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Weisbach, Werner
Der junge Dürer: drei Studien — Leipzig, 1906

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https://doi.org/10.11588/diglit.29149#0043
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Der junge Dürer in seinen Beziehungen zum italienischen Quattrocento

und zur Antike.

§n Italien und in Deutschland ist die Entwicklung des geistigen und künstlerischen
Lebens im 15. Jahrhundert eine zu verschiedene gewesen, als daß sich leicht Be-
rtihrungs- und Anknüpfungspunkte hätten bieten können.

Die Beziehungen zwischen deutscher und italienischer Kunst sind sehr lockere
und kommen für die Entwicklung der deutschen Malerei nach der Mitte des Jahr-
hunderts überhaupt kaum in Frage. Nachdem sich diese von dem trecentistischen
Idealismus losgemacht hatte, lenkte sie in andere Bahnen als die italienische und
wandte sich, wenn sie Anregungen bedürftig war, der ihren eigenen Tendenzen ent-
gegenkommenden, stammverwandten niederländischen Kunst zu. Wie das auch mit der
Nürnbergischen Malerei, deren Geschichte in der vorigen Studie kurz skizziert wurde,
der Fall war.

Das Konstanzer Konzil, auf dem die Elite der italienischen und deutschen
Geistlichkeit und im Gefolge der italienischen, abgesehen von den humanistischen
Klerikern, ein Kreis erlesener weltlicher Humanisten vertreten war, hatte auf geistigem
Gebiet eine tiefer greifende Annäherung zwischen den beiden Ländern nicht zustande
gebracht. Die Italiener lernten allerdings das Land, auf das sie mit Hochmut herab-
zublicken gewohnt waren, aus eigener Anschauung besser kennen und wußten ihm
manche gute Seite abzugewinnen auch über die Erfolge hinaus, die ihnen bei Be-
friedigung ihrer Leidenschaft im Sammeln von Codices klassischer Autoren in den
zum Teil noch wenig durchstöberten deutschen Bibliotheken zuteil wurden. Aber es
blieb für sie doch immer Barbarenland.

Der italienische Humanismus, dessen Gelehrsamkeit sich dem Studium des
klassischen Altertums zuwandte, setzte vor allem die intellektuellen Kräfte des Menschen.
in Tätigkeit. Neben einer scharfen Dialektik verlangte er von seinen Jüngern eine
formalistische Rhetorik, die an den besten klassischen Mustern, dem Ciceronianischen
Latein gebildet wurde. Die Kritik wurde eine seiner Hauptaufgaben, ja zum Teil wohl
ein gewisser Sport, und sie wagte sich zuweilen sogar an die literarischen Heroen
und Vorläufer des Humanismus, indem sie das von diesen Geschaffene mehr von
einer formal-klassizistischen Seite beurteilte und darüber gedankliche Vorzüge und
 
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