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286

Aber Kcmt hat in der Absicht, den Begriff der Allgemeinheit
in die Formnlirung dieses obersten Grundsatzes aufzunehmen,
diefem Princip die Wcndung gegeben, mnn solle stets nach der-
jenigen Maxime handeln, von der man wünschen könne, daß sie
zum allgemeinen Naturgesetz des Wollens werde, nnd er hat
sich, wie am besten seine eigene Darstellung st zeigt, mit diesem
„Wünschen-können" in unanslösliche Schwierigkeiten verstrickt.
Man entgeht denselben, wenn man einsach constatirt, daß ethisches
Leben nicht vhne Anerkennnng einer Psticht, d. h. von Etwas,
das schlechthin und bedingungslos geschehen soll, zu denken ist.

Von vornherein aber ist damit klar, daß in den besvnderen
ethischen Vorschristen neben diesem allgemeinen Princip des
Pflichtbewußtseins immer ein einzelner Jnhalt gegeben sein muß,
der aus dem Princip selbst nicht abzuleiten, sondern durch
ersahrungsmäßige Verhältnisse bedingt ist. Dies ist das histo-
rische Element, dessen keine Ethik entrathen kann. Wo man
dasselbe abzustreifen geneigt ist, da hat man nur die Wahl,
entwcder bei jenem Allgemeinsten nnd deshalb an sich Unsrucht-
baren stehen zu bleiben oder den besonderen Bestimmungen des
Willenslebens, die durch historische Verhältnisse bedingt sind,
nnrichtigerweise einen absoluten Werth zuzuschreiben. Jn der
Gegenwart sreilich ist die letztere Gesahr viel geringer, als die
entgegengesetzte, daß über jenes historische Element, auf welches
alle Thatsachen der Ersahrung hinweisen, das apriorische ver-
gessen wird.

Und doch ist dasselbe nicht völlig unfruchtbar: denn es
lassen sich aus dem Princip des Pflichtbewußtseins ohne jede
Zuhilfenahme historischer Daten eine Neihe besonderer, sreilich
auch ihrerseits wieder rein formaler Pflichten ableiten: nur

1) Grundlegung znr Metaphhsik der Sitten, 2. Abschn. W. W.
(Ros.) VIII, 47 ff.
 
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