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Windelband, Wilhelm
Kuno Fischer und sein Kant: Festschrift der "Kantstudien" zum 50. Doctorjubiläum — Hamburg, Leipzig, 1897

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https://doi.org/10.11588/diglit.22256#0009
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Am 19. März dieses Jahres ist es ein halbes Säculum her, dass
Ernst Kuno Berthold Fischer in Halle zum Doktor der Philosophie
promoviert wurde. Der junge, damals zweiundzwanzigjährige Ge-
lehrte hatte seine Laufbahn in Leipzig als Philologe unter Gottfried
Hermann und Moritz Haupt begonnen: dann, wie er in seiner Vita
erzählt, von der Philosophie ergriffen, war er nach Halle gezogen,
um bei Johann Eduard Erdmann und Julius Schaller sich mit steigen-
der Begeisterung die Methode und die Gedankenwelt des Hegel'schen
Systems anzueignen. Zugleich waren es schon damals Kant und
Piaton, die ihn mächtig anzogen: auch in ihren Lehren fand ihn
Erdmann so heimisch, dass er „mit dem Examinanden sehr zufrieden
war" und die Promotionsschrift „De Platonico Parmenide" als „Com-
mentatio docta et acuta" mit ausführlicher Begründung „gut und
gründlich" nannte. Auch für die Nebenprüfung in der Geschichte
bezeugte Heinrich Leo dem Kandidaten die Genauigkeit seiner
Kenntnisse und die Klarheit seiner Anschauungen. So lässt schon
das Protokoll1) dieser wissenschaftlichen Mündigkeitserklärung in
feinen und sicheren Strichen die Züge erkennen, die, mächtig ent-
wickelt, heute das Bild des Meisters kennzeichnen, — des grossen
Historikers der neueren Philosophie.

Fragen wir nach dem Wesen der Entwicklung, durch die er
dazu geworden ist, so zeigt sich, dass Kuno Fischers Bedeutung
als Forscher und Schriftsteller im genauesten Zusammenhange steht
mit seiner Bedeutung als akademischer Lehrer. Als den Grundzug
seiner intellektuellen Natur hat er selbst einmal „das Bedürfnis nach
Klarheit der Ideen" bezeichnet, und dies ihm tief eingewurzelte
Streben hat ihn früh gelehrt, sich in der Auffassung historischer wie
systematischer Zusammenhänge erst dann genug zu thun, wenn er sie

') Einen Auszug daraus, dem die obigen Mitteilungen entstammen, ver-
danke ich der freundlichen Bemühung des Herrn Prof. Vaihinger.

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