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woll'n mer in Guden driwwer reden, wie mer'n Bachd rundersetzen, wenn
er zu hoch is und wenn ersch nich erwachen gann — ich bin nich edwann
hardhärzg un dricke meine Midmenschen nich. Godd behiede Sie, liewe
Frau, un Ihren frommen Mann miöd!" Un dadermid schdapelde er ford
un als de Lufd reene war, da holde de Frau ihren ahlen Saufsack runder
un an dän Ahmde machdense „Lühmscheene", un 's ging hoch her uff'n
Vorwerge un frih war gee Drebbchen Schnabbs mehr zu finden — se
hadden Alles uffgeleckd un's mußde neier besorgd warn. Der Zins awwer
der worde erlassen, un der Bachd der worde ganz geheerig rundergesetzd
— Alles von wägen'n Worde Goddes. Hölle muß der Mensch sein!
Zeitschwingen.
Wer dir will sauren Wein verkaufen,
Dem sag', er soll ihn selber saufen —
Wer dich aufs Jenseits will verweisen,
Dem sag', er mög' hinüber reisen!
*
* *
Zu Viele, o Armer, wollen dein Glück,
lind das bringt dir dein Mißgeschick;
Ob falsch, ob wahr ihr Streben sei —
Zu viele Köche verderben den Brei.
^ *
Die Dichter trösten dich ans Erden:
Es muß und wird doch Frühling werden!
Und endlich, an des Winters Grenze,
Wirst du beglückt mit dem holden Lenze.
Wie wirst du seinen Einzug feiern?
Vielleicht bringt er dir auch neue Stenern!
Oberst a. D. Bramarbas:
Es ist schändlich und niederträchtig.
vr. Aderlaß: Was denn?
Bramarbas: Die russischen
Blätter befürworten die Ab-
rüstung.
Aderlaß: Das ist doch nichts
so Schändliches.
Bramarbas: Doch, doch!
Aderlaß: Wie so denn?
Bramarbas: Nun, wenn erst
die Russen so anfangen, dann wird
es bald keinen anständigen
Krieg mehr geben.
Aderlaß: Ach so, Sie meinen
von wegen der Kultur?
Bramarbas: Natürlich, die
wird und muß dann untergehen!
Aderlaß: Schrecklich!
Ter kleinste Wald.
Welches ist der kleinste Wald?
Der Odenwald, denn es heißt in dem bekannten Lied:
„Es steht e i n Baum im Odenwald."
Ausgewichen.
Vater: Fritz, auf dem wievielten Platze sitzest du jetzt in der Klasse?
Fritz: Papa, wenn ich noch einen hinaufkomme, bin ich der Vorletzte.
Wo die Juden wohnen,
Sin de Heiser sehr scheene
Denn sie hab'n X-Millionen,
Aber ooch X-Beene.
Räthsel.
Was haben die Ehe und eine Schreibtafel mit einander gemein? —
Junge Mädchen rechnen darauf!
Gebrannte Haare.
Wozu brennen die jungen Damen heute ihre Haare? — Sie wollen
locken!
Aus ttalau.
A. : Ich begreife gar nicht, daß man die Kegelgesellschaften nicht ans
Grund des Sozialistengesetzes verbietet.
B. : Wieso?
A.: Nun, ihr Zweck ist doch ans den Umsturz gerichtet.
Aus Eßlingen meldet unser dortiger Spezialkorrespondent:
Es ist eine alte Sache, daß man oft Dinge entdeckt, an die kein
Sterblicher je vorher gedacht hat. Das neueste und dabei jedenfalls merk-
würdigste, was auf diesem Gebiete je schon geleistet worden, dürfte aber
doch das sein, was ein Eßlinger Buchhändler*) dieser Tage in den dor-
tigen Lokalblättern empfahl, nämlich:
Kübel zur Stärkung des Glaubens!
Leider konnten wir nicht erfahren, wie der Kübel benutzt werden soll.
*) Siehe die Anzeigen des Herrn Georg Fröhner in den Eßlinger Lokalblättern.
Vom Wissen.
§ 6. Belade Deinen Geist nicht mit unnützem Wissen, davon Dein
Unterthanenverstand verdorben und Deine Gesinnung versänert wird. Tie
meisten Bücher sind von Mordbrennern und Gaudieben geschrieben und
was darinnen stehet ist Alles Schevslichkeit. Darumb laß Dir genügen
an der heil. Schrift und etlichen Tractätchen oder Kernliedern. Denn
fast Alles, was über das Einmaleins geht, ist schon Hochverrath. Glaube
nicht, daß es Dir fromme, wenn Du viel ans der Historia wissest. Denn
alle Historienbücher sind von den Fortschrittlern gefälschet. Da liefet
man ad exemplum in Becken Weltgeschichte von Loyola, Philipps II.
von Hispanien und Carolo IX. von Frankenland allerlei Grevlthaten,
als ob es Erzbösewichter gewesen wären. Darumb sollst Du Dich fern
von dem Bücherkram halten und wenn Du überhaupt nicht lesen kannst,
so ist es für Dein Seelenheil am besten.
