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Deutsche Kunst- und Antiquitätenmesse [Hrsg.]
Die Weltkunst — 5.1931

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Nr. 27 (5. Juli)
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https://doi.org/10.11588/diglit.44978#0312
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2

DIE WELTKUNST

Jahrg. V, Nr. 27 vom 5. Juli 1931

An unsere Abonnenten!
Das II. Quartal 1931 lief mit
Nummer 26 ab. Wir bitten Sie, uns die
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1931 im Betrage von 4,50 RM (für
Deutschland) oder 5,50 RM (für das Aus-
land) bis zum 8. Juli 1931 einzusenden.
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Quartalsbetrag durch die Post nachnehmen
zu lassen.
Eine Zahlharte liegt dieser Nummer bei.
WELTKUNST-VERLAQ |

nur ein völlig Naiver nimmt an, daß die Praxis
der Zuschreibungen bei größeren Häusern, die
sich dieser Worte nicht bedienen, eine viel
gewissenhaftere wäre.
Höchst wichtig für die Preise, die man
hier anlegt, ist die Herkunft eines Gegen-
standes, sein „Pedigree“. Stammt etwas
aus einer alten, bekannten und mit Namen
genannten Familie oder von einem berühm-
ten Sammler, dann wird es alsbald mit dem
Mehrfachen dessen bewertet, was man für
denselben Gegenstand ungenannter Herkunft
bezahlen würde. Ist gar der Verdacht vor-
handen, daß der Besißer ein Händler sein
könnte, dann wird eine Sache auch troß ihrer
Qualität oft einen nur sehr geringen Preis
erzielen. Die Londoner Auktionshäuser sind
infolgedessen sehr bedacht darauf, die „Pro-
perty“ eines Gegenstandes genau anzugeben,
und in diesen Angaben kann man sich auch
unbedingt auf sie verlassen. Diese „Prove-
nienzmanie“ muß in England schon sehr alt
sein, denn man findet gelegentlich alte Zettel
auf Kunstgegenständen, die die Herkunft aus
einer schon vor 60 ja 100 Jahren versteiger-
ten Sammlung anzeigen.
An sich gibt es kein Verbot, Händler-
ware auf dem Aukfionswege zu verkaufen
— und warum auch? Die Versteigerung ist
auch nur ein anderer Weg des Verkaufs und
ganz und gar kein unreeller! Warum sollte
nicht ein Händler, dem es schlecht geht, sich
auf diese doch ganz einwandfreie Weise Geld
verschaffen dürfen? Handelt es sich dabei
um einen Nofverkauf oder ein „Ausmisten“,
so wird er bestimmt keinen „Vermögensvor-
teil“ erlangen, sondern eher verlieren. Ist es
ein kleiner Händler, der nur auf dem Ver-

Inhalt Nr. 27

Dr. Theodor Bauer:
Versteigerungswesen in London.1/3
Dr. Alfred Schubert:
Düsseldorfer Malerzwerge, Preyer-Gedächtnis-
Ausstellung (m. Abb.) ..2
Emil Szittya, Paris:
Gerhart von Haniel (m. Abb.).3
Ludwig F. Fuchs:
Das Historische Museum der Stadt München
(m. Abb.) . . . ...3
Auktions-V or berichte (m. 2 Abb.) . 4
Au k t. ions - Nachberichte .4
Ausstellung 's - Kalender .4
Auktion s - Kalen der .5
Preisberichte:
Sammlung Homberg — Bibliothek Ed. Rahir,
II. Teil .6
Kunst im Rundfunk.6
Literatur . . 6
English Supplement:
The Portrait of German Renaissance — Old
Venetian Masters at Munich — The Ex-
hibition of the burnt „Glaspalast“ — Auction
Sale Nemes in Munich.7
Nachrichten von überall .8
Unter Kollegen . . 8

Düsseldorfer Malerzwerge
P r e ,y er - G e d ä c h t n i s - A u s s t e 11 u n g
Von Dr. Alfred Schubert

