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Der wahre Jakob: illustrierte Zeitschrift für Satire, Humor und Unterhaltung — 14.1897

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https://doi.org/10.11588/diglit.6610#0118

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2461

Aufstellung von Arveiter-Wohlfahrtf-Einrichtnngen.
Demnächst wird in Hainbnrg neben der großen Gartenbau-Ausstellung
eine andere Ausstellung eröffnet werden, die ihrer Natur nach ziemlich
viel bescheidener ausfallen muß, immerhin aber mancherlei Sehenswerthes
und Anregendes zu bieten verspricht. Es soll eine Ausstellung für Arbeiter-
Wohlfahrts-Einrichtungen sein. Von den zahlreichen hochinteressanten Gegen-
ständen, die man da bewundern wird, wollen wir, um nicht das Spiel
zu verderben, nur einige wenige hier anführcn:
Revolver für Arbeitswillige.
Betten für Arbeitswillige, nebst einer Ungeziefer-Sammlung in Spiritus.
Statuten der Spar- nnd Unterstützungskasse der Kohlen-Jinporteurc.
Der Kasseubestand dient im Streitfall als Reservefonds — für die
Unternehmer.
Arbeitsbücher und Versichcrungskartcn mit Nadelstichen, unauffälligen
Klecksen nnd anderen geheimen Zeichen.
Arbeitspläne aus Bäckereien, nach Erlaß der Bäckerei-Verordnung auf-
gestellt, mit der Aufschrift: „Angezeigt werden wir doch nicht!"
Stummsche Lutschbeutel für Säuglinge, deren Mütter einige Tage nach
der Entbindung wieder an die Arbeit müssen.
Spihrllird.
Ist dabei
Lieb Kind bei der Polizei.
Ruhig kann
Hamburgs Leben man genießen
Und wird niemals ausgewicsen
Wie der ehrliche Tom Mann.

Hamburger
Spitzel sein,
Das ist fein,
Ist famos.
Arbeitslos
Man verdient ein hübsches Geld,
Bringt es vorwärts in der Welt,

Inniger Wunsch.
Kranker cmit gelahmten Füßen im Rollstuhl fahrend): Ich wünschte, ich
wäre der deutsche Reichskanzler.
Wärter: Warum?
Kranker: Dann könnte ich bald gehen.

Hobelspähne.


„Pfingsten, das liebliche Fest, ist gekommen",
Da einstens, wie in der Sage es heißt,
Urplötzlich von oben herabgckommen
Ein guter, ein freiheitbringendcr Geist.
Ja, solch eine Feier, die muß ich mir loben,
Da nehine auch ich meine Mütze ab,
Denn hentzutage kommt nimmer von oben
Ein guter, ein freier Geist mehr herab.
Den sächsischen Antisemiten ist ganz recht
geschehen, daß inan ihre Versammlung auflöstc,
in welcher sie die österreichische Polizeimirth-
schaft bekämpften. Sachsen und Preußen scheinen
für die Antisemiten nicht zu existiren.

Des Griechcnkönigs wackelnde Kron'
Beschützt wird voll Basen und Vettern,
Es darf keine zornige Rebellion
Herunter voin Thron ihn wettern.

Seine Infanterie, seine Artillerie,
Die sind nicht mehr vorhanden.
Doch für ihn streitet mit Energie
Das Heer seiner hohen Tanten.

In Wandsbeck holt das treue Haupt der Polizei

Sich junge Leute, denen Frommsein mangelt,
Alls seine Stube, zieht mit eigner Hand
Die Hosen ihnen dann herunter, legt
Sie übern Stuhl und haut mit einer Peitsche
So lange drauf, bis er sie fromm gemacht.
Dem Weinenden schenkt er noch einen Apfel
Und spricht: Mein Freund, es bleibt ganz unter uns!
In Weimar ist das Spielen in der preußischen Lotterie verboten und
eine eigene Landeslotterie eingeführt worden. Die Leute scheinen dort mit
ihrem bisherigen Lose nicht mehr zufrieden zu sein.

Ihr getreuer Säge, Schreiner.

Militär-Strafproketz-Aeform.
In Wehen hat dereinst ein Weib
Sich monatlang gewunden,
Doch ward von ihrem geschwollenen Leib
Ein Kindlein nicht entbunden.
Ein Arzt, erfahren, vielbewährt,
Berufen ward; nach langer
Untersuchung hat er lachend erklärt:
Das Weib ist gar nicht schwanger!
Etwas vom Stroh.
„Wir sind ein Volk von Stroh", sang
Hergwegh vor fast sechzig Jahren in seinem präch-
tigen Hcidenlied und bekundete dadurch, daß er
ein wirklicher Dichter war, das heißt ein Prophet.
Das Stroh verziert heute die Welt. Die Hun-
derte von Parlamenten, Kammern, Stadt-
verordnete nsäle sind ebenso viel Tennen, in
denen Stroh gedroschen wird. Unsere Zei-
tungen müssen Strohredakteure haben. Wir
haben Strohminister, Strohkanzler und
ganze Strohregierungen, die sich heldenhaft
wie Stroh in den Kammern zerdreschen lassen,
für das was Andere gethan. Und endlich haben
wir das Strohwitwer- und Strohwitwen-
thum für die schönste Jahreszeit zn einer heiteren
Staats- und Gesellschaftseinrichtung erhoben.
Herwegh hat also Recht gehabt mit seinem Stroh-
volk. Wir leben in der Aera des Strohs, im
Strohjahrhundert.
Der Fünfte.
Der Bismarck mit seinem Schandgesetz
Hat Fiasko gemacht.
Der Puttkamer mit dem Streikerlaß
Ist verkracht.
Der Köller mit seiner plumpen Hatz
Ward ausgelacht.
Der Recke aber sagte: „Gebt Acht,
Ich will Euch zeigen, wie man's macht",
Und hat das Vereinsgesetz erdacht. —
Wie lang' und auch er ist zur Strecke gebracht!