8 7. Alle Kunst ist nicht einen Dreier werth; wie denn auch die
Künstler gemeiniglich Lotterbuben und Bummler sind, die ihren Beruf
verfehlt haben. Und sind eine große Plage für den Staat und die kon-
servativen Bürger, daher es denn am besten wäre, daß man sie alle mit-
einander über die Grenze schaffte. Besonders schevslich ist, was man die
alte Kunst nennt und was von den Griechen und Römern, welche grim-
mige Heyden waren, erfunden ist. Da ist Alles gemein und splitter-
nackicht und ist leider Vieles ejusdem generis auch noch in unfern Zeit-
lausten gemacht worden, so daß ein sittsames Mägdlein, wenn sie über
die Berliner Schloßbrücke geht, nicht weiß, wo sie die Augen lassen soll
und in ihrer Verlegenheit gewöhnlich von den Omnibussen übergefahren
wird. Alles dergleichen darfst Du nicht anschauen, sondern gehe vorüber
und schlage ein Kreuzlein. Kannst Du aber ein Heiligenbildchen, etwa
Stöckers oder auch Henricis Conterfey, bekommen, das hebe Dir wohl
auf, um Dich daran zu ergehen und hänge Dir auf die Haubtleute der
Christenheit in Deinem Zimmer.
§ 8. Machen da die Juden viel Geschrey von einem guasi Fort-
schritt der Zeit und allerlei herrlichen Erfindungen der Menschen. Wisse,
daß Diabolus selbst das Buchdrucken, die Dampfschiffe und die andern
Künste der Fortschrittler erfunden hat. Die Augen gehen einem über,
wenn man sieht, wie sie's treiben. Bauen sie gar noch Eisenbahnen, als
ob sie nicht zu Fuße schnell ad 8atauum kommen; ziehen Telegraphen-
und Telephondrähte, daran die Vöglein sich die Köpfe einrennen; führen
Paläste ans, daß man denken sollte, der Kaiser oder gar der Papst müsse
da wohnen, wenn man nicht die Inden ans den Fenstern Herausgucken
sähe. —
Von den Lebensregeln.
Z 9. Höre nun, mein Söhnlein, wie Du Deinen Tag zubringen
sollst in Frummheit und Dummheit. So Du des Morgens aus Deinem
Bettlein gekrenchet bist, sollst Du es nicht wie die Wühler machen, die
sogleich zur Arbeit stürzen und den ganzen lieben Tag unter Rasseln,
Hämmern und Schnarren zubringen. Sondern singe ein Kernliedlein
und noch eins und dann noch'eins und so lange, bis daß es allmählig
Mittag wird. Dann hast Du Dein Essen brav verdient und es wird
Dir wohl schmecken. Und wenn Du gesättigt bist singe wieder ein paar
Kernlieder und fülle damit die Zeit aus, bis daß es dunkel wird. So
wird Dir das Essen wohlbekommen und. Du wirst fett werden.
§ 10. Wenn nun Abends derThau auf dieViolen fällt und die Eule fleucht,
dann wird Dein Zünglein Dir trocken sein von den vielen Kernliederu.
Alsdann denke daran, daß Du Dein Tagewerklein vollbracht hast und ziehe
unter Deinem Bettlein hervor ein Fäßlein alten Branntweins und stich
es an und trinke davon, daß Du froh werdest. Und schlage die Cymbel
und lasse Dir eine Herzensfrenndin rufen oder zwo, damit Du Dich in
ehrsamer Lustbarkeit ergehest. So wirst Du Dich besser erlustigen als
die Demokraten, welche die ganze liebe Nacht bis zum Hahnenkräh auf
der Bierbank sitzen oder in dem Bezirksverein, wo sie sich die Revolutionen
ausdenken und allerlei Un-, Mord- und Schandthaten besprechen.
