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971

zutraue. Un daraus kannste meine vorzügliche militärische Bejahung vor de
Heilsarmee schon am besten erkennen.

Aber eenen Haken hat die Sache, un der is beese un darum muß ick
mir die Sache erst noch 'n bisken beschnarchen. Nämlich bet is bet. Von
Saufen un sonne Zicken steht bei de Heilsarmee nischt drin. Weeßte, Jacob,
in die Beziehung bin ick nu 'ne putzffe Kruke. Wenn ick mal eenen Kleenen
hinter de Binde jieße, denn bin ick jleich een janz anderer Kerl, na, un denn
muß der andere Kerl natierlich ooch eenen haben, denn ick werde ihn doch
nich verdurschten lassen! Da kennste nu Buchholz'n flach. Un det will nu
der Jeneral durch den Doot nich haben, det sich mal Eener so'n kleenen
Wuppdich bezähmt. Det is dämlich, weeßte, denn sonst wäre mir die janze
Jeschichte schon ville annehmlicher. Aber vor de Temperenzler un die janze
andere Sorte, da habe ick nämlich Manschetten, un wenn ick ooch sonst von
de Freisinnijen nich. ville halte, wie De ja weeßt, so bin ick doch in die Be-
ziehung mit Biermeiern een Herz un eene Seele, det nämlich det Bier, wat
nich jedrunken wird, seinen Beruf jänzlich verfehlt hat. Ick habe den Jeneral
leider nich vor meine Oogen jekriegt, sonst hätte ick ihn janz bestimmt jrade
ieber diesen Punkt interjuht. Ick hätte ihm jesagt: „Herr Jeneral," hätte
ick zu ihm jesagt, un hätte ihn dabei mit meinen Reichskrippelblick janz
firchterlich anjekiekt, „Herr Jeneral, wenn in Ihre Armee nich mal 'n
Schnäpsken Schnaps oder een Stehseidel jenippt werden derf, denn derfen
Sie ooch nie uff mir, als uff den zukinftigen Heilsmoltke, rechnen, denn
marschiren Sie man mit Ihre junge Kolonne alleene nach Ihre Theeabende,
denn ick bin nich so 'n Schafskopp, det ick vielleicht den Thee ohne Rum
drinke." Selbstredend hätte ick det bescheiden un in militärische Positur vor-
jebracht, denn ick habe ooch Bildung jelernt, lieber Jacob, wie De ja woll
wissen wirst. Ick hätte den kleenen Finger nich von de Hosennaht weg-

jenommen, un hätte stramm un unbeweglich dajestanden, wie so'n Schutz-

mann, wenn sich in seine nächste Nähe 'ne riesije Keilerei entspinnt.

Ick wäre neijierig jewesen, wat er denn woll jeantwortet haben wirde.
Ick jloobe, er wirde mir uff eugelsch, weil er doch keen Berlinsch versteht,

jesagt haben, det er sich in Hinblick daruff, det er nich uff meine hervor-

ragenden Dienste rechnen derf, die Sache noch mal ieberlejen wollte, un det
Alles det, wat noch nich is, ja immer noch werden kann. Aber ick hätte
mir denn uff keenen Kompromiß injelassen — denn nationalliberal sind wir
nich — ick hätte daruff bestanden: „Ent- oder weder." Na, un hätte er
denn „weder" jesagt, du meine Jiete, denn wäre et noch so, un ick hätte
mir denn jleich von ihm pensioniren lassen, indem er mir an mein soldatischst
Ehrjefiehl verletzt hätte, un ick hätte denn, weil ick doch nich sein Jeneral-
stabschef sein wollte, vielleicht een Heilsarmeekorps jekriegt, wo ick vielleicht
ooch nischt ausjestanden hätte. Man hat ja hier in de letzte Zeit janz ähn-
liche Jeschichten erlebt, un wat andere Leite recht is, warum soll mir det
nich billig sind? Ick bin doch wahrhaftig keen Unmensch, der Fensterladen
m'n Kaffee stippt.

