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Der wahre Jakob: illustrierte Zeitschrift für Satire, Humor und Unterhaltung — 1.1884

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https://doi.org/10.11588/diglit.9078#0061
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Nr. 8.

Erscheint monatlich einmal. Preis pro Nummer 10 Pfennig.

1884.

September 1884.

Berlin. Einem Gerüchte zufolge soll ein geheimer Vertrag zwi-
schen Frankreich und Deutschland existiren, welcher den Zweck hat,
England enger zu machen. Die Nordd. Allg. Ztg. schweigt sich ver-
ständnißinnig aus.

Aus St. Lüderitzki in Angra Pequena wird von einem Berliner
gedrahtet: „Herrliches Klima. Der Sand ist ganz wie bei uns. Von
Vegetation keine Spur; ist auch nicht nöthtg, unsere Rieselanlagen
werden das schon besorgen. Da es nur einen Tag alle Schaltjahr

regnet, so hat die von mir angelegte Weißbierbrauer« eine große
Zukunft. Für 'ne Große krieg ich einen halben Zentner Kupfer."

London. General Gordon schreibt, daß er sich in äußerst „fester"
Position bestndet. Er erwartet jedoch sehnsüchtig das bereits auf dem
Marsche befindliche Heer, um den Mahdi von seiner (Gordons) An-
wesenheit zu befreien.

Wolfenbüttel. Der „Wahre Jacob" wurde aus seiner Rundreise
durch Deutschland von der hiesigen Behörde verhaftet und drei Tage in
Polizeigewahrsam gehalten, Nachdem der Jrrthum wahrgenommen,
wurde er unter den ausgesuchtesten Höflichkeitsbezeugungen entlassen.

Die Parlamenksmüden.

Das ist rin Flüchten ohne End',

Ein Rennen und Laufen plöhlich;

Sir wollen nicht mehr in's Parlament!
Ja ja, das däuchl mir entsetzlich.

Sie haben all' ihren Herrfchaststraunl
Und ihren Ehrgeiz begraben,

Und was nun kömmt, das kümmert ste kaum,
Sir wollen nur Ruhr haben.

Sir haben selbst zwar viel gesagt,

Sind müd' wir vorn Strineklopfrn,

Doch mehr noch hat nian ihr Ohr geplagt,
Drum wollen str's jeht verstopfen.

Sie wollen nicht mehr Trommelfell fein
Für Pauker im Parlamente
Und Manchem fällt brtrübfamlich rin:

Ich bin überflüssig am Ende.

Ach ja, wenn so endlos wird geschwärt,
So mag es Manchem nicht frommen;
Man kann von Richters Reden Mehl
Das Ohrensausen bekommen.

Und sieht man Windthorsi sich rivig dreh'n
Und gleich einem Aale sich winden.

So kann es Einem gar übel grh'n,

Man wird rillen Taumel empfinden.

Der Herr von Roller näselt so flott,
Man kann's ihm nicht verdenken;

Doch ivird er Manchen, ich schwör'« bei Gott,
In tiefen Schlaf noch versenkeil.

Drum fliehen sie aus dem Parlament
Und wimmeln davon in Massen;

Ich Hab' ihnen immer was Gntes gegönnt
Und kann sie so leicht nicht lassen.

Voll tiefer Trauer den Reigen führt
Der Herr von Minnigerode,

Dass Richter auch gut jchwadronirt,

Das ärgert ihn schier zu Tode.

Ach, meinen Rardvrff seh' ich nicht mehr,
Doch denk' ich sein oft beim Glase;

Er trägt ja das Recht verkörpert einher
In seiner wächsernen Nase.

Auch Schrödrr-Lippstadt geht zu ruh'n,
Des Crntrums lustigste Stühe;

O weh, woher bezieht man mm
Gut abgelagerte Wisse?

Der alte Stephani legt ab voll List
Die parlamentarischen Titel;

Freiwillig verzichten, o Freundchen, ist
Gegen Durchfall das beste Mittel.

Nach Schlesiens Bergen, ach, entfleucht
Mein theurer Freund Majnnkr;

Nun fehlt beim Froschkonzert, mir deucht,
Der grollende Bass der Untre.

Herr Reiniger wollt' erst in Berlin
Viel schwäbische Weisheit vergeben;

Doch Manches, was nagelneu ihm schien,
Das musst' er dort erst erleben.

O Reinhard Schmidt vom Wupperthal,
Dich muss es tief betrüben,

Du träumtest zu werden ein General
Und bist Feldwebel geblieben.

Mein aller Schwarze, mein holderFreund,
Generalstaalsanwalt in Drüsen,

Um dich sei'ir doppelte Zähren geweirrt,
Denn dn bist jesst auch — „gewäsen."

So flieh'n sie miteinander dahin
Mit wehmuthsvollen Geberden:

Ich aber denk' in meinem Simr:

Was soll in Zukunft nun werden?

Seh' ich im lieben Deutschland umher,
So wrrd' ich wieder frvhmüthig;

Cs mangelt an Rednern nicht so sehr,
Das Schicksal ist ja so gütig.

Und schwassten die Allen lang und breit, , Zur Altenweibersommerszeit
Man wird sie durch neue ersessen; > Giebt's wieder rin fröhliches Schwätzen.

I a c o b.
 
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