§ 11. So aber in dem Städtlein, da Du hausest, etwa am Mäuer-
lein ein srummes Mütterchen wohnet, das da Bier verzapft, so magst
Du mit Deinesgleichen auch dorthin gehen, so es dunkelt, auf daß Du
Deinen Durst stillst. Da möget ihr euch denn wie ehrsame Unterthanen
erlustigen mit Bier und Kümmelblüttchen. Wenn ihr dann bemerket, daß
ein Demokrat oder Jüde sich unter euch geschlichen hat, so merzet ihn
aus und werfet ihn vor die Thüre. Und behaltet seinen Wamms und
seinen Hut und jeder von euch erhebe von ihm einen Groschen oder
auch ztvo.
woll'n mer in Guden driwwer reden, wie mer'n Bachd rundersetzen, wenn
er zu hoch is und wenn ersch nich erwachen gann — ich bin nich edwann
hardhärzg un dricke meine Midmenschen nich. Godd behiede Sie, liewe
Frau, un Ihren frommen Mann miöd!" Un dadermid schdapelde er ford
un als de Lufd reene war, da holde de Frau ihren ahlen Saufsack runder
un an dän Ahmde machdense „Lühmscheene", un 's ging hoch her uff'n
Vorwerge un frih war gee Drebbchen Schnabbs mehr zu finden — se
hadden Alles uffgeleckd un's mußde neier besorgd warn. Der Zins awwer
der worde erlassen, un der Bachd der worde ganz geheerig rundergesetzd
— Alles von wägen'n Worde Goddes. Hölle muß der Mensch sein!
Zeitschwingen.
Wer dir will sauren Wein verkaufen,
Dem sag', er soll ihn selber saufen —
Wer dich aufs Jenseits will verweisen,
Dem sag', er mög' hinüber reisen!
*
* *
Zu Viele, o Armer, wollen dein Glück,
lind das bringt dir dein Mißgeschick;
Ob falsch, ob wahr ihr Streben sei —
Zu viele Köche verderben den Brei.
^ *
Die Dichter trösten dich ans Erden:
Es muß und wird doch Frühling werden!
Und endlich, an des Winters Grenze,
Wirst du beglückt mit dem holden Lenze.
Wie wirst du seinen Einzug feiern?
Vielleicht bringt er dir auch neue Stenern!
Oberst a. D. Bramarbas:
Es ist schändlich und niederträchtig.
vr. Aderlaß: Was denn?
Bramarbas: Die russischen
Blätter befürworten die Ab-
rüstung.
Aderlaß: Das ist doch nichts
so Schändliches.
Bramarbas: Doch, doch!
Aderlaß: Wie so denn?
Bramarbas: Nun, wenn erst
die Russen so anfangen, dann wird
es bald keinen anständigen
Krieg mehr geben.
Aderlaß: Ach so, Sie meinen
von wegen der Kultur?
Bramarbas: Natürlich, die
wird und muß dann untergehen!
Aderlaß: Schrecklich!
Ter kleinste Wald.
Welches ist der kleinste Wald?
Der Odenwald, denn es heißt in dem bekannten Lied:
„Es steht e i n Baum im Odenwald."
Ausgewichen.
Vater: Fritz, auf dem wievielten Platze sitzest du jetzt in der Klasse?
Fritz: Papa, wenn ich noch einen hinaufkomme, bin ich der Vorletzte.
Wo die Juden wohnen,
Sin de Heiser sehr scheene
Denn sie hab'n X-Millionen,
Aber ooch X-Beene.
Räthsel.
Was haben die Ehe und eine Schreibtafel mit einander gemein? —
Junge Mädchen rechnen darauf!
Gebrannte Haare.
Wozu brennen die jungen Damen heute ihre Haare? — Sie wollen
locken!
Aus ttalau.
A. : Ich begreife gar nicht, daß man die Kegelgesellschaften nicht ans
Grund des Sozialistengesetzes verbietet.
B. : Wieso?
A.: Nun, ihr Zweck ist doch ans den Umsturz gerichtet.
Aus Eßlingen meldet unser dortiger Spezialkorrespondent:
Es ist eine alte Sache, daß man oft Dinge entdeckt, an die kein
Sterblicher je vorher gedacht hat. Das neueste und dabei jedenfalls merk-
würdigste, was auf diesem Gebiete je schon geleistet worden, dürfte aber
doch das sein, was ein Eßlinger Buchhändler*) dieser Tage in den dor-
tigen Lokalblättern empfahl, nämlich:
Kübel zur Stärkung des Glaubens!
Leider konnten wir nicht erfahren, wie der Kübel benutzt werden soll.
*) Siehe die Anzeigen des Herrn Georg Fröhner in den Eßlinger Lokalblättern.
Vom Wissen.
§ 6. Belade Deinen Geist nicht mit unnützem Wissen, davon Dein
Unterthanenverstand verdorben und Deine Gesinnung versänert wird. Tie
meisten Bücher sind von Mordbrennern und Gaudieben geschrieben und
was darinnen stehet ist Alles Schevslichkeit. Darumb laß Dir genügen
an der heil. Schrift und etlichen Tractätchen oder Kernliedern. Denn
fast Alles, was über das Einmaleins geht, ist schon Hochverrath. Glaube
nicht, daß es Dir fromme, wenn Du viel ans der Historia wissest. Denn
alle Historienbücher sind von den Fortschrittlern gefälschet. Da liefet
man ad exemplum in Becken Weltgeschichte von Loyola, Philipps II.
von Hispanien und Carolo IX. von Frankenland allerlei Grevlthaten,
als ob es Erzbösewichter gewesen wären. Darumb sollst Du Dich fern
von dem Bücherkram halten und wenn Du überhaupt nicht lesen kannst,
so ist es für Dein Seelenheil am besten.
