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Der wahre Jakob: illustrierte Zeitschrift für Satire, Humor und Unterhaltung — 14.1897

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https://doi.org/10.11588/diglit.6610#0024

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2373

„Die Fabrik wünschen Sie zu sehen — ganz recht", spricht dann der
Hausherr in verbindlichem Tone, „Klara — hol' einmal das große Photo-,
graphie-Album."
„Sehen Sie", sagt er, das Album öffnend, „dieses ist die Maschinen-
halle .. . dies das Kesselhaus ... das Trockenhaus ... die Remise" u. s. m.
Jeder leidlich anständige Fabrik-Inspektor wird sich damit zufrieden
geben und die vortrefflichen photographischen Aufnahmen loben. Sollte
aber Einer ungewöhnlich boshaft sein, dann sagt er vielleicht:
„Ist alles sehr schön, aber was helfen mir die Bilder ich hätte
gern die Arbeiter gesehen."
„Können Sie haben", sagt dann der Fabrikhcrr lakonisch. „Klara
— die Arbeiter!"
Und Klara bringt das große Gruppenbild von Werkführern und
Arbeitern, welches anläßlich irgend eines Jubiläums des Hauses aus-
genommen worden ist.
Der Fabrik-Inspektor kann sich durch dasselbe hinreichend überzeugen,
daß der Ausdruck der Zufriedenheit auf den Physiognomien der vor-
herrschende ist, und er kann von schönen Fabrikräumen und zufriedenen
Arbeitern an die Negierung berichten.

Militärisches.

2ei stolz, o Deutscher, der du strebst
Die Wehrkraft zu erhöhen —
Nicht in dem Glanz der Waffen nur
Rannst ihre Wucht du sehen.
Ls giebt ja aus dem weg zum Lieg
Noch andere Etappen —
verliehen werden der Armee
Ietzt neue Achselklappen.
Nicht Arupp allein gebührt der Nuhm,
Daß er der Schöpfer wäre
von unsrer Macht — es theilen sich
Die Schneider in die Lhre.

Daß sieghaft schon die Uniform
Dem Feinde leucht' entgegen.
Ist auf der Achselklappen Zier
Besondrer Werth zu legen.
Sie bieten dem „gemeinen Mann"
Lrsatz für Lpauletten,
Und seinen Eifer stärken sie.
Das Vaterland zu retten.
So wird die deutsche Uriegsmacht bald
In neuem Glanze strahlen —
Deß freu' dich, Bürger, denn du darfst
Die Schneider-Rechnung zahlen.

Hobelspähnr.

Wir sitzen glücklich bis zum Hals im Sumpf,
Der nächstens uns begräbt bis an die Ohren.
Heut' ist die Bauernbund-Verschwörung Trumpf
Und iver ihr widerstrebt, der ist verloren.
Sie hat schon Vieles wie im Spiel erreicht
Und schwingt noch immer den agrar'schen Flegel,
Und die Regierung? Die Regierung streicht
In Bangigkeit vor ihrem Droh'n die Segel.

Die neue Kanone, welche in der deutschen
Armee eingeführt werden soll, entspricht durchaus
ihrem hohen Kostcupreise. Ihre Feuerwirkung
ist nämlich so stark, daß schon bei ihrem Er-
scheinen in der öffentlichen Diskussion alle bürgerlichen Parteien auf den
Bauch gefallen sind. « «


Die Hamburgischen Rheder und die preußischen Junker behaupten,
daß sie ohne chinesische Knlis nicht mehr auskommcn können. — Um diesen
guten Leuten nun unter die Arme zu greifen, sollte man sie sanimt und
sonders nach China schicken, wo sie — befreit von den bösen deutschen
Arbeitern — mitten zwischen den Kulis ihr schönes Gewerbe weiter
treiben können. * , .
Jetzt möchte ich nur wissen, warum man den Crispi in Italien
weggejagt hat! Es scheint fast, als wolle die italienische Negierung be-
weisen, daß sie auch ohne Crispi Italien auf den Hund zu bringen im
Stande ist. « , «
In ultramontancn Kreisen muß es doch recht lüderlich zugehen, da
im Zentrum sich das Bedürfniß als ein ganz dringendes gezeigt hat,
wiederum ein Gesetz gegen die überhandnehmende Unsittlichkeit einzu-
getreuer Säge, Schreiner.

