Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Metadaten

Deutsche Kunst- und Antiquitätenmesse [Hrsg.]
Die Weltkunst — 5.1931

DOI Heft:
Nr. 21 (24. Mai)
DOI Seite / Zitierlink: 
https://doi.org/10.11588/diglit.44978#0255
Überblick
loading ...
Faksimile
0.5
1 cm
facsimile
Vollansicht
OCR-Volltext
^hrg. V, Nr. 21 vom 24. Mai 1931

DIE WELTKUNST

9

Wurden nun zwei Urheber inschriftlich be-
v5u9t: die Brüder Hubert und Jan van Eyck,
^eichen Anteil am Genter Altar hafte Hubert,
eichen Jan, und welchem der beiden gehören
Je stilistisch an das Hauptwerk angereihten
‘afeln?
Die Berliner „Kunstgeschichtliche Gesell-
chaft“, durch den früheren Berliner Aufent-
9't der Hauptteile des Genter Altars be-
sonders an dem Problem interessiert, hörte
°n prof j-j Beenken (Leipzig) am 8. Mai
'nen Vortrag „Zur Entstehungsgeschichte des
genfer Altars“, in dem eine neue Lösung
Q'eses Problems versucht wurde.
Prof. Beenken ging von der Landschafts-
p’Jffassung im Gesamtwerk der beiden van
^Yck aus und entdeckte hierbei zwei ver-
schiedene Darstellungsarten. Die eine verun-
nart stets die Struktur, die andere ist in klarer
■^ngänglichkeit stufenweise bis zum Hinfer-
Rrnnd zu verfolgen. Diese leßtere Art sei mit
P'lfe sicherer Werke Jans als dessen Mal-
eise festzulegen. Die erstere müßten wir
?*5.o als die Huberfsche erkennen. Ähnlich
ei den Figuren: Hubert würde mehr maleri-
ehe, in der Tradition gotischen Schwunges
.erharrende Figuren schaffen, Jan mehr block-
®fie, naturalistische.
Den Gesamtaufbau des Genter Altars
^h.Pfindet Prof. Beenken als zwiespältig.
Während die Außenseite des Altars vollkom-
men ponderiert sei, vermöge bei der Innen-
eite die fünfteilige Lamm-Anbetung die
Mächtigen darüber stehenden Figuren nicht zu

tragen. Stilistisch wären die Außenseite als
em Werk des jüngeren Bruders Jan anzu-
sehen, ebenfalls die sieben oberen Glieder
der Innenseite. Die große Landschaft der
Lamm-Anbefung stimme dagegen mit Huberts
Malweise überein und scheine für sich allein
konzipiert. Das Figürliche dieses Teils da-
gegen sei uneinheitlich. Während die Hinter-
grund-Figuren dem malerischen Stil Huberts
entsprächen, seien die realistischen Vorder-
grundfiguren von demselben Meister wie die
anderen Großfiguren des Altars, von Jan.
Eine rein technische Besonderheit des
Genter Altars scheint die stilkritischen Beob-
achtungen Prof. Beenkens zu stüljen: das
Mittelbild der Lamm-Anbetung ist 10% cm
niedriger als seine vier Seitenteile; vermutlich,
weil bei der Zusammenfügung die Rahmung
verstärkt werden mußte. Diese Unstimmigkeit
scheint auch von der technischen Seite her
einen Einschnitt in der Herstellung des Altars
zu beweisen. Hubert könnte also bei seinem
vorzeitigen Tode nur die Lamm-Anbetungs-
landschaft mit den Hintergrundfiguren voll-
endet gehabt haben. Jan hätte dann diesen
Teil durch die Vordergrundfiguren bereichert
und den übrigen Altar völlig in seinem groß
empfundenen Stil vollendet.
Diese neue Lösung Prof. Beenkens wurde
lebhaft diskutiert und seine geistreichen und
kühnen Beobachtungen haben unzweifelhaft
einen bedeutenden Beitrag zu dem ebenso
schwierigen wie wichtigen Problem geliefert.
Dr. A. H.

