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werß auch, daß, wie der leere Raum, so die leere Zeit ein
räthselhaftes Nichts ist, ohne welches für mich kein Etwas
erscheint.

Je mehr ich diesen gleichgiltigen und sinnlosen Hinter-
grund alles desscn, was mir lieb ist, betrachte, um so un-
begreiflicher und unheimlicher wird er mir. Anfanglos und
endlos dehnt er sich hinter mir und vor mir aus, und ich bin
— ohne zu wissen, wcshalb — davon überzeugt, daß daran
nicht die Blödigkeit meines Blicks schuld ist, der nicht weit
genug reichte, sondern daß nie ein Ansang und nie ein Endc
dieses immer gleichen Abflusses gewesen sein und werden könne.

Dem Endlosen gegenüber verschwinden die Maße, mit
denen ich das Endliche zu vergleichen gewöhnt bin. Tansend
Jahre sind wie Ein Tag vor dem Blicke, der den ganzen Zeit-
äblauf — vergebens — zn umspannen sucht. Wie thöricht
erscheint da Alles, was wir thun, um dem Dergänglichen
größere Dauer zu geben! Jst es nicht gleichgiltig, ob wir in
das Endlose hinein eine geringere oder eine größere Strecke
bauen? Es wird doch Alles wieder dahingerafft! Was hilst

es uns, zn hosfen, daß das Andenken an uns und an das, was

wir gewollt, eine Spanne Zeit unser Leben überdauere? Der
Zeitenlanf, der die Sonnen nicht schont, wird auch mit unsern
Pyramiden sertig werden. Rettungslvs gleitet alle Herrlichkeit
der Menschengeschichte in den Abgrund endloser Zukunst. Unsere
Schristen und Denkniäler, all' unsere Vorrichtnngen, init denen
wir der Vergessenheit ein paar Jahrzehnte oder ein paar Jahr-
tausende abzugewinnen hoffen, — sind sie nicht dem endlosen
Wcchsel gegcnüber ungeschickte Bersuche, ein Meer auszuschöpfen?
All unsere stolzen Werke, die für die späteste Zukunft sest und

sicher gefügt sein sollen, — Psahlbauten sind sie über dem

Strome der Vergänglichkeit.

Man hat mich gelehrt, all diesen Wechsel werde meine
 
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