II. GESCHICHTE VON SCHLOSS UND HERZOGTUM BIS ZUM BAUBEGINN
UND VON 1642 (TOD DES KARDINALS) BIS 1930
Die heutige Ortschaft Richelieu gehört zum Departement Indre-et -
Loire. Sie liegt etwa gleich weit von Tours wie von Poitiers entfernt an
derselben Stelle wie die kleine Herrschaft, der der Kardinal seinen Namen
verdankte. Hier wurde er 1585 geboren33, hier errichtete er ein Schloß
und eine Stadt, die ihn nahezu unverändert überlebt hat.
Das einstige Herzogtum lag in der Provinz Poitou, hatte jedoch Be-
sitzungen in der Touraine36. Das erklärt, warum bei Zeitgenossen häufig
Irrtümer auftraten. Eine anonyme Beschreibung von 1635 (Anhang III) klärt
die Zuständigkeiten eindeutig: "La ville, Duche, Pairie et Chasteau de
RICHELIEU sont situes au diocese de Poictiers, dans le Gouvernement et
ressort d ’Aniou et dans la Generalite de Touraine. " Auch die Lage der
Stadt wird angegeben: "La ville est proche de Chinon de trois Lieues, de
quatre de Loudun, et de neuf de Saumur’’3?.
Richelieu hat das Land seiner Familie mit seinen Bauten so eingrei-
fend verändert, daß alle Spuren seiner Vorfahren verschwunden sind. Un-
sere Kenntnis des Dorfes oder der Ansiedlung "Richeloc" ist bis zum frü-
hen 17. Jahrhundert mehr als dürftig; nur wenige Daten sind bekannt3®.
Über den Wohnsitz seiner Ahnen wissen wir nichts - weder Lage noch Aus-
sehen sind überliefert.
Erst im Jahre 1621 traf die kleine Ortschaft ein Besitz wechsel, der
sie dem Dämmer der Provinz entriß. Aber nur für 21 Jahre! Nur äußerlich
verändert kehrte sie - zur Hauptstadt eines Herzogtums aufgestiegen - zur
freundlichen Ruhe der französischen Provinz zurück.
Am 15. Februar 16213® fand das einschneidende Ereignis statt. Ri-
chelieu, noch Bischof von Lucon, erwarb den väterlichen Besitz. Seine
Familie, die der 1590 verstorbene Vater in finanzieller Bedrängnis4®
zurückgelassen hatte, konnte den Stammsitz nicht halten. Es kam zur "vente
aux encheres". Jean Armand kaufte durch seinen Bruder Alphonse für
79 000 Livres, eine bescheidene Summe41.
A O >>
Maximin Deloche hat die Hintergründe der "vente a la criee" und
den damit zusammenhängenden langwierigen Prozeß mit der Familie Adu-
meau, den Richelieu schließlich gewann, aufzuhellen getrachtet. Ohne viel
Erfolg - die Geschäftsmethoden des Marquis du Chillou bleiben, was den
väterlichen Besitz angeht, undeutlich, wenig rühmlich43.
Die "fortune privee" Richelieus wuchs mit seiner "fortune publique"4^
Am 5. September 1622 wurde er Kardinal; nicht für Verdienste um die Kir-
che wurde er belohnt, sondern für seinen politischen Ehrgeiz, der ihn aus
dem armseligen Lucon nach Paris trieb. Am 23. April 1624 berief ihn Lud-
wig XIII. in den "Conseil du Roi", am 13. August des Jahres war er premier
ministre43. Im Oktober 1626 wurde er schließlich "grand maitre, chef et
sur general de la Navigation et Commerce de France"4®. Mit der Zahl der
Ämter und Titel wuchs sein Vermögen beachtlich an4?. Besonders eine Reihe
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UND VON 1642 (TOD DES KARDINALS) BIS 1930
Die heutige Ortschaft Richelieu gehört zum Departement Indre-et -
Loire. Sie liegt etwa gleich weit von Tours wie von Poitiers entfernt an
derselben Stelle wie die kleine Herrschaft, der der Kardinal seinen Namen
verdankte. Hier wurde er 1585 geboren33, hier errichtete er ein Schloß
und eine Stadt, die ihn nahezu unverändert überlebt hat.
Das einstige Herzogtum lag in der Provinz Poitou, hatte jedoch Be-
sitzungen in der Touraine36. Das erklärt, warum bei Zeitgenossen häufig
Irrtümer auftraten. Eine anonyme Beschreibung von 1635 (Anhang III) klärt
die Zuständigkeiten eindeutig: "La ville, Duche, Pairie et Chasteau de
RICHELIEU sont situes au diocese de Poictiers, dans le Gouvernement et
ressort d ’Aniou et dans la Generalite de Touraine. " Auch die Lage der
Stadt wird angegeben: "La ville est proche de Chinon de trois Lieues, de
quatre de Loudun, et de neuf de Saumur’’3?.
Richelieu hat das Land seiner Familie mit seinen Bauten so eingrei-
fend verändert, daß alle Spuren seiner Vorfahren verschwunden sind. Un-
sere Kenntnis des Dorfes oder der Ansiedlung "Richeloc" ist bis zum frü-
hen 17. Jahrhundert mehr als dürftig; nur wenige Daten sind bekannt3®.
Über den Wohnsitz seiner Ahnen wissen wir nichts - weder Lage noch Aus-
sehen sind überliefert.
Erst im Jahre 1621 traf die kleine Ortschaft ein Besitz wechsel, der
sie dem Dämmer der Provinz entriß. Aber nur für 21 Jahre! Nur äußerlich
verändert kehrte sie - zur Hauptstadt eines Herzogtums aufgestiegen - zur
freundlichen Ruhe der französischen Provinz zurück.
Am 15. Februar 16213® fand das einschneidende Ereignis statt. Ri-
chelieu, noch Bischof von Lucon, erwarb den väterlichen Besitz. Seine
Familie, die der 1590 verstorbene Vater in finanzieller Bedrängnis4®
zurückgelassen hatte, konnte den Stammsitz nicht halten. Es kam zur "vente
aux encheres". Jean Armand kaufte durch seinen Bruder Alphonse für
79 000 Livres, eine bescheidene Summe41.
A O >>
Maximin Deloche hat die Hintergründe der "vente a la criee" und
den damit zusammenhängenden langwierigen Prozeß mit der Familie Adu-
meau, den Richelieu schließlich gewann, aufzuhellen getrachtet. Ohne viel
Erfolg - die Geschäftsmethoden des Marquis du Chillou bleiben, was den
väterlichen Besitz angeht, undeutlich, wenig rühmlich43.
Die "fortune privee" Richelieus wuchs mit seiner "fortune publique"4^
Am 5. September 1622 wurde er Kardinal; nicht für Verdienste um die Kir-
che wurde er belohnt, sondern für seinen politischen Ehrgeiz, der ihn aus
dem armseligen Lucon nach Paris trieb. Am 23. April 1624 berief ihn Lud-
wig XIII. in den "Conseil du Roi", am 13. August des Jahres war er premier
ministre43. Im Oktober 1626 wurde er schließlich "grand maitre, chef et
sur general de la Navigation et Commerce de France"4®. Mit der Zahl der
Ämter und Titel wuchs sein Vermögen beachtlich an4?. Besonders eine Reihe
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