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Flora*) rosenstreuend durchs Gefilde, während der fliehenden Erdnymphe
bei der Berührung Zephyrs Blumen aus dem Munde entspriessen. Für
Cosimos Villa Careggi* 2) gemalt, gegenwärtig in der Akademie zu Florenz.“
Die Benennungen, die sich im Laufe der vorliegenden Arbeit ergeben
hatten, stimmen mit dieser Deutung überein, nur dass die „Erdnymphe“
wohl „Flora“ zu benennen wäre und das rosenstreuende Mädchen nicht
als „Flora“ sondern als Frühlingsgöttin zu bezeichnen ist.
Auf beide Punkte soll noch an den einschlägigen Stellen zurück-
gekommen werden. Der Versuch, zur Erklärung der Ausgestaltung des
Bildes analoge Vorstellungen der gleichzeitigen kritischen Litteratur und
Kunst, der redenden wie der bildenden, heranzuziehen, erweist sich bereits
bei der naheliegenden Lektüre des Alberti3) als fruchtbar.
Die drei tanzenden Grazien werden dort als Gegenstand eines Bildes
empfohlen , nachdem vorher die „Verleumdung des Apelles“ (die ja
Botticelli ebenfalls illustrirte4) als besonders glückliche Invention den
Malern ans Herz gelegt worden war:
„Piacerebbe ancora vedere quelle tre sorelle, a quali si pose nome
Eglie, Heufronesis et Thalia, quali si dipignievano prese fra loro 1’ una
e’ altra per mano, ridendo, con la vesta scinta et ben monda; per quali
volea s’ intendesse la liberalitä, ehe una di queste sorelle da, h altra riceve,
la terza rendi il beneficio, quali gradi debbano in ogni perfetta liberalitä
essere.“
Wie Alberti die Beschreibung der „Verleumdung des Apelles“ mit
der Bemerkung geschlossen: 5)
„Quäle istoria, se mentre ehe si recita, piace, pensa quanto avesse
gratia et amenitä dipinta di mano d’Apelle“, so knüpft er auch an das
zweite Concetto, in dem stolzen Gefühl des glücklichen Entdeckers, die
Worte: „Adunque si vede quanti lodi porgano simile inventioni al artefice.
Pertanto consiglio, ciascuno pictore molto si faccia familiäre ad i poeti,
rhetorici et ad li altri simili dotti di lettera, sia ehe costoro doneranno
nuove inventioni o certo ajuteranno ad bello componere sua storia, per
quali certo adquisteranno in sua pictura molte lode et nome.“
Dass Botticelli gerade diese Musterbeispiele des Alberti verkörperte
giebt einen weiteren Beleg dafür, wie sehr er oder sein gelehrter Rath-
geber von dem Ideenkreis des Alberti „beeinflusst“ wurde.
J) Vgl. Bayer, „Aus Italien,“ 1885, p. 269, „Frau Venus in der Renaissance“:
„ ist es der Zephyr, welcher die Nymphe der Waldflur umweht und umfängt?
Rosenknospen quellen aus ihrem Mund und gleiten auf das Gewand der Nachbarin
herab: diese ist wohl Flora selbst.“
2) In dem Text zum dritten Band des Klassischen Bilderschatzes (1891), p. VIII,
ist dagegen Castello als Bestimmungsort, Vasari entsprechend, angegeben; innerlich
wahrscheinlich wäre freilich Careggi, der Versammlungsort der platonisirenden Ge-
sellschaft.
3) Lib. de pict., ed. Janitscbek, p. 117.
4) Vgl. Rich. Foerster, Die Verleumdung des Apelles in der Renaissance.
IbPrKss. VIII (1887), p. 27 ff.
5) L. c., p. 147.
Flora*) rosenstreuend durchs Gefilde, während der fliehenden Erdnymphe
bei der Berührung Zephyrs Blumen aus dem Munde entspriessen. Für
Cosimos Villa Careggi* 2) gemalt, gegenwärtig in der Akademie zu Florenz.“
Die Benennungen, die sich im Laufe der vorliegenden Arbeit ergeben
hatten, stimmen mit dieser Deutung überein, nur dass die „Erdnymphe“
wohl „Flora“ zu benennen wäre und das rosenstreuende Mädchen nicht
als „Flora“ sondern als Frühlingsgöttin zu bezeichnen ist.
Auf beide Punkte soll noch an den einschlägigen Stellen zurück-
gekommen werden. Der Versuch, zur Erklärung der Ausgestaltung des
Bildes analoge Vorstellungen der gleichzeitigen kritischen Litteratur und
Kunst, der redenden wie der bildenden, heranzuziehen, erweist sich bereits
bei der naheliegenden Lektüre des Alberti3) als fruchtbar.
Die drei tanzenden Grazien werden dort als Gegenstand eines Bildes
empfohlen , nachdem vorher die „Verleumdung des Apelles“ (die ja
Botticelli ebenfalls illustrirte4) als besonders glückliche Invention den
Malern ans Herz gelegt worden war:
„Piacerebbe ancora vedere quelle tre sorelle, a quali si pose nome
Eglie, Heufronesis et Thalia, quali si dipignievano prese fra loro 1’ una
e’ altra per mano, ridendo, con la vesta scinta et ben monda; per quali
volea s’ intendesse la liberalitä, ehe una di queste sorelle da, h altra riceve,
la terza rendi il beneficio, quali gradi debbano in ogni perfetta liberalitä
essere.“
Wie Alberti die Beschreibung der „Verleumdung des Apelles“ mit
der Bemerkung geschlossen: 5)
„Quäle istoria, se mentre ehe si recita, piace, pensa quanto avesse
gratia et amenitä dipinta di mano d’Apelle“, so knüpft er auch an das
zweite Concetto, in dem stolzen Gefühl des glücklichen Entdeckers, die
Worte: „Adunque si vede quanti lodi porgano simile inventioni al artefice.
Pertanto consiglio, ciascuno pictore molto si faccia familiäre ad i poeti,
rhetorici et ad li altri simili dotti di lettera, sia ehe costoro doneranno
nuove inventioni o certo ajuteranno ad bello componere sua storia, per
quali certo adquisteranno in sua pictura molte lode et nome.“
Dass Botticelli gerade diese Musterbeispiele des Alberti verkörperte
giebt einen weiteren Beleg dafür, wie sehr er oder sein gelehrter Rath-
geber von dem Ideenkreis des Alberti „beeinflusst“ wurde.
J) Vgl. Bayer, „Aus Italien,“ 1885, p. 269, „Frau Venus in der Renaissance“:
„ ist es der Zephyr, welcher die Nymphe der Waldflur umweht und umfängt?
Rosenknospen quellen aus ihrem Mund und gleiten auf das Gewand der Nachbarin
herab: diese ist wohl Flora selbst.“
2) In dem Text zum dritten Band des Klassischen Bilderschatzes (1891), p. VIII,
ist dagegen Castello als Bestimmungsort, Vasari entsprechend, angegeben; innerlich
wahrscheinlich wäre freilich Careggi, der Versammlungsort der platonisirenden Ge-
sellschaft.
3) Lib. de pict., ed. Janitscbek, p. 117.
4) Vgl. Rich. Foerster, Die Verleumdung des Apelles in der Renaissance.
IbPrKss. VIII (1887), p. 27 ff.
5) L. c., p. 147.