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1043

wenn se mir dabei attrappiren. Da flicje ick doch aus meine Stammkneipe
raus, det ick mir Hals un Bcene breche. Oder aber ick wollte nu in't
wirkliche Leben mal Eenen bemogeln. Weeßte, wat denn los wäre? Kennste
vielleicht den Alepanderplatz mit det neie rothe Jebeide? Nee? Na, ick ooch
nich, jlicklicher Weise, det heeßt, blos von Außen. Aber da säße ick doch
eens, zwee, drei in'n jrienen Wagen un der Untersuchungsrichter hätte mir
j leid) an't Klafittchen. Selbstredend habe ick ooch nich den jeringsten Titel,
ick kann hinter meinen Namen nich mal det beliebte „a. D." setzen, wat se
bei jewisse Persönlichkeiten nu schon vor „aller Deutschen" ausjeben, wat ick
aber für „alter Dussel" halte, na, ja, un deswejen werde ick sofort injespunnt,
wenn ick mal blos een kleenet bisken ieber det Erloobte rausjehe. Ick sage
Dir, Jacob, soweit wie ick blos sehen kann, hat noch nie een Staatsanwalt
vor mir mal 'ne Erklärung abjejeben — ih, keene Spur, denn wer kennt
mir denn, in meine janze Bude findste ooch nich det kleenste Eisenwerk, na,
un 'ne Maus kann sich bei mir Blutblasen loofen, bevor se eene eenzije
Aktie find't. Na, mit so'n Jeneraldirektor is det natierlich janz wat Änderet.
Der muß ja schon janz allcene vor det Steierhinterziehen janz anders be-
handelt werden, wie unser Eener, der schon zufrieden wäre, wenn er det
blos in't Vermöjen hätte, worum so Eener den Staat so jährlich um de
Steiern bringt. Aber natierlich, Jacob, hat die Sache ooch Widder ihren
Haken. Ick wenigstens finde et im heechsten Jrade jerechtfertigt, det sich so'n
Mann, wie Baare, jleich von vorneweg von den Staat seine Tantieme
inzieht, indem er doch nach besten Kräften davor jesorgt hat, det „seine"
Arbecter bis uff den letzten Heller un Fcnuig besteiert wurden, un een Mann,
der uff die Art vor die Erhaltung der bestehenden Staats- un Jcsellschafts-
ordnung thätig is, na, den muß der Staat ooch entjejenkommeu, indem doch
selbst der Staat inscheu muß, det so'n armer Deibel, der jährlich heechstens
seine paarmalhundcrtdausend Märker in de Suppe zu brocken hat, doch ooch
nischt umsonst duhn kann, un det er cijentlich noch sehr bescheiden is, det
er sich det, wat ihm zukommt, jleich an de Steiern abzieht.

Ick jloobe, Du schittclst den Kopp, Jacob? Det haste aber cijentlich
jarnich neethig, indem Du von sonne Jeneraldirektors-Logik nich ville verstehst.
Aber Du kannst Deinen Schöpfer jarnich jenug danken, det De so'n uff-
jeweckten Freiud hast, wie ick eener bin, der Dir in die tiefsten Falten eenes
Kapitalistcuherzens infiehrt. Jck^ weeß ja nich, ob De Alles verstehen kannst,
wat ick Dir hier auseenander polke: sollte et nich der Fall sind, denn habe
ick wenigstens meine Schuldigkeit jedahn.

Ja sehste, Jacob, det is doch jewiß een ziemlich lehrreichet Kapitel, wat
sich da in Bochum abjespielt hat. So wat kann natierlich blos in Bochum
passircn, wo anders sind die Jeneraldirektors un ähnliche Hungerleider janz
andere Kerrels, die ieben immer Trei un Redlichkeit, bis an ihr kiehlet Jrab,
un schneiden blos zwee Finger breit von jeden Meter ab. Hier in Berlin,
in det jebildete Spreeathen, passirt sowat ieberhaupt nich, un bei Eich in
Stuttjart dirfte detselbe der Fall sind. Du meine Jiete, jeplatzte Eisenbahn-

schienen, die jiebt et schließlich ieberall, un wenn ooch mal so'n Eisenbahnzug
verunjlickt, denn is et doch jrade nich neethig, det denn jedes Mal so'n
Jeneraldirektor oder sonstijer Kommerzienrath drinsitzt.

Wat nu aus de Welt werden soll, weeß ick allerdings bci'n besten
Willen ooch nich. Denn is et ja mit Baare's un alle die andere Brieder
ihre Herrlichkeit aus, mit welche Ansicht ick verbleibe

erjebcnst uu mit ville Jrieße Dein treicr

Jotthilf Naucke.

An'n Jörlitzer Bahnhof jleich links.



Hobelspähne.


Der neue Kurs hat sich endlich einmal
geltend gemacht, und zwar bei den Bochum er
Industrie-Aktien. Der neue Kurs ist bedeu-
tend niedriger als der alte und der Baar'-
Werth sehr gesunken.

