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Der wahre Jakob: illustrierte Zeitschrift für Satire, Humor und Unterhaltung — 2.1885

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https://doi.org/10.11588/diglit.9079#0071
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Nr. 22 des „Wahren Jacob" gelangt am 1. November znr Versendung.

Schlachtgesang der Czechen von
Königinhof.

Geist Libussas, schau hernieder
Auf dein stolzes Rachekorps!

Lieblich tönen unsre Lieder
An dein treues Mutterohr.

Wo wir zehn sind gegen Einen,
Kann's ja nicht gefährlich sein —
Und mit Knitteln und mit Steinen
Tränken wirs dem Deutschen ein!

Ein Kulturvolk sind die Czechen —
Staunend haben wir's entdeckt —
Das den Neid der eitlen frechen
Deutschen immer mehr erweckt.
Manchen will's noch nicht so scheinen
Und sie blicken spöttisch drein,

Doch mit Knitteln und mit Steinen
Tränken wir's dem Zweifler ein!

Manche Czechen können lesen —
Selber ein Theater schon
Hat vor allen auserlesen
Unsere herrliche Nation.

Dies Theater bleibt den Kleinen,
Unseres muß kräft'ger sein —

Und mit Knitteln und mit Steinen
Tränken wir's dem Deutschen ein!

Wenn die Glieder wir zerbrechen
Einem Deutschen und er schreit,

Zeigt das Brudervolk der Czechen
Sich in seiner Herrlichkeit.

Zu der That, der großen, reinen,

Stärkt uns edler Branntewein —

Und mit Knitteln und mit Steinen
Tränken wir's dem Deutschen ein!

Daß im Reich der Wenzelskrone,

Die der Erde höchster Schmuck,
Nirgends mehr ein Deutscher wohne —
Hilf uns, heil'ger Nepomuk!

Hängt man auf sie an den Beinen,

So verursacht solches Pein
Und mit Knitteln und mit Steinen
Tränkt man's ihnen vollends ein!

Und. Lavant.

Tanzen ohne Damen.

(Nach dem Stöcker'schen „Bundesboten" des
Pastor Wiestner in Berlin.)

Hört, Ihr jungen frommen Brüder,

Wenn Gehorsam Ihr versprecht,

Warn' ich Euch als treuer Hüter
Vor dem weiblichen Geschlecht.

Haltet sorgsam stets Euch ferne
Von den hübschen Mägdelein,

Ihre hellen Augensterne

Schaffen uns nur Qual und Pein.

Mancher Bruder, mancher Pater
Hat mit Schrecken es gespürt:

Kaum den ersten Schritt noch that er
Und da war er schon verführt.

Ganz besonders ist das „Hopfen"

Das man Tanz nennt, sündiglich,

Denn es bringt das Herz zum Klopfen
Und die Wangen röthen sich.

Händedrücken, Busenpressen,

Schrecklich sträfliche Begier,

Die „Mission" wird dann vergessen
Sammt dem Pred'ger und Kassier.

Darum flieht die süßen Weiber,

Und ficht Euch die Tanzlust an,

Fasset Eure plumpen Leiber,

Tanzt mit Brüdern, Mann für Mann,

Daß der Sünde schöne Larve
Euch dem Stöcker nicht entzieh', —
David tanzte mit der Harfe,

Mit Batseba tanzt' er nie!

Anfang Oktober d. I. erscheint im Verlage von Johs.
Wcdde in Hamburg:

Der Sonntags-Kote für Stadt und Land.

Sonntagsausgabe der Bürgerzeitung.

Jede Nummer enthält mindestens 8 Folioseiten.

Preis pro Quartal frei ins Haus 90 Pf., pro Monat 35 Pf.

Der Sonntags-Bote für Stadt nnd Land bringt
regelmäßig einen politischen oder volkswirthschaftlichen
Leitartikel, eine politische Rnndschau, Tagesbericht,
Miscellcn, Feuilleton rc. rc. Außerdem wird während
der Reichstagssession ein umfassender

A'crrl'clrnenLs-WerrcHL
jeder Nummer gratis bcigegeben. Alle Postanstalten nehmen
Abonnements entgegen. Prospekte und Probenummcrn sind
direkt zu beziehen von der

Expedition des Sonntags-Boten für Stadt und Land.