Der Sozialdemokratie Klagelied.
Böse, fürchterliche Stunde,
Da mich traf die Crauerkunde,
Die in Deutschland macht die Runde.
Lr, der immer seine faule
Schwatzerei aus vollem Maule
wetterte von hohem Gaule;
Dessen Suade, unverfroren.
Stets Musik war meinen Vhren:
Soll mir künftig gehn verloren.
Rimmer will er sich blamiren,
will den Durchfall nicht riskiren:
Stumm will nicht mehr kandidiren.

Das Gähn- Verbot in Mittweida.
(In Mittweida wurde ein Maurer aus der Arbeit entlassen,
weil er bei der Arbeit gegähnt hatte.)
In Midweede darfst da schaffen,
Darfst dich plagen färchderlich,
Aber Gähnen in Midweede —
Schnudecken, das derfst de nich!
Schnitzel.
— „Ich würde mich scheuen, meinen Namen an die Seite
des Namens des Herrn Singer zu stellen", sagte der Frei-
konservative Herr v. Zedlitz im preußischen Abgeordnetenhaus.
„Mit Dir unter einem Dache zu verweilen, ist unter meiner
Würde", sagte die Fledermaus zur Schwalbe und flatterte davon.
„Ich danke für solch unsaubere Nachbarschaft", grunzte das
Schwein beim Anblick der Schwäne und sprang in den Sumpf.
„Seine Nähe ist mir unheimlich", sagte der Einbrecher,
als er den Schutzmann bemerkte, und machte sich aus dem Staube.
— Warum muß das Zentrum der Artillerievorlage zu-
stimmen? — Weil es stets für das kanonische Recht eintritt.
— Warum hat die Neichsregierung das Vereinsknebelgesetz
nicht im Reichstag eingebracht?
Der Reichstag hat sich mit der Artillerievorlage zu be-
schäftigen, nicht mit der Vereinsvorlage, die bekanntlich unter
aller Kanone und keinen Schuß Pulver werth ist.
— Ein boshafter Mensch hat die Nachricht verbreitet, es
fehle in den deutsch-afrikanischen Schutzgebieten an Kamee len.
In Folge dessen melden sich viele Assessoren und Reserve-
offiziere zum Kolonialdienst an.
— Die Versöhnung Heinrichs des Zweiundzwan-
zigsten mit dem Reiche ist vollständig. Derselbe soll nämlich
über den Verlust seiner kleingewerblichen Souveränetät dadurch
getröstet werden, daß ihm nächstens erlaubt wird, ein Schiff


Nich wahr, da seider schdeif un schdaund
Un schield verschdohlen um de Lcke?
Ich awwer sage gud gelaund:
„Ree iewer Sie, Herr v. d. Recke!
Das hammse ämal gud gemachd.
Da genn de Rohden nu dran riechen!
Da muß je doch de Riederdrachd
Gleich in de Mauselecher griechen!"
De Rohden sein mei greeßder Schmerz —
Ich gann se eemal nich vergnusen;
vor Wonne hubbeld drum das Herz
In meinen bahdriodschen Busen.
Da fiehld mer doch an schdarken Arm,
Der drotzen will den rohden Horden!
Ich wäre gleich bei Sie Lchandarm,
wenn der Lndwurf Gesetz geworden.
De heechste Zeid war'sch awwer ooch.
Daß Forsche mer derhinder machde;
De Giche war schon so voll Rooch,
Daß Alles zu erschdicken dachde!
Ä Zuschdand, der gen Himmel schrie.
Schon brannden undern — Leib de Bedden!
Da gann nur schdramme Lhnergie
Un Ricksichdslostggeed uns redden!
Das war ä ehrschder dichdger Buff —
Gleich schwärm' de Rohden wie de Hummeln,
Doch dicke dorch un feste druff —
Mer wern de Sache schon befummeln!
Ä Lorbeergrans un ewger Ruhm
winkd Sie im alden Rechdsschdaad Breißen,
Denns „liwwerahle Bärgerduhm",
Das belld ja, awwer nie wird's — beißen.

Im Erscheinen begriffen ist: Gesrhirhie der Deuisckzen Sorinldrrnolrratie von Franz Mehring. Erscheint in wöchentlichen Lieferungen L 20 Pfg.
Zu beziehen durch alle Buchhandlungen und Kolporteure.
 
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