VI. ZUSAMMENFASSUNG
Die vorliegende Untersuchung hatte sich zum Ziel gesetzt, das seit rund
130 Jahren zerstörte Schloß Richelieu wiederherzustellen und einigen mit
ihm verbundenen architekturgeschichtlichen und ikonologischen Fragen
nachzugehen. Allein die Person des Bauherrn, der als mit der Kardinals-
und Herzogswürde bekleideter Minister Vorbereiter des französischen Ab-
solutismus war, mußte einen Versuch lohnend erscheinen lassen.
Voraussetzung für die architekturgeschichtliche Einordnung des Bau-
werks und eine ikonologische Betrachtung seiner Erstausstattung war eine
möglichst vollständige Sammlung der erhaltenen Bild- und Textquellen.
Eine große Anzahl - teilweise unveröffentlichter - Dokumente konnte in
Abbildungen und Anhängen vorgelegt werden.
Auf dieser Grundlage wurde eine Beschreibung und eine Überprüfung
der bisher nur von Louis Batiffol untersuchten Bauabfolge versucht. Die
Baugeschichte konnte in einigen Punkten berichtigt und ergänzt werden.
Schloß Richelieu war in der von Jacques Lemercier entworfenen Gestalt
1630 - unter Beibehaltung eines älteren Flügels (Ostflügel) - im Bau. Erst
nach 1633 wurden zwei Vorhöfe im Westen geplant und nacheinander ausge-
führt. Gegen 1642, der Kardinal starb im Dezember dieses Jahres, war
das Schloß in wesentlichen Teilen vollendet.
Die architekturhistorische Einordnung ergab, daß das Schloß in der
Nachfolge von drei wenige Jahrzehnte zuvor fertiggestellten Anlagen stand:
Vemeuil-sur-Oise, Montceaux-en-Brie und dem Palais du Luxembourg.
Ein detaillierter Vergleich wurde dadurch erschwert, daß über keines die-
ser Bauwerke eine ausreichende Untersuchung vorliegt. Die stilistische
Erscheinung war disparat. Am Schloß übernahm Lemercier die Gliederung
des älteren Ostflügels, bereicherte sie durch Statuennischen und aus Ita-
lien übernommene Dekorationsmotive. Seine flächige Fassadenzeichnung
dürfte ebenfalls aus Italien angeregt sein (della Porta-Umkreis?). Eine Un-
tersuchung über die Abhängigkeit des Architekten von römischer Architek-
tur (Sorbonne) wäre wünschenswert.
Auch bei der Zeichnung der Hoffassaden blieb Lemercier wenig ori-
ginell - die Fronten gerieten matt und farblos, das Verhältnis der Flügel
zu den Pavillons erschien unausgewogen.
Sein eigentliches Verdienst lag darin, daß er eine bei de Brosse
(Montceaux-en-Brie) im Ansatz vorhandene Planungsidee systematisch zu
Ende gedacht und ausgeführt hat. Er setzte zwei Höfe so vor das Schloß,
daß sich im Grundriß eine eng verschränkte Figur, im Aufriß eine Tiefen-
und Höhenstaffelung auf den Hauptbau hin ergab, die diesen als Bekrönung
der Anlage erscheinen ließ.
Der Weg, der zur Entstehung des Schlosses führte, war einfach. Ri-
chelieu strebte als Krönung seiner weltlichen Würden den Herzogstitel an.
Dazu war ein Gebiet erforderlich, das der Erhebung würdig war. Er kaufte
es zusammen und begann 1630 - zu einer Zeit, als er des neuen Titels si-
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Die vorliegende Untersuchung hatte sich zum Ziel gesetzt, das seit rund
130 Jahren zerstörte Schloß Richelieu wiederherzustellen und einigen mit
ihm verbundenen architekturgeschichtlichen und ikonologischen Fragen
nachzugehen. Allein die Person des Bauherrn, der als mit der Kardinals-
und Herzogswürde bekleideter Minister Vorbereiter des französischen Ab-
solutismus war, mußte einen Versuch lohnend erscheinen lassen.
Voraussetzung für die architekturgeschichtliche Einordnung des Bau-
werks und eine ikonologische Betrachtung seiner Erstausstattung war eine
möglichst vollständige Sammlung der erhaltenen Bild- und Textquellen.
Eine große Anzahl - teilweise unveröffentlichter - Dokumente konnte in
Abbildungen und Anhängen vorgelegt werden.
Auf dieser Grundlage wurde eine Beschreibung und eine Überprüfung
der bisher nur von Louis Batiffol untersuchten Bauabfolge versucht. Die
Baugeschichte konnte in einigen Punkten berichtigt und ergänzt werden.
Schloß Richelieu war in der von Jacques Lemercier entworfenen Gestalt
1630 - unter Beibehaltung eines älteren Flügels (Ostflügel) - im Bau. Erst
nach 1633 wurden zwei Vorhöfe im Westen geplant und nacheinander ausge-
führt. Gegen 1642, der Kardinal starb im Dezember dieses Jahres, war
das Schloß in wesentlichen Teilen vollendet.
Die architekturhistorische Einordnung ergab, daß das Schloß in der
Nachfolge von drei wenige Jahrzehnte zuvor fertiggestellten Anlagen stand:
Vemeuil-sur-Oise, Montceaux-en-Brie und dem Palais du Luxembourg.
Ein detaillierter Vergleich wurde dadurch erschwert, daß über keines die-
ser Bauwerke eine ausreichende Untersuchung vorliegt. Die stilistische
Erscheinung war disparat. Am Schloß übernahm Lemercier die Gliederung
des älteren Ostflügels, bereicherte sie durch Statuennischen und aus Ita-
lien übernommene Dekorationsmotive. Seine flächige Fassadenzeichnung
dürfte ebenfalls aus Italien angeregt sein (della Porta-Umkreis?). Eine Un-
tersuchung über die Abhängigkeit des Architekten von römischer Architek-
tur (Sorbonne) wäre wünschenswert.
Auch bei der Zeichnung der Hoffassaden blieb Lemercier wenig ori-
ginell - die Fronten gerieten matt und farblos, das Verhältnis der Flügel
zu den Pavillons erschien unausgewogen.
Sein eigentliches Verdienst lag darin, daß er eine bei de Brosse
(Montceaux-en-Brie) im Ansatz vorhandene Planungsidee systematisch zu
Ende gedacht und ausgeführt hat. Er setzte zwei Höfe so vor das Schloß,
daß sich im Grundriß eine eng verschränkte Figur, im Aufriß eine Tiefen-
und Höhenstaffelung auf den Hauptbau hin ergab, die diesen als Bekrönung
der Anlage erscheinen ließ.
Der Weg, der zur Entstehung des Schlosses führte, war einfach. Ri-
chelieu strebte als Krönung seiner weltlichen Würden den Herzogstitel an.
Dazu war ein Gebiet erforderlich, das der Erhebung würdig war. Er kaufte
es zusammen und begann 1630 - zu einer Zeit, als er des neuen Titels si-
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