Hamburg, Gr. Bleichen 65 a.

168

Gndttch siegt die Tugend

oder

Are rier g>ctr«itxtren 6er Wttranrontanen.

(Speffatbericht des „Wahren Jacob" vom Katholikentag in Münster i. W. Schlußsitzung.)


Erste Garnitur.

Zweite Garnitur.

vr. Windthorst: Die 32. Katho-
likenversammluug nähert sich ihrem Ende.
Wie gewöhnlich rede ich zuletzt, denn mir
liegt es ob, Sie vergnügt zu machen,
Sie zum Lachen zu bringen. (Bravo!
Anhaltendes Gelächter.) Wer zuletzt
lacht, lacht am Besten! (Sehr richtig.)
Die beiden Herren Vorredner haben
allerdings schon das Menschenmögliche
geleistet Sie heiter zu stimmen, es wird
mir schwierig werden sie zu übertreffen.
Ich pflege jedoch die schwierigsten Auf-
gaben zu lösen, und hoffe dies auch-
heute zu thun. Dafür gehöre ich zur
e r st e n G a r n i t u r. (Stürmische Heiter-
keit.) Lachen Sie nur, verehrte Anwe-
sende, sonst sagt die Kreuzzeituug nach
14 Tagen, es sei hier gar nichts los
gewesen. (Sehr richtig!) Es sagt so-
eben Jemand „Sehr richtig!" Ich nehme
an, er will damit bestätigen, daß hier
sehr viel los gewesen ist. (Gelächter.)

Wir sind immer da-
bei, wenn es gilt, ein
Schäfchen in's Trockene
zu bringen. Das ha-
ben wir im Reichstage
bewiesen, das beweisen
wir im Landtage. —
Wenn einer von uns
Alten fällt, sogleich
rückt ein Anderer an
dessen Stelle. Es ist
mir eine Herzenser-
quickung, die ausge-
zeichneten Männer, die
dem Zentrum ange-
hören, hier versammelt
zu sehen. Diezweite
Garnitur ist kam-

Dritte Garnitur.

pfesmuthig und wird manchen schö-
nen Sieg erringen helfen. (Anhal-
tendes Bravo!) Aber wir dürfen
nicht stille stehen, wir müssen dafür
sorgen, daß die Lücken stets aus-
gefüllt werden, daß wir nicht in den
Sumpf kommen, den man uns prä-
sentirt. Wir gehen nicht in den
Sumpf (Bravo), lassen die Dinge
nicht einschlafen, sind wach und
kampfesmuthig wie vor zehn Jah-
ren. Auch die dritte Garnitur
ist schon bereit; dieser Tage habe
ich in den Versammlungen der Stu-
denten, und in Essen bei den jun-
gen Kaufleuten manche tüchtige
Kraft entdeckt, die mir den Trost
verliehen haben, daß die Intelli-
genz in unseren Reihen nicht aus-
stirbt. (Allseitiger Beifall.) Unsere
Versammlung ist eine bit-
tere Enttäuschung für die
Gegner. Seit Schluß des
Reichstags wurde uns
jeden Tag der Puls ge-
fühlt, ob wir noch nicht
todt seien. Nun frage ich
die Nordd. Allg. Zeitung:

Sieht, das aus, als ob
wir todt wären, hier die
Jünglinge, Männer und
Frauen, alte und junge,
in schönster Pracht? Wir
leben und haben den
Willen fortzuleben. Für
die vierte Garnitur,

die ganz kleinen Knaben, müssen die Mütter sorgen. (Lachen.) Ich sehe,
daß Sie mich verstanden haben. Getreu unserm Wahlspruch: „Der Zweck
heiligt die Mittel", fordere ich Sie auf, ein Hoch auszubringen auf unsere
der Kultur so förderlichen Bestrebungen. (Enthusiastischer Beifall.)

Redaktion und Verlag: I. H. W. Dictz in Stuttgart. — Druck von Georg Baßler in Stuttgart.
 
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