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Vorwort.

des Reiches, in Rom, der „Herrin aller Länder"1, möglich: Rom allein hat Katakomben,
deren Malereien bis in das 1. Jahrhundert hinaufreichen; Rom allein besitzt, sei es in Ur-
bild oder in mittelalterlicher Erneuerung, hervorragende Darstellungen religiösen Inhaltes
aus der Zeit, als die Kirche, dank dem konstantinischen Frieden, ihre Glaubenswahrheiten
offen an den Wänden ihrer Kultbauten in künstlerischen Formen verkünden durfte. Diese
Periode ist es namentlich, welche von den Kunsthistorikern wenig beachtet wurde. Ich
habe ihr deshalb eine ganz besondere Aufmerksamkeit geschenkt; denn sie umfaßt die
für die Entstehung der christlichen Monumentalkunst wichtigste Zeit.

Mit der Verlegung des Kaisersitzes nach Konstantinopel hat Rom zwar die Führerschaft
auf politischem Gebiete verloren, aber nichts an religiöser Bedeutung eingebüßt; es hat bei
diesem Wechsel in letzterer Hinsicht im Gegenteil eher gewonnen, weil der Papst nunmehr
nach und nach der tatsächliche Herr von Rom wurde. Einer religiösen Kunst, die nicht
auf den Hof angewiesen war, konnte das nur zum Vorteil gereichen. Der Zweck, um
dessentwillen sie von der römischen Kirche gleich zu Anfang, also im 1. Jahrhundert, in
den Dienst genommen wurde — um als Mittel zur Verbreitung des Glaubens zu dienen —,
hörte ja nicht bloß nicht auf, sondern kam mit der Erlangung der kirchlichen Freiheit in
ungleich stärkerem Maße zur Verwirklichung. Man denke nur an die vielen Basiliken und
sonstigen Kultbauten, welche der Friede Konstantins zu Rom ins Dasein rief und die sämt-
lich mit Mosaiken oder Malereien oder mit beidem auszuschmücken waren. Damals und
dort entstand die christliche Monumentalkunst! Da sie ihre Lehrjahre durch die zwei-
hundertjährige Tätigkeit in den Katakomben bereits hinter sich hatte, so trat sie gleich mit
einer solchen Meisterschaft auf, daß die erste Zeit ihrer Wirksamkeit zugleich ihre goldene
Zeit war. Daher ist es nicht zu verwundern, daß Vorlageblätter der religiösen Darstel-
lungen Roms in die Provinzen eingeführt wurden und die provinziale Kunst beeinflußten.
Spuren dieses Einflusses konnte ich auch in Konstantinopel, ja selbst auf den palästinen-
sischen Ampullen feststellen. In Rom, oder vielmehr in der römischen Kirche wurde die
monumentale Malerei auch weiterhin stets richtig gewürdigt, nie überschätzt, nie als Selbst-
zweck zugelassen; ebenda fand sie schließlich Schutz, als vom Osten her der Sturm der
Verfolgung gegen sie entfesselt wurde.

Die Zahl der Schöpfungen der römischen Monumentalkunst war zu Ende des Mittel-
alters nicht zu übersehen; keine Stadt der Welt konnte sich darin mit der alten Hauptstadt
messen. Rom besitzt aber noch heute so viele Kunstwerke, daß ich mich in der Wieder-
gabe der mittelalterlichen Mosaiken auf eine kleine Auswahl beschränken mußte. Bei den
Malereien habe ich dagegen Vollständigkeit angestrebt; ausgeschlossen wurden nur die
ganz übermalten Bilder oder solche, die bis zur Unkenntlichkeit verblaßt sind, wie die-
jenigen der Oratorien der Siebenschläfer an der Via Appia, der hl. Felicitas in den Thermen
Trajans und des hl. Cäsarius auf dem Palatin. Von den altchristlichen Mosaiken wurden

1 Atoxoira xaöwv tcov ytcov. So Galla Placidia (450) in einem Briefe an ihren Sohn Theodosius II. (Migne, PL 54, 861).
 
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