Zahl und Bedeutung der städtischen Deinen
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kosmos Gesammtattika's zu sehen. Wirklich hat Sauppe
diesen Schritt getkan1) und Wilamowitz hat sich ihm mit
steigender Entschiedenheit angeschlossen2).
Allein das Material versagt: weitere binnenstädtische
Demen lassen sich mit einiger Sicherheit überhaupt nicht
nachweisen und wenn wir — was sich ja freilich auch sonst
empfiehlt — das vorstädtische Areal zu Hülfe nehmen, so
erhalten wir zwar in Agryle und Keiriadai zwei neue Phylen,
Erechtheis und Hippothontis; eventuell würde das vielleicht
gleich vor der Stadtmauer beginnende Lakiadai auch noch
die Oineis ergeben. Aber das ganze System würde zerstört,
da Agkyle und Koile zwei bereits vertretene Phylen, Aigeis
und Hippothontis, brächten und Diomeia gar nochmals die
Aigeis3).
Bei dieser Sachlage scheint mir auch jetzt noch Zu-
rückhaltung geboten und vielleicht darf man sogar fragen,
ob eine solche Hervorhebung der Kapitale, wie sie immer-
hin in der Vertretung aller zehn Phylen innerhalb ihres
Gebietes gelegen hätte, wirklich den Intentionen des
Kleisthenes entsprach, ob nicht vielmehr die angestrebte
Vernichtung von Sonderverbänden das vermuthete Verfahren
widerrieth. Für das politische Leben hat das wie immer
abgegrenzte hauptstädtische Gebiet ja doch keine Sonder-
1) Zuerst in der Abhandlung de dentis urbanis AtJienarum (Lips.
1846) S. 19; neuerdings in der Göttinger Festrede 1875 S. 7. Wider-
spruch fand er namentlich bei Meier in der ällg. Litt. Zeit. 1846
S. 1081 ff.
2) Erst Kydathen S. 110 Anm. 22, jetzt Herrn. XXII S. 122; auch
Lolling, Handb. III S. 306 Anm. neigt sich der Annahme zu. Bei-
läufig heben Wilamowitz wie Lolling als entscheidend den Umstand
hervor, dass bei Errichtung der Phylen Ptolemais, Attalis und Adrianis
je ein neuer Demos geschaffen wurde; beweisen würde das doch erst
dann etwas, wenn diese neugeschaffenen Demen als „städtische" nach-
weisbar wären. (Und dabei lassen sie sogar den Kolonos Agoraios in
die Ptolemais versetzt werden!)
3) S. oben Bd. I S. 355 ff. und S. 261 über die vorstädtischen
Demen. Lakiadai habe ich a. a. 0. zwar etwas weiter von der Stadt
abgelegt; aber die Horosinschrift C. i. Att.Tl N. 1101 zwingt zu obiger
Annahme; ebenso urtheilt Milchhöfer, Erl. Text zu d. Kart. v. Attika
II S. 16: s. unten S. 246 Anm. 5.
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kosmos Gesammtattika's zu sehen. Wirklich hat Sauppe
diesen Schritt getkan1) und Wilamowitz hat sich ihm mit
steigender Entschiedenheit angeschlossen2).
Allein das Material versagt: weitere binnenstädtische
Demen lassen sich mit einiger Sicherheit überhaupt nicht
nachweisen und wenn wir — was sich ja freilich auch sonst
empfiehlt — das vorstädtische Areal zu Hülfe nehmen, so
erhalten wir zwar in Agryle und Keiriadai zwei neue Phylen,
Erechtheis und Hippothontis; eventuell würde das vielleicht
gleich vor der Stadtmauer beginnende Lakiadai auch noch
die Oineis ergeben. Aber das ganze System würde zerstört,
da Agkyle und Koile zwei bereits vertretene Phylen, Aigeis
und Hippothontis, brächten und Diomeia gar nochmals die
Aigeis3).
Bei dieser Sachlage scheint mir auch jetzt noch Zu-
rückhaltung geboten und vielleicht darf man sogar fragen,
ob eine solche Hervorhebung der Kapitale, wie sie immer-
hin in der Vertretung aller zehn Phylen innerhalb ihres
Gebietes gelegen hätte, wirklich den Intentionen des
Kleisthenes entsprach, ob nicht vielmehr die angestrebte
Vernichtung von Sonderverbänden das vermuthete Verfahren
widerrieth. Für das politische Leben hat das wie immer
abgegrenzte hauptstädtische Gebiet ja doch keine Sonder-
1) Zuerst in der Abhandlung de dentis urbanis AtJienarum (Lips.
1846) S. 19; neuerdings in der Göttinger Festrede 1875 S. 7. Wider-
spruch fand er namentlich bei Meier in der ällg. Litt. Zeit. 1846
S. 1081 ff.
2) Erst Kydathen S. 110 Anm. 22, jetzt Herrn. XXII S. 122; auch
Lolling, Handb. III S. 306 Anm. neigt sich der Annahme zu. Bei-
läufig heben Wilamowitz wie Lolling als entscheidend den Umstand
hervor, dass bei Errichtung der Phylen Ptolemais, Attalis und Adrianis
je ein neuer Demos geschaffen wurde; beweisen würde das doch erst
dann etwas, wenn diese neugeschaffenen Demen als „städtische" nach-
weisbar wären. (Und dabei lassen sie sogar den Kolonos Agoraios in
die Ptolemais versetzt werden!)
3) S. oben Bd. I S. 355 ff. und S. 261 über die vorstädtischen
Demen. Lakiadai habe ich a. a. 0. zwar etwas weiter von der Stadt
abgelegt; aber die Horosinschrift C. i. Att.Tl N. 1101 zwingt zu obiger
Annahme; ebenso urtheilt Milchhöfer, Erl. Text zu d. Kart. v. Attika
II S. 16: s. unten S. 246 Anm. 5.