Was die beiden Düsseldorfer Malerzwerge
nämlich die Brüder J o h. Willi. Preyer
(1803—18891 und G u s t a v. P r e y e r (1801 bis
1839) in jenem wichtigen Jahrzehnt deutscher
Romantik 1830/40 künstlerisch Wesentliches
schufen, das sind ihre von der damals auf-
kommenden Düsseldorfer Publikumskunst ab-
stechenden, aparten Stimmungslandschaften,
die man bisher kaum oder gar nicht kannte,
über 20 dieser formatlich zwar kleinen, dafür
aber um so liebevoller, um so delikater mit

deuten für ihre Zeit, die Romantik, so
etwas wie eine Vorahnung dessen, was in den
1860/70er 'Jahren die Landschafter in Düssel-
dorf und andernorts im Gegenständlichen wie
im Atmosphärischen kultivierten.
Nur leise und vorübergehend wird man an
gewisse, kleine Arbeiten der Münchener M. J.
Wagenbauer und Ferd. Kobell oder des
Dresdener C. G. Carus erinnert, denn die
Preyerschen Landschaften lassen sich nicht so
ohne weiteres klassifizieren. Sie sind stark


Joh. Wilh. Preyer, Oberlahnstein (1835)
Ausstellung — Exposition — Exhibition:
Düsseldorf, Historisches Museum

feinem Pinsel gemalten Landschaftsidyllen
eigenen Gepräges weist zur Zeit die „Preyer-
Gedächtnis-Ausstellung“ im Historischen
Museum der Stadt Düsseldorf auf.
Motive vom Mittel- und Niederrhein, aus der
Umgebung Münchens und aus Holland, die ein
geradezu sonntägliches Naturgefühl der Maler
offenbaren. Diese so wesensverwandten
Werke der Zwerge Preyer kann man nicht ab-
tun mit Schlagworten wie „naturalistisch“ oder
„streng sachlich“, denn sie atmen zeichnerisch
und koloristisch köstliche Naturnähe und be-

individuell und unabhängig von Stil und
Schule, von Lessingscher Romantik und
Schirmerschem Klassizismus bzw. Heroismus.
Die kleinen, kaum 1 m hohen, aber im
übrigen körperlich gut proportionierten, geistig
lebhaften, lustigen und freundlichen Maler
Preyer sah man überall gern; so kam es, daß
sie weit über Düsseldorf hinaus im Rheinland
Volkstümlichkeit besaßen. Mit Recht be-
wunderte man in Fachkreisen ihre Maltechnik,
— P. Hasenclever dankte den Preyers in dieser
Hinsicht viel—, indes ihre intimen Landschaften

unverstanden beiseite stehen mußten. Erst 10
unseren Tagen, viele Jahrzehnte nach den1
Tode der beiden Malerpoefen, sollten sie recht
eigentlich entdeckt werden und verdiente
Würdigung erfahren. So sind die Preyerschen
Landschaftsbilder nahezu 100 Jahre alt und
ihre kleinen Autoren zählen bald zu den
„alten Meistern“.
Als Gustav Preyer anno 1839 in München
plößlich und allzu früh einem Gehirnschlag er'
lag, gab der vereinsamte Joh. Wilh. Preyer die
reizvolle Landschafferei auf und1 wandte sich
nach mehreren italienischen Reisen (1840 und
1843) dem „Früchtestilleben“ zu. Hiermit hatte
er ganz erstaunlichen Erfolg, und so gilt er
längst als ein wichtiger Vertreter dieses Spe'
zialgebietes der Malerei in Deutschland 1111
19. Jahrhundert. Seine bis ins kleinste Detail
naturgetreu und elegant gemalten, ja um
einem Worte „vollendeten“ Werke: Tautropfen’
Obsthauch, fliegender Fruchtsaft, Insekten,
wanderten für hohe Preise (bis 211
1800 Thalern) zu einem guten Teil nach
Amerika; andere gelangten in Museen, z. B. >n
die Nationalgalerie Berlin (sechs Gemälde de1
1830er Jahre), die Neue Pinakothek München,
in die Kunstmuseen zu Düsseldorf, Leipzig»
Königsberg, New York (Metropolitan-Museum^
Der immens fleißige Joh. Wilh. Preyer malte
fast bis an sein Ende. Er überlebte seinen
Bruder Gustav um 50 Jahre und starb 1889 i111
87. Lebensjahre in Düsseldorf. Mit ihm, den1
Schüler des P. Cornelius und W. von Schado*,
ging der sicherlich beste Maltechniker del
Düsseldorfer Schule dahin.
Seine einzige Tochter, Emilie Preyef
(1849—1930), trat als Stillebenmalerin (