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Abb. 83. Schleißheim. Lustheim.



Vas Vorbild von Versailler. Pariser Rokoko in Bayern.
Max Emanuel (1679-1726) und Rarl Albert (1726-1745).

it Max Emanuel kam ein stärkerer Wille und festerer Charakter auf den bayeri-
jch^n Thron als es Ferdinand Maria gewesen war. Ein feuriges Tempera-
^p^^ment, jung, voll ungeduldiger Sehnsucht nach kriegerischen Lorbeeren, eine
mutige Soldatennatur, schien der Kurfürst eigentlich dazu bestimmt, in Feldzügen und
Waffentaten mehr Ruhm zu ernten als in dem friedlichen Bereich der bildenden Künste.
Noch viel weniger günstig waren die politischen Verhältnisse und der Stand der Finanzen
für eine Kunstförderung und Bautätigkeit im großen Stil. Deutschland wurde in
die Wirren des spanischen Erbfolgekrieges hineingezogen. Bayern geriet in die
peinlichste Lage, wiederholt war es der Schauplatz blutiger Kriegsereignisse, nach-
dem es seine besten Soldaten für den Kaiser und das Haus Habsburg auf den
Schlachtfeldern von Wien, Mohacz und Belgrad geopfert hatte. Das Land und
die Hauptstadt gerieten sogar in die Hand der (Österreicher, die es rücksichtslos aus-
saugten, der Kurfürst selbst mußte fliehen und fast ein halbes Menschenalter am
fremden Hof von der Gnade Ludwigs XIV. leben.
Alles war dazu angetan, dem Kurfürsten die Sparsamkeit als erste und dringendste
Regententugend zu empfehlen, und die Hoffnung, das groß begonnene künstlerische
Leben im Stile Max I. und Henriette Adelaidens fortzusetzen, bot wenig Aussicht
auf Verwirklichung, lind doch wurde Max Emanuel ein Mären, der durch die
Größe seiner Unternehmungen und die Pracht seiner Hofhaltung seine Vorgänger
weit in den Schatten stellte. Die fürstliche Pflicht der Repräsentation, die durch
die Staatsraison ihre politische und moralische Begründung erhielt, trat mit un-
erbittlichen Forderungen an jeden Hof heran. Nur derjenige Souverän konnte sich
ihnen entziehen, der seine Rolle auf dem politischen Theater aufgab. Max Emanuels
 
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