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Der wahre Jakob: illustrierte Zeitschrift für Satire, Humor und Unterhaltung — 1.1884

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https://doi.org/10.11588/diglit.9078#0092
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Nr. 12.

Erscheint monatlich einmal. Preis pro Nummer 10 Pfennig.

1885

MMtes yMMW-siitirWs PnimtsWatt

Berlin. Die Reichstags-Auflösung steht thatsächlich in Aussicht.
Der Termin ist auf den 28. Oktober 1887 anberaumt.

Meppen, vr. Windthorst ist nach seinen Erfolgen im Reichstag
sehr vergnügt. Er steht Morgens außerordentlich früh auf, um durch
einen riesigen Teleskop die Schornsteine des Reichskanzleramts in
Berlin zu beobachten. Wenn's nicht raucht, so weiß die kleine Ex-
cellenA, daß sein Freund noch schläft.

Bremen. Der Reichstags-Abgeordnete Meyer soll ganz ver-

zweifelt sein, daß zu den neuen Dampfschisfslinien auch neue Schiffe
gehören. Es wäre sonst so schön gewesen, für die alten Schisse
nämlich.

Korea. Die Chinesen und Japanesen stnd sich nun auch in die
Haare gerathen. Sie schneiden sich aus purer Eiiersucht nicht nur die
Zöpfe, sondern gleich die Köpfe ab.

Aus dem stillen Ozean. Gestern gingen die sämmtlichen Insel-
bewohner noch mit ibrem so überaus traulichen „Tau-ki-tau" (Gute
Nacht) zu Bett, um sich heute als gute Deutsche mit „Juten Morsen"
zu begrüßen.


an lebt ja billig in Berlin!"

Des Reiches Boken wollen
Disken insgrssmmk;

Der Ranger sprich! mik Grollen:
„Ihr habk rin Ehrenamt!

Ihr müstt Euch nur rrchk willig
Der Arbeit unterzirh'n,

Man lrbk ja hier so billig,

So billig in Berlin!"

Der Banger grhk von hinnen,
Dir Morkgrfechke ruh'n,

Des Reiches Bolen sinnen;

„Was ist nunmehr ju thun?

Der Arbeit woll'n wir willig
Und gern uns unterzirh'n;

Jedoch wie llbk man billig
Im theueren Berlin?"

Ihr lieben Volksverkrrler,
Verwinde! diesen Schlag;

Ich Künd' Euch, wie rin Jeder
Rech! billig leben mag.

Wer Nichts ha! zuzubuttern,

Wird sehen, daß es frommt,
Wenn er solid zu Muürrn
Nach Hause wieder komm!

Man wird noch kein Gerippe,
Wenn man der Noth sich ftigt,
Und mi! 'ner Drrierschrixxe
Zum Frühstück sich begnügt;
Mittags steh'n auf;um Essen
Volksküchen mancherlei
Und sagten schon Prinzessen,

Dast dort es schmackhaft sei.

Des Abends gehl nach Haufe
Des Reiches wackrer Bol'

Und siht in seiner Blause
Bei einem Bäsebrol;

Um Lichl und Holz zu sparen,
Leg! man sich früh zu Belt,

Und meidet dir Gefahren
Von Oper und Ballet.

So kann man nicht versinken
Zu lies in Glas und Brug,

Das viele, viele Trinken
Das ist des Deutschen Fluch.

Der Kanzler sprach emphatisch
Dereinst beim Münchner Bräu:
„Viel Bier macht demokratisch!"
Was dachtet Ihr dabei?

Wollt Ihr einmal Euch laben,

So kommt zu ihm zum Thee,

Ihr sollt es herrlich haben
Auf seiner Soiree,

Und ausier den Getränken
Mil Butterbrot dabei
Macht man Euch zum Geschenke
Dort Weisheit mancherlei.

Lebt etwas vegetarisch —

Ich weist schon, was Euch frommt,
Damit parlamentarisch
Ihr Mästigung bekommt,

Und lastl Euch etwas beugen
Den Eigensinn des Rechts,

Sonst wird noch immer steigen
Die Histe des Gefechts.

Schafft Euch etwas Bewegung,
Das stärkt die Glieder gleich,

Doch hütet vor Erregung
Euch und das deutsche Reich.

Ihr würdet zu ausschweifend,

Wenn man Euch Gold beschied,
Doch meinen Rath begreifend
Bleibt brav Ihr und solid.

Jacob.
 
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