8 7. Alle Kunst ist nicht einen Dreier werth; wie denn auch die
Künstler gemeiniglich Lotterbuben und Bummler sind, die ihren Beruf
verfehlt haben. Und sind eine große Plage für den Staat und die kon-
servativen Bürger, daher es denn am besten wäre, daß man sie alle mit-
einander über die Grenze schaffte. Besonders schevslich ist, was man die
alte Kunst nennt und was von den Griechen und Römern, welche grim-
mige Heyden waren, erfunden ist. Da ist Alles gemein und splitter-
nackicht und ist leider Vieles ejusdem generis auch noch in unfern Zeit-
lausten gemacht worden, so daß ein sittsames Mägdlein, wenn sie über
die Berliner Schloßbrücke geht, nicht weiß, wo sie die Augen lassen soll
und in ihrer Verlegenheit gewöhnlich von den Omnibussen übergefahren
wird. Alles dergleichen darfst Du nicht anschauen, sondern gehe vorüber
und schlage ein Kreuzlein. Kannst Du aber ein Heiligenbildchen, etwa
Stöckers oder auch Henricis Conterfey, bekommen, das hebe Dir wohl
auf, um Dich daran zu ergehen und hänge Dir auf die Haubtleute der
Christenheit in Deinem Zimmer.
§ 8. Machen da die Juden viel Geschrey von einem guasi Fort-
schritt der Zeit und allerlei herrlichen Erfindungen der Menschen. Wisse,
daß Diabolus selbst das Buchdrucken, die Dampfschiffe und die andern
Künste der Fortschrittler erfunden hat. Die Augen gehen einem über,
wenn man sieht, wie sie's treiben. Bauen sie gar noch Eisenbahnen, als
ob sie nicht zu Fuße schnell ad 8atauum kommen; ziehen Telegraphen-
und Telephondrähte, daran die Vöglein sich die Köpfe einrennen; führen
Paläste ans, daß man denken sollte, der Kaiser oder gar der Papst müsse
da wohnen, wenn man nicht die Inden ans den Fenstern Herausgucken
sähe. —
Von den Lebensregeln.
Z 9. Höre nun, mein Söhnlein, wie Du Deinen Tag zubringen
sollst in Frummheit und Dummheit. So Du des Morgens aus Deinem
Bettlein gekrenchet bist, sollst Du es nicht wie die Wühler machen, die
sogleich zur Arbeit stürzen und den ganzen lieben Tag unter Rasseln,
Hämmern und Schnarren zubringen. Sondern singe ein Kernliedlein
und noch eins und dann noch'eins und so lange, bis daß es allmählig
Mittag wird. Dann hast Du Dein Essen brav verdient und es wird
Dir wohl schmecken. Und wenn Du gesättigt bist singe wieder ein paar
Kernlieder und fülle damit die Zeit aus, bis daß es dunkel wird. So
wird Dir das Essen wohlbekommen und. Du wirst fett werden.
§ 10. Wenn nun Abends derThau auf dieViolen fällt und die Eule fleucht,
dann wird Dein Zünglein Dir trocken sein von den vielen Kernliederu.
Alsdann denke daran, daß Du Dein Tagewerklein vollbracht hast und ziehe
unter Deinem Bettlein hervor ein Fäßlein alten Branntweins und stich
es an und trinke davon, daß Du froh werdest. Und schlage die Cymbel
und lasse Dir eine Herzensfrenndin rufen oder zwo, damit Du Dich in
ehrsamer Lustbarkeit ergehest. So wirst Du Dich besser erlustigen als
die Demokraten, welche die ganze liebe Nacht bis zum Hahnenkräh auf
der Bierbank sitzen oder in dem Bezirksverein, wo sie sich die Revolutionen
ausdenken und allerlei Un-, Mord- und Schandthaten besprechen.
§ 11. So aber in dem Städtlein, da Du hausest, etwa am Mäuer-
lein ein srummes Mütterchen wohnet, das da Bier verzapft, so magst
Du mit Deinesgleichen auch dorthin gehen, so es dunkelt, auf daß Du
Deinen Durst stillst. Da möget ihr euch denn wie ehrsame Unterthanen
erlustigen mit Bier und Kümmelblüttchen. Wenn ihr dann bemerket, daß
ein Demokrat oder Jüde sich unter euch geschlichen hat, so merzet ihn
aus und werfet ihn vor die Thüre. Und behaltet seinen Wamms und
seinen Hut und jeder von euch erhebe von ihm einen Groschen oder
auch ztvo.