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Winckelmann, Johann Joachim; Kunze, Max; Borbein, Adolf Heinrich [Editor]; Akademie der Wissenschaften und der Literatur Mainz [Editor]; Deutsches Archäologisches Institut [Editor]; Winckelmann-Gesellschaft [Editor]
Schriften und Nachlaß (Band 4,3): Geschichte der Kunst des Alterthums: allgemeiner Kommentar : Erste Auflage Dresden 1764, zweite Auflage Wien 1776 — Mainz am Rhein: Verlag Philipp von Zabern, 2007

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https://doi.org/10.11588/diglit.58925#0215
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I. Teil - Von dem Wesentlichen der Kunst

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258.3 Daphnis beim Theocritus: Die entsprechende Stelle findet sich in GK2 Text S. 343,5, vgl. den Komm. dort.
258.4 Ein späterer griechischer Dichter: Kolluthos 73-74 (in: Kolluthos, Raub der Helena, griech.-dt., Einl., Text,
Übers, und Anm. von Otto Schönberger, Würzburg 1993 S. 36): [...] SiaxpivEiv 5e ösdcov / kekXeo kou ßAecpdpcov
^vvoxnv Kcd KVKÄa TtpocROitGOV. („Befiehl [Paris], an den Göttinnen die zusammenstoßenden Augenbrauen und die
Rundung des Gesichtes zu beurteilen.“). Die herkömmliche und auch von W. vertretene Deutung der singulären
Junktur ßXscpdpcov ^vvoxnv im Sinne von „zusammenstoßenden Augenbrauen“ ist sprachlich bedenklich, da
griech. ßXscpapov („Augenlid“; im Plur. metonymisch auch „Auge“) nicht „Braue“ bedeuten kann. Treffender
bezieht Schönberger (a. O. S. 60 Anm. 74) diese Worte auf die „schöne Linie, mit der die Lider zusammenlaufen“,
und gibt sie mit „Mandelaugen“ wieder. Zu Kolluthos, einem ägypt.-griech. Epiker des 5./6. Jhs. n. Chr., aus
dessen Werk nur das Kleinepos „Raub der Helena“ erhalten ist, vgl. NP VI (1999) Sp. 640-641 s. v. Kolluthos
(Sotera Fornaro).
259,12 Lauf der flüchtigen Jugend, wie Petronius saget: Petron, 119,20-24, gibt dies als pers. Sitte an, damit die
edle Jugend nie entfliehe und die Jahre in ihrem hastigen Gang angehalten werden.
259.13- 14 mit Anm. 1 Jünglinge dem Dienste der Cybele und der Diana zu Ephesos gewidmet: Strab. 14,1,23
(C 641).
259.14- 16 mit Anm. 1 Saft von Hyazinthenwurzeln: Plinius, nat. 21,170, weist in seiner Besprechung der
verschiedenen Pflanzenarten darauf hin, daß die zwiebelartige Wurzel der Hyazinthe den Sklavenhändlern gut
bekannt ist, weil sie in süßem Wein eingelegt die Pubertät zurückhält und ihre Entwicklung hemmt.
259,18 Hermaphroditen-. Ovid, met. 4,274-388, zufolge war Hermaphroditos der Sohn von Aphrodite und
Hermes. Als er in einer Quelle badete, sei die Nymphe Salmacis mit ihm zu einem zweigeschlechtlichen Körper
verschmolzen. In der Kunst wurde Hermaphroditos seit dem 4. Jh. v. Chr. dargestellt. - In W.s Ästhetik spielen
Hermaphroditen und Kastraten eine hervorragende Rolle. Er führt diese Figuren an oberster Stelle in seine
Dihaerese der „idealischen Schönheit“ ein, weil sie das über der sexuellen Spezifizierung anzusetzende Ideal der
„Unbezeichnung“ am besten verkörpern; W. nimmt hier das von ihm wiederholte Postulat der Elektionstheorie,
daß die Kunst die Schönheiten der äußeren Natur zu vereinigen habe, überaus wörtlich. - Im Komm, der WA IV
S. 270-274 finden sich lange Ausführungen und begeisterte Beschreibungen der Hermaphroditen. Der Stil der
Figuren wird richtig charakterisiert und in hellenistische Zeit datiert. Einige von W. nicht angeführte Figuren
gleicher Thematik werden ergänzend aufgeführt.
Lit.: Alex Potts, Flesh and the Ideal, Winckelmann and the Origins of Art History, New Haven, London 1994 S. 166, der aber weder auf
diesen Passus noch direkt auf die Behandlung von Hermaphroditen und Kastraten durch W. eingeht. - Stefanie Oehmke, Das Weib im
Manne: Hermaphroditos in der griech.-röm. Antike, Berlin 2004; Mechthild Fend, Grenzen der Männlichkeit. Der Androgyn in der frz.
Kunst und Kunsttheorie 1750-1830, Berlin 2003 bes. S. 27-34.
259,20 mit Anm. 1 nach dem Philostratus, der Philosoph Favorinus, von Arles: Philostrat, soph. 1,8,1, bemerkt,
daß Favorinus aus Arles zweigeschlechtig war und daß dies sich v. a. durch seine äußere Erscheinung und seine
Stimme ausdrückte. Favorinus (geb. ca. 89-90 n. Chr.), dessen Leben Philostrat beschreibt, war Rhetor und
Vertreter der Buntschriftstellerei und der Zweiten Sophistik. Zu Philostrat vgl. Komm, zu 347,11-12.
Lit. zu Favorinus: NP IV(1998) Sp. 450 s. v. Favorinus (Ernst-Günther Schmidt).
259,28-29 in der Völligkeit: im engeren Sinne ,Beleibtheit, Leibesfülle‘, bei W. aber oft (wie auch ,völlig‘)
in edlerem Sinne eine Eigenschaft der Schönheit und ein Begriff seiner Kunstbeschreibung. Gemeint ist eine
natürliche und angemessene Fülle, hier die ausgeprägten weiblichen Rundungen. In diesem edleren Sinne von
,Vollheit‘ dient das Wort W. mehrfach, das Besondere einzelner Körperteile an griech. Figuren hervorzuheben;
vgl. auch Komm, zu 39,30.
Lit.: DWB XII,2 Sp. 677 (2) u. a. mit dem Beleg aus Erläuterung S. 117 (= KS S. 108,11): „eine gewisse jugendliche Völligkeit“ (vgl. Rehm in:
ASS. 390 [zu 108,11]).
261,2-3 Es offenbart aber die Peitsche in der Hand einen Priester der Cybele, weil diese Verschnittenen sich
geisselten: Die verschnittenen Anhänger des Kultes der Kybele wurden als Galloi bezeichnet, ihr Oberpriester als
Archigallos. An den Festen, die in Hierapolis zu Frühlingsanfang gefeiert wurden, fügten sie sich 1t. Lukian (de
dea Syria 49-50) Schnittwunden zu und geißelten sich gegenseitig (vgl. auch Lukian, asin. 35, 41 und Apuleios,
met. 8,24 und 29; 9, 4,8 und 10).
Lit. zu den Galloi: RAC VIII (1972) Sp. 984-999 s. v. Gallos (Gabriel Sanders).
 
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