Ein politischer Polizist muß auch ein moderner
Mensch sein, der alle Fortschritte der Entwicklung
in den Dienst seiner Sache stellt und sich die
sechste Großmacht, die telcgraphirende, telepho-
nircnde, interviewende, rotirende Welt der Presse
tributpflichtig macht.
Ist die bürgerliche Presse auch zu sonst nichts
gut, zum Ministerstürzen giebt sie schon die Unter-
lage her. Man werbe unter den Landsknechten
des Zeitungsgesindcs die feilsten und willigsten,
die unter jedem Panier fechten und jedes verrathen,
man versorge sie mit Nachrichten, man inspirire
sie. Und bald wispert's und ranscht's im Blätter-
walde; es donnert und blitzt und schlägt auch ein.
Ein guter Polizist geht aus uud ein in den
Bureaus der Redaktionell, der Chef empfängt ihn
vertraulich. Ist der Beamte doch liebenswürdig
bis zum Dützen, aufgeknöpft bis zur Plauder-
hastigkeit, kritisch bis zum § 95 des Strafgesetz-
buches. Da sprüht ein Feuerwerk von Histörchen,
da raschelt ein Hagel von Informationen, da wird
ein Ministcrwcchscl, da ein kommender Mann
signalisirt.
Und unter dem befruchtenden Regen der poli-
zistischcn Beredsamkeit sprießt auf dem gefällig-
empfänglichen Nährboden der Presse die polizistische
Saat in geilen Trieben auf. „Aus lauterer Quelle",
von „sicherem Gewährsmann" künden dann am
nächsten Morgen die klaffenden Spalten.
Die Werkzeuge, die Preßagenten, die Unter-
offiziere des Späherthulns müssen in heilsamer
Zucht uud strenger Abhängigkeit gehalten werden.
Hänge ab und zu den Brotkorb hoch und ängstige
die Spießgesellen mit einer Kriminalklage, wenn's
lioth thut!
Sie haben ja alle einen Fleck oder mehrere,
ihre Ehre ist brüchiger als ein alter irdener Hafen
und der Gaul ihrer Tugend hat hölzerne Hufeisen.
Gut ist es auch, ausländische Späher zu
werben, die das Fremdeilrecht auf Gnade uud
Ungnade dir ausliefcrt. Je niedriger die Eigen-
schaften der Beauftragten Ungeschützt werden, nm
so günstiger die Chancen ihres Herrn.

Die Moral aber dieses moralischen Kapitels
ist in wenig Worten zusammengefaßt: Prostituire
dich und die Anderen!
Das Ende.
Also spreche ich, der Zarathustra der politischen
Polizei:
Nach oben führt dieser Weg zur souuigeu Höhe
der Gunst, der Auszeichnungen, der Ehrengaben,
der Händedrücke und Lobschreibeil, in den sterneil-
besäten Himmel der byzantinischen Herrlichkeit.
Doch wer diese Wege nicht wandelt sicheren
Fußes und unversehrt durch die Bergkrankheit,
> die den Wanderer auf steilen Schroffen umwirrt,
der stürzt in die Tiefe, ein Verlorener.
Sei ein schwindelfreier Schwindler! Hier das
Glück uiid dort das Zuchthaus!
Die Hellen Sachsen.
Bemmchen: Ei ja, daß mir Sachsen Helle
sein, das merkd mer schon an der großen Schneidig-
geed, und der mer de mißliebigen Gonsum-
vcreiuc dein Gragcn grichd.
Blicmchen: Was duhd mer'n denn?
Bemmchen: Na, mer beschdrafd sc zum Bei-
schbicl, wenn se an Nichd-Midgliedcr Waare
vergoofcn.
Bliemchen: Un was erzield mer dadermid?
Bemmchen: Daß Jeder, der goofcn will,
Midglied wird, un daß dorch die Zunahme
der Midgliedcr de Gousumvereine erschd richdig
in Bliede gommen.
Hunde.
A. : Man spricht so viel von der Verwen-
dung von Hunden imKriegsdienstc. Könnte
man Hunde nicht auch im Polizeidicnste ver-
wenden ?
B. : Sind auch massenhaft im Gebrauch!
A. : Was ist denn das für eine Rasse?
B. : Schweinehunde.


Sei den de richdge Dreie bliehd.
Der had jetzt wärglich nischt zu lachen.
Denn was mer so in Deitschland siehd.
Das gann een gahlde Hieße machen.
's is ähm in jeder Hinsicht mieß,
wenn Schdaad un Beersche so sich grollen;
Menn sich der Zank vermeiden ließ.
Dann häddensen vermeiden sollen.
Ls gommd een so schon chronisch vor
De Zchdreikerei in Deitschland Heide —
Ls schreikd nich bloß das beese Sohr
Der uffgehetzden Zchauerleide, —
Nee, ooch de Beerschenleide schrei'n,
Un fangen Uffruhr an zu duhden. —
Ls lassen sich uffs Zchdreiken ein
Sogar de Eorn- un weezenjuden!
Zuviel gommd uff ee Mal zusamm',
Hier schdreikt das Volk, dort Bourschuärsche,
Jetzt schdehn zweeLchdreikgolonnen schdramm:
De Zchauerleide un de Beersche!
 
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