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Die Werkkunst — 2.1906/​1907

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II. Jahrgang, Teil 1
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https://doi.org/10.11588/diglit.69043#0035
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DIE KÜNSTLER UND DAS KUNSTGEWERBE
Es war vor sechs Jahren in Paris, in der Schlußwoche der Weitaus^
Stellung. Da saßen wir Deutschen beisammen und stritten uns um die Aus'
sichten unseres Kunstgewerbes. Ein Gelehrter wußte genau, daß die Welt
noch lange den Nachahmern der alten Stile gehöre, denn die Pariser
Fabrikanten wollten vom Neuen nichts wissen. Ein älterer Kunstfreund
entgegnete, daß gerade von Paris aus große Arbeitsgebiete der jungen Kunst
erobert seien, das Glas, der Schmuck, die Medaille, das Plakat; der Nation,
die einen Galle und Lalique hervorbringe, sei die Herrschaft sicher. Wir
Jüngeren konnten ihm nicht beipflichten. Wir bewunderten jene starken,
mutigen Schöpfer; aber sie alle waren Meister des Einzelstückes, des objet
d’art, der Luxuskunst. Die Zukunft, so fühlten wir, gehörte denen, die das
Notwendige zur Kunst erheben würden, das Haus, die Wohnung, die Möbel,
das Gerät; für diese Werkaufgaben die Tauglichsten auszulesen, ist das
Problem; nur durch sie wird unser Kunstgewerbe unabhängig, deutsch, zeit*'
gemäß werden.
Diesem Ziele waren wir Deutschen schon damals näher als die Franzosen.
In Paris trat eine Reihe unserer besten Praktiker im engen Bunde mit frischen
Künstlern auf. Unsere Zeitschriften, Behörden, Museen setzten ihre Energie
und Ehre darein, aller Orten weitere Bündnisse dieser Art zu knüpfen. Die
breite französische Industrie dagegen hielt sich die Künstler mißtrauisch
vom Leibe.
Die sechsJahre haben uns Recht gegeben, künstlerisch und wirtschaftlich.
Jahr fürjahr sind der jungen Kunst neue Orte, neue Fachkreise, neue Käufer
gewonnen worden. Unsere klugen Geschäftsleute wissen längst, daß man
heute durch guten Geschmack Geld verdienen kann. Die alte Ausrede, ’das
Publikum will das Schlechte' zieht nicht mehr. Wer ihm das Gute geschickt
anbietet, der hat es. Die Qualität unserer Ware hebt sich zusehends. Wir
lesen, daß die Pariser Möbelindustrie nach Deutschland kaum noch Absatz
hat; der englische Import gilt für überwunden. Wer die Hoffnungen und
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