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Der wahre Jakob: illustrierte Zeitschrift für Satire, Humor und Unterhaltung — 4.1887

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https://doi.org/10.11588/diglit.9080#0001
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Nr. 37.

Erscheint monatlich einmal. Preis pro Nummer 10 Pfennig.

1887

Blitzdrahtmeldungcn.

Berlin. Wie man hört, ist der aus der Antiscuiiteubeweguug
bekannte Di-. Hcnrici zum Judciithuin übcrgetrctcn. Herrn Siöckcr
geht dieser Verlust sehr zu Herzen, da er inzwischen auch den bekannten
-taatsmaun Grüncberg tvieder verloren hat.

Petersburg. Der Staatsbankerott wird demnächst ausbrechcn.
Der sicherste Beweis dafür ist das imincrvergnügtc Gesicht des Finanz-
Ministers. Gestern erzählte er beim Thec, daß er nun der erfolg-
reichsten Periode seiner staatsmännischen Wirkiauikeit cntgegcugche. Erst
nach dem Staatsbankerott werde die Staakskassc immer Geld haben.

München. Im Husbräu lvurde heute, als cs sehr voll lvar, ein
Gast cltva Morgens 9 Uhr vom Schlage gerührt. Erst Abends gegen
6 Uhr bemerkte man, daß derselbe tobt war Seine Nachbarn hatten
sich nur immer gewundert, daß er nichts trinken wollte.

Grüncberg (Schlesien). Die Polizei konflszirtc heute 400 Liter
\ Grünebergcr, den man mit Rheinwein gefälscht hatte.

Nicaragua. Der Präsident unseres Staates ist durch einen
Staatsstreich gestürzt ivordcn. Derselbe sollte ein Dekret unterzeichnen
und dabei stellte sich heraus, daß er seinen Namen nicht schreiben
konnte.

Z>ie nächtliche Keerschnu.

Sehr frei nach Zedkih.

u Leipzig auf weitem plane,

Da schlummern in Grabesnacht,
Die siegend dereinst gefallen

In blutiger Völkerschlacht.

And Nachts zur zwölften Stunde
Der Tambour geht auf und ab,

Cr schlägt einen dnmpfen Wirbel,
Da öffnet sich manch ein Grab.

Die einst im Sturm genommen
Die Stadt vom Osten her,

Die Landwehr-Dataillone,

Sie treten unters Gewehr!

Gs stellt auch der Trompeter
Sich auf am Grabesrand
And schmettert seine Fanfaren
Hin über das schweigende Land.

Da schwebt auf ihren Rosten
Gar geisterhaft herbei
Mit Schwertern und mit Landen
Die tapfre Reiterei.

Cs ordnen sich die Masten
Und Alles lauscht und schweigt,

Da sich schon dort der Feldherr
Mit seinem Stabe zeigt.

Der Mond mit gelbem Lichte
Crhellt den weiten plan,

Der Feldherr hoch zu Roste
Sieht sich die Truppen an.

Cr raucht eine kurze pfeife,

Hell blickt sein Ang' ins Land,

Das ist der alte Dlücher,

Auch Marschall Vorwärts genannt,

Die Truppen präsentiren
Und schultern das Gewehr,

Dann zieht mit klingendem Spiele
Vorüber das ganze Heer.

Cs sind die ersten Kolonnen
Im Rebel verschwunden schier,

Da spricht zum alten Feldherrn
Gin junger Offizier:

„Hört man nicht die Franzosen
Laut nach Revanche schrei'n?

Wann rücken wir, Marschall Vorwärts,
Doch einmal über den Rhein?"

Der Alte nimmt drei Züge
Ans seiner pfeif' nnd spricht:

„Mein Sohn, man nicht zu hitzig!

So schnell geht das noch nicht.

„Gleichgiltig ist mir geworden,

Was die Franzosen schrei'n;

Daher mich nicht gelüftet,

Zu rücken über den Rhein.

„Auch giebt's viel Federfuchser
Und ich mach' nicht mehr mit,

Das viele Franzosenfreffen
Verdarb mir den Appetit.

„Ich bin sehr vernünftig geworden,

Sei's Du auch, junger Held;

's ist nichts mehr mit Kriegen und Siegen,
Det kostet man zu viel Geld!"
 
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