Die italienische Gartenausstellung

_ Durch die soeben in Florenz eröffnete
partenaussfellung ist es zum erstenmal in der
^schichte möglich, an einem Ort ein großes
pnd nahezu vollkommenes Material über die
^schichte des europäischen Gartens und
J'amentlich des italienischen Gartens, der so
■"'Jeheuer einflußreich auf die Geschichte der
püfopäischen Gartenkultur war, zu überblicken.
.Je Italiener haben als große Kulturmanifesta-
!°n diese Ausstellung unter regster Mitarbeit
Regierung, des Königshauses und be-
an,ders des italienischen Kronprinzen veran-
Lltet; sie haben dabei den Gartenarchitekten
T'i' Welt zum erstenmal ein vollkommenes
P'ld von dem italienischen Garten mit allen
‘Ybischen Beispielen übermittelt.
>. Die Ausstellung ist durch den italienischen
oltusminisfer Giuliani eröffnet worden, —
Akademiker und Kunstkritiker Ugo
J'Ietti hatte die Hauptsorge und nunmehr
Geh das Hauptverdienst um diese große
^?hau, die ihr Zentrum in dem Palazzo della
j'Onoria hat. Die Ausstellung beginnt mit
späten 13. Jahrhundert; bedauerlicher-
weise sind ja von den arabischen Gärten
Juliens, phantastischen Verbindungen der
^rehitektur und der Gartenkunst, nur ganz
anige Stiche und Holzschnitte, durchweg
Ar auch Nachkonstruktionen, erhalten. Es
äre immerhin interessant, nachzuweisen, wie
'M die Araber auf die Bildung des ifalieni-
Tuen Gartens Einfluß genommen haben,
a ja der erste Anfang der mittel-
ü 'erlichen Gartenkunst gerade aus Sizilien
Campanien aus dem Reiche Friedrichs II.,
[Ls ersten Europäers, wie Nießsche den
.°henstaufenkaiser nannte, gekommen ist, und
],Orf war der volle arabische Einfluß froß der
''terbrechung in der Normannenzeit immer
.eh sehr stark. Sieht man von den Bei-
D'elen ab, welche die Ausstellung über den
"iiken und spätantiken Garten gibt, so be-
J.r,r't die eigentlich zusammenhängende Ent-
sJ^klungslinie mit den starren und symmetri-
f.y en Formen des Gartens im Trecento, in der
hUhzeit d,er Renaissance, und es scheint, als
l^be die Straffheit der Formen, die Unerbitt-
| h.heif in Harmonie und Symmetrie als der
i bische Charakter des italienischen Gartens
seiner gesamten Entwicklung sich als Aus-

druck der lateinischen Seele in ihrem Bedürf-
nis nach Geordnetheit, Gebundenheit in der
Form, Klärung und Bändigung der Natur schon
in den ersten Manifestationen ganz klar, ja
vielleicht am energischsten in der ganzen Ent-
wicklungszeit durchgeseßf.
Die Ausstellung mit ihrem reichen Material
an Stichen, Wandteppichen, Bildern und plasti-
schen Rekonstruktionsmodellen — nicht uner-
wähnt seien bei dieser Gelegenheit die Leih-
gaben an Stichen über die Villen des Hauses
Savoia aus dem Besiß des italienischen Kron-
prinzen — legt die Betonung auf das Cinque-
und Seicento, auf den Renaissancegarten in
der Blüte und Strenge seiner Entwicklung, den
Plaß der Novellenerzählungen und der hei-
teren Spiele, und den weiten Barockpark mit
seiner prächtigen ünd gelassenem Eleganz, be-
sonders schön in den römischen und campa-
nischen Villen, den Villen der Fürsten Sciarra
und der Corsini, der Könige Von Neapel und
der Caracciolo. Die Früh- und Hochbarock-
beispiele, in Stichen, Teppichen und Bildern,
schließlich in Rekonstruktionen wiederge-
geben, erweisen stets von neuem die Bändi-
gung der Natur in dem architektonischen, ge-
klärten spielerischen Gesamtrahmen, und erst
mit den Villen (Villen im italienischen Sinne
als große Parks) des späten 18., Jahrhunderts,
mit den Villen der Doria-Pamphili und der
Borghese bahnt sich eine ganz seltsame Ver-
quickung von italienischem Barockgarten und
englischem Park an, eine Verschmelzung der
beiden Gegensäße: Bändigung und Sichtung
der Natur mit dem Bestreben, ein künstliches
Gebilde als gewachsene Wildnis und Natur er-
scheinen zu lassen. Das schönste Beispiel ist
da vielleicht das Kunstwerk der Villa Pamphili.
Aber wenn man urteilen soll, so zeigt es sich,
daß auch dort schließlich der lateinische Sinn
triumphiert und aus den „Wildbeständen“
eines Pinienhaines eben doch eine architekto-
nische Masse wird, ein architektonischer Kör-
per freilich, der durch die Auflösung des lebten
Barocks schon hindurchgegangen ist und
nunmehr die Natur selbst als Baustein, aber
eben als Baustein nimmt.
Die Florentiner Ausstellung ist deswegen
von besonders großem Interesse, weil die
florentinische Aristokratie ihre sonst ver-

