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Wilpert, Joseph [Hrsg.]
Die römischen Mosaiken und Malereien der kirchlichen Bauten vom IV. bis XIII. Jahrhundert (Band 1): Text: 1. Hälfte — Freiburg i.Br., 1916

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https://doi.org/10.11588/diglit.1403#0385
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Sechstes Kapitel.
Basilika des heiligen Kreuzes.

|om hatte seit dem Anfang des 4. Jahrhunderts eine dem heiligen Kreuz geweihte
Kirche, welche mit ihrem vollen Namen „basilica sanctae crucis in Hierusalem" oder
auch schlechthin „Hierusalem" hieß. Wie das Papstbuch berichtet, „erbaute sie der Kaiser Kon-
stantin in dem sessorianischen Palast und stiftete ihr eine Partikel des heiligen Kreuzes unseres
Herrn Jesu Christi in einem goldenen, mit Gemmen verzierten Behälter"1 von der Form
eines Kreuzes. Nachdem Papst Hilarus (461—468) das Kreuzoratorium gebaut hatte, barg
er daselbst die kostbare Reliquie in der „Konfessio": „(fecit) confessionem, ubi lignum posuit
dominicum; crucem auream cum gemmis" usf.2 Die Päpste trugen von da ab das Kreuz-
reliquiar alljährlich am Karfreitag in feierlicher Prozession in die Basilika „Hierusalem" zur
Anbetung hinüber, welche in ähnlicher Weise wie in Jerusalem selbst vor sich ging3.

Der sessorianische Palast gehörte bekanntlich zur kaiserlichen Domäne. Aus Inschriften
geht hervor, daß die hl. Helena, die Mutter des Kaisers Konstantin, ihn bewohnte4. Des-
halb wurde die Kirche des heiligen Kreuzes auch „basilica Heleniana" genannt5.

Bei einem so großen und notorischen Verehrer des Kreuzes, wie Konstantin es war,
überrascht es nicht zu hören, daß er dem „heilbringenden Zeichen" eine Kirche errichtete.
Ebensowenig kann es befremden, daß diese frühzeitig in den Besitz einer Kreuzpartikel
kam; denn aus den Katechesen des hl. Cyrill von Jerusalem geht hervor, daß Teilchen des
Kreuzes schon vor der Mitte des 4. Jahrhunderts über die ganze gläubige Welt zerstreut
waren6. Man weiß, daß sie in kleine, gewöhnlich aus kostbarem Metall verfertigte Reliquia-
rien geschlossen wurden, denen man mit Vorliebe die Form eines Kreuzes gab (encolpium,
phylacterium, crux) und die von Gläubigen jeden Standes und Ranges um den Hals ent-
weder über oder unter den Gewändern getragen wurden7. Bekannt ist auch die in Maure-
tanien gefundene Inschrift, welche aus dem Jahre 359 stammt und neben andern Reliquien

1 Liber pontificalis ed. Duchesne I 179, ed. Mommsen 61: s Liber pontificalis ed. Duchesne I 196, Anm. 75.

„Fecit Constantinus Augustus basilicam in palatio Sessoriano, 6 Catech. 4, 10:Migne, PG 33, 467ff; 10, 9, col. 686f; 13, 4,

ubi etiam de ligno sanctae crucis domini nostri Iesu Christi posuit col. 775f.

et in auro et gemmis conclusit, ubi et nomen ecclesiae dedicavit, 7 Von den oben S. 49 besprochenen Brustkreuzen war das eine

quae cognominatur usque in hodiernum diem Hierusalem." aus Eisen, das andere aus Gold. Dem hl. Gregor d. Gr. wird in

2 A. a. O. 242. einer oft zitierten Stelle nachgerühmt, daß er aus Bescheidenheit

3 Eine aus dem 8. Jahrhundert stammende Beschreibung der „silberne Phylakterien" trug: „Quod autem reliquiarum phy-
„adoratio crucis" bei de Rossi, Inscript. christ. II, I, 34. Vgl. lacteria tenui argento fabricata, vilique pallio (?) de collo sus-
auch Grisar, Anal. rom. I 559 f. pensa fuisse videntur" (Ioannes Diaconus, 5. Gregorü Magni

4 C. I. L. VI 1134—1136. Vita 4, 80: Migne, PL 75, 228).
 
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