„Wie ist die .geistige Bekämpfung' schwer!"

So seufzen anti-sozialistische Büttel.

„Zum letzten Mittel, wenn kein andres mehr
(fangen will, gab uns Natur den Knüttel

Merkwürdig, wie viel Aufhebens man über
Vr-vi^ ^ die Bochumer Stempelskandale macht! Die
Schienenstcmpel mögen nun gemogelt oder wirklich
gefälscht worden sein, der große Baare mag davon gewußt haben oder nicht,
jedenfalls hat sich die Bochumer Großindustrie derart gezeigt, daß sie den
ächten und unverfälschten Stempel unseres modernen Kapita-
lismus trägt.

Die Ultramontanen legen großen Werth darauf, daß jetzt der
heilige Rock zu Trier wieder ausgestellt wird. Sie wollen mit demselben
die Blößen bedecken, welche sie sich in der Schutzzollfrage gegeben haben
und hoffen auch ihre arbeiterfeindliche Haltung in der Ärbeiterschutzfrage
mit dem heiligen Rock bemänteln zu können.

Ihr getreuer

Säge, Schreiner.

sie wissen das große Wort zu führen, spielen die
erste Geige und geben überall den Ton an. Daß
sich zu Ministern und sonstigen Staatsmännern nur
pensionirte Offiziere eignen, ist eine alte Geschichte;
sie würden aber auch die einzig richtigen Volks-
vertreter sein, wenn nicht bis jetzt die Diäten-
losigkeit des Reichstags denselben leider zur Offiziers-
Versorgung untauglich machte.

M üfS LnnliligMisttrs Ambrosius Strohkops

im Rathhaussaal zu München.

Hochgelahrte Meistersköpfe!
Schön gewichste Jnnungszöpfc!
Höret meiner Weisheit Spruch:
Wühlen könnt Ihr nicht genug
Für Besä h'gungs nach weis!

Und es braucht Euch nicht zu bangen,
Daß den Nachweis man verlangen
Könnte auch von Euch, Ihr Lcut',

Und daß Ihr es dann bereut,

Daß Ihr nichts gelernt habt.

Schützet Eure Privilege,
Fordert auf Gesetzeswege
„Nachweis der Befähigung,"
Diese schöne Forderung
War ein guter Leim stets.

Biehl, den wir als Führer kennen,
Will ich Euch als Beispiel nennen,
Was ein Jnnungsmeisterlein
Alles in der Welt kann sein
Ohne Fachverständniß.

Klug und weise wir erscheinen
Dadurch, denn die Leute meinen,
Daß wir selbst befähigt sehr,
Wenn wir eine Prüfung schwer
Von den Andern fordern.

Biehl — dem Hofe selbst empfahl er
Als Vergolder sich und Maler,

War als Stukkateur zu schau'n,
Sagt', er könne „Bilder hau'n,"
Ohne jeden Lehrbrief.

Wird die Ford'rung angenommen,
Werden neu zur Geltung kommen
Jnimngs-Pfuschcr mehrstentheils,
Darum zeig' den Weg des Heils
Ich, Ambrosius S t r o h k o p f!

Kirchen hat er repariret,

Kanzeln schön mit Gold beschmieret,
Zwar, sein schlechtes Gold, es fiel
Bald herab, indeß der Bichl
Bess'res nahm in Zahlung.

So die Freiheit der Gewerbe
Nahm er als sein Gut und Erbe,
Doch den Andern gönnt er sie
Nimmermehr, denn wisset, die
Sind ja Konkurrenten!

Seht, da liegt der Has' im Pfeffer!
Wollt Ihr machen einen Treffer,

Und Ihr seid nicht sehr gewandt
Und Ihr habt nicht viel Verstand —
Schließt die Konkurrenz aus!

Laßt der freien Arbeit Streben
Nicht zu kühn das Haupt erheben,
Denn mit ihrem Fleiße kann
Ein bezopfter Jnnungsmann
Nicht mehr konkurriren.

ZU spät.

A. : Hm, wann haben Sie denn Ihre Frau
zuerst kennen gelernt?

B. : Als sie meine Gattin war.

Ein Abtrünniger.

(Zur Abstimmung über die preußische Landgemeinde-Ordnung.)

Die Junkerpartei steht geschlossen,

Hoch wallet der „Kreuzzeitung" Fahne —

„Kein wirklicher Konservativer
Darf folgen neuzeitlichem Wahne!"

Doch siehe, es folgt die Regierung
Heut nimmer den Kreuzzeitungsrittern,

Und manche der tapferen Junker
Den Braten noch rechtzeitig wittern.

Ein Umfall erfolgt — und der Rauchhaupt
Erkennt es mit jähem Erblassen:

Die konservative Partei — ach! —-
Selbst Puttkamer hat sie verlassen!
 
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