L.BERNHEIMER
Antike,
Gobelins Möbel
Stoffe Stickereien Samte
Frühe Teppiche
Ostasiatische Kunst
MÜNCHEN Lenbachplatz 3

schlossenen Villen geöffnet hat und den Aus-
stellungsbesuchern den Zugang zu sonst nur
mit Sondererlaubniskarten erreichbaren Gar-
ten- und Architektur-Schöpfungen ermöglicht.
G. R e i n b o t h (Rom)
--
Die Wohnung
unserer Zeit
Interview mit Mi-es Van der
„???“
„Es schien mir wichtig, neben Wohnungen,
die bei größter Zweckmäßigkeit möglichst
billig sind, auch solche zu zeigen, die über das

rein Zweckmäßige hinaus neue architektoni-
sche Ideen, neue formale und räumliche
Elemente vermitteln. Denn nur vom Besten
geht eine fruchtbare Wirkung aus. Das

Qualitätsniveau des Selbstverständlichen rückt
schon ganz von selbst nach.“
— „Sind nun die hier gezeigten Wohnungen
auch für den deutschen Durchschnitfsverdiener
erschwingbar?“
„Teurer als die Alfwohnungen sind sie nicht,
eher billiger. Natürlich bleiben sie für den
Armen, für den Arbeitslosen noch zu teuer.
Aber wir Architekten können doch nur die
billige, die billigste Wohnung schaffen, und cs
bleibt Aufgabe der Wirtschaffsführer, dem
Mann, der sie bewohnen soll, die Möglichkeit
an die Hand zu geben, sie zu bezahlen.“
— „Finden Sie nicht, daß einzelne der hier
gezeigten Lösungen die Zweckmäßigkeit auf
Kosten des formal Schönen zu weit treiben,
winzige Käfige farblos proportionieren und
mit recht matt erfundenen Möbeln füllen?
Bildet denn die Vergrößerung des umbauten
Raumes wirklich eine
wesentliche Verfeue-
rung?“
„Es handelt sich zu-
nächst darum, das
Minimum des für den
Menschen Notwendigen
zu finden. Denn wir
bauen für den Men-
schen, und von ihm aus
haben unsere Bemüh-
ungen allein ihren Aus-
gang zu nehmen. Ist
für das minimal Not-
wendige eine Norm ge-
funden, so kann man
weiter entwickeln.
Schönheit kostet nichts.
Das Profil eines Kör-
pers so oder so, schön
oder schlecht zu for-
men, bedeutet keine
Verfeuerung. Was die
Kleinräumigkeii der
Wohnungen anbelangt,
so stehen uns hier
hemmende und überall
in Deutschland ver-
schiedene Bestimmun-
gen der Bauverwaltung
im Wege. Brauchten
wir uns nicht an die
vorgeschriebene Zim-
merhöhe zu halten, so
könnten wir die Woh-
nungen mit größerem
Nußeffekt und in be-
friedigenden Propor-
tionen in die Breite
entwickeln.“
— „Was halten Sie
von den heute vielfach
unternommenen Be-
mühungen, bauliche
Probleme mit den
neuen Lebens- und
Gesellschaftsformen zu
verbinden, die sich in
einem politisch extre-
men Staat entwickeln?“
„Es scheint mir ein
Fehler vieler junger
Architekten, politische
Ideologie mit Baupro-
blemen zu verquicken.
Ich halte meine Schüler
dazu an, sich auf rein
architektonische Auf-
gaben zu beschränken,
die genug ungelöste
Fragen enthalten, ge-
nug intensive Arbeits-
kraft beanspruchen, als
daß diese durch zu-
nächst doch noch
außerhalb liegende Pro-
bleme abgelenkt werden dürfte. Selbst im
kommunistischen Rußland ist man sich bis
heute durchaus noch nicht darüber klar, welche
Wohnungsform der kommunistischen Idee so


Bartholomäus Bruyn, Szenen aus dem Leben Jesu
Scenes de la vie de Jesus-Christ — Scenes of the life of Christ
Collection Kommerzienrat Schwarz, Stuttgart
Versteigerung — Vente — Sale:
Math. Lempertz, Köln, io. u. ii. Juni 1931

MARGRAF&CO
GMBH
ANTIQUITÄTEN
JETZT:
BELLEVUESTR. 6
BERLIN W9-TELEFON LÖTZOW1148

^GRÜNDET 1806

GALERIE E.A. FLEISCHMANN

GEGRÜNDET 1806

MÜNCHEN * MAXIMILIANSTRASSE 1
 
Annotationen