S. 347.

3) Vgl. Herbst a. a. 0. S. 552.

4) Die von Herodotos (I 179), Strabon XVI 1, 5 S. 738 C, Curtius
liufus (V 1, 26) über die Mauern von Babylon, die Diodors (II 3) über
die von Ninive: und eben auf diese oder verwandte Erzählungen spielt
offenbar der Witz von Aristophanes, Vögel V. 1126 ff. an.
 
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