Nu noch Eens. Jeroocht soll bei de Heilsarmee ooch nich werden. Det
heeßt, Du derfst woll roochen, wenn Dir der Deibel noch so in de Krallen
hat, det De von die Sinde durchaus nich lassen kannst. Aber wenn De
roochst, denn kannste nischt werden, nich mal Vizejefreiter oder Musikant.
Da bitte ick nu aber doch Eenen um sieben Fund schwarze Seefe! Möchte

man da nich aus de Haut fahren un sich daneben setzen? Wen schad't denn

det nu wat, wenn der Mensch 'n bisken an seine Jistnudel pafft, wenn er

sich de Zeit verdreiben will. Ick jloobe, so'n Heilskriejer derf nich mal 'ne

Prise nehmen, sonst niest er sich am Ende Widder aus det Himmelreich raus.
Wenn Eener mal mit eenen heimlichen Priem erwischt wird, der kriegt

bestimmt seine drei Dage strengen Arrest bei Vater Philippen, na, un so'n
kleener Schwips, der wird bestimmt mit Degradation, Festungshaft un
Rausschmiß aus de janze Heilsarmee jeahndet. Wer sich, wenn er bei 'ne
Destille vorbeikommt, nich sieben Mal bekreizigt, der kommt in de zweete
Klasse un muß alle Dage nachbeten — ick wollte sagen nachexerziren.

Nee, weeßte Jacob, ick jloobe, mit die himmlische Ferienkolonie is et
vor uns Beede nischt, wir bleiben bei unfern ollen Jlooben, un unsere
Fremde werden woll ebenso denken. Bei uns hier in Deitschland sind se
mit ihren Klimbim 'n Postdag zu spät jekommen, hier sind de Leite nich
mehr so dämlich, det se uff jeden Himmelsleim ruffjehen. Wer det nich
jlooben will, der brauch sich ja blos mal bei Stöckern zu erkundijen, der
wird ihn schon Bescheid stoßen.

Nu nimm Abschied von den militärischen Traum von de Heilsarmee,
lieber Jacob, tröste Dir so wie ick mir jetröstet habe, womit ick verbleibe
erjebenst un mit ville Jrieße Dein treier

Jotthilf Naucke.

Au'n Jörlitzer Bahnhof jleich links.

Hobelfxähnr. •§==*••••

„Hofprediger aller Deutschen" nennt sich Herr
Stöcker. Gerade wie mein Freund, der Leierkasten-
mann; der nennt sich Hosmusikus.

* *

*

Die Sozialdemokratie ist verloren, denn der Herr

Reichskanzler hat nun den Unteroffizier in^den

geistigen Kampf geführt.

* *

*

Die Agrarier sind so böse, wenn man sagt, daß
sie aus der Schnapssteuer des armen Mannes ein
Geschenk von vierzig Millionen bekommen. Ich
erwarte täglich, daß sie die Millionen nicht mehr
annehmen.

* *

*

Das Elend der Weber ist nicht zu ertragen,

So hör' ich die Philanthropen klagen,

Vergebens doch wart' ich auf rettende That,

Sei's von der Gesellschaft, sei es vom Staat.

Sie kämpfen mit Worten wider die Noth,

Der Weber muß sterben den Hungertod.

* *

*

Zur Handwerker - Konferenz werden wieder viel Geheimräthe kommen.

Thätc man die Herren nur erst ein Vierteljahr zu mir in die Lehre; ich

wollte ihnen dann in der Gegend der Ohren einen festen Begriff von

dem Wesen des deutschen Handwerks beibringen.

* *

*

Ein Glück, daß die Sternlein von blankem Gold
So fest sind auf den himmlischen Plätzen,

Denn kämen sie einmal herabgerollt,

So würden sie gleich die Studiosen versetzen.

Ihr getreuer Säge, Schreiner.

In den Kirchen ward für das Heil seiner Seele gebetet und die Hono-
ratioren der Stadt veranstalteten eine Trauerfeier, wobei der Rektor des
Gymnasiums den Todten mit Livingstone und Stanley verglich.

Niemand dachte an Hans. Nun aber trat dieser hochherzige Jüngling
auf und erklärte, er glaube noch nicht an den Tod seines Bruders. Er
werde ihn aufsuchen, und wenn er ihn nicht mehr lebend finde, so werde er
ihn rächen.

Die ganze Stadt war gerührt ob solchen brüderlichen Sinnes; die
Thränen flössen stromweise und von der Zeit an wurde Hans Bummel-
maier's Bild mit dem seines Bruders zusammen ausgestellt. Hans ward
wo möglich noch interessanter als sein Bruder. Was aber das Wichtigste
war — es bildete sich ein Kolonialverein aus den reichsten und angesehensten
Leuten der Stadt. Dieser brachte rasch eine bedeutende Summe zusammen
und der Gemeinderath that noch einen erheblichen Zuschuß aus der Stadt-
kasse dazu, um den jungen Afrikareisenden geziemend auszustatten. Als
Hans abreiste, hatte er ein Vermögen bei sich. Die Mutter hatte geweint,
der Vater hatte gebrummt, als der zweite Sohn auch nach dem gefährlichen
Welttheil ging. Aber zurückgehalten hatten sie ihn nicht. Welch eine heroische
Familie!

* *

*

Es war in Zanzibar in einer Wirthschaft am Hafen, da saß ein Mann
in eine Zeitung vertieft. Der schwarze Kellner sah gähnend zum Fenster
hinaus — da legte draußen ein Boot an und heraus sprang ein Europäer,
ein Deutscher, in dem wir sofort unseren Hans Bummelmaier erkennen.
Er eilt auf die Wirthschaft zu, der Zeitungsleser fährt empor und die Beiden
liegen sich in den Armen, Fritz und Hans Bummelmaier haben sich wieder
gefunden.

„Es ist hohe Zeit, daß Du kommst," sprach Fritz. „Ich bin ziemlich
im Pech, denn mein Geld ist schon seit acht Tagen alle-. Und Langeweile
habe ich auch. Ich bin, seitdem ich den Boden von Zanzibar betreten, nicht

über diesen Hafen und über diese Kneipe hinaus gekommen. Du weißt,
wenn ich mich einmal festgekneipt habe" —-

„Da gehen Dir bald die Moneten aus," lachte Hans. „Nun, ich habe
einen Sack voll mitgebracht."

„Es ist nur gut," antwortete Fritz, „daß ein deutscher Student das
Pumpen lernt. Dort der schwarze Kellner hat mir Kredit gegeben, aber ich
glaube, du bist gerade noch recht gekommen. Er hätte mich heute wohl
hinausgeschmissen."

„Tröste Dich!" sagte Hans. „Wir haben Geld genug und wir sind
berühmte Leute geworden. Ich habe Dich nun aufgefunden und wir kehren
im Triumph nach Hause zurück!"

„Meinetwegen gleich heute noch, denn es ist verdammt langweilig hier."

So kehrten die Beiden, die eine große Asrikareise in das Wirthshaus
zu Zanzibar gemacht hatten, nach Alexandrien und von da nach Europa
zurück. Sie kneipten in Alexandrien dermaßen, daß ihnen das Geld des
Kolonialvereins gerade noch zur Heimreise reichte.

-i- *

-i-

Die Vaterstadt der beiden berühmten Afrikareisenden Bummelmaier war
im Festschmuck; ihre beiden großen Söhne kehrten zurück, denn Hans hatte,
wie es in der Zeitung hieß, seinen Bruder bei dem wilden Stamm, der
ihn überfallen, noch lebend getroffen und hatte ihn mit List und Kühnheit
unter unglaublichen Abenteuern befreit. Welch ein Triumph! Die Brüder
wurden in feierlichem Zuge vom Bahnhof abgeholt und zu Ehrenbürgern
der Stadt gemacht. Bei dem Festbankett betonte der Bürgermeister, wie
stolz die Stadt sein könne, die solche Männer zu den Ihrigen zähle.

Die Brüder ruhen einstweilen auf ihren Lorbeeren aus und der Kolo-
nialverein hat ihnen abermals eine bedeutende Summe überwiesen. Sie
wollen ihre Thätigkeit im Interesse der Wissenschaft und der Menschheit
nicht einstellen und sie berathen, wohin sie die zweite Forschungsreise machen
wollen. Vielleicht nach dem Innern von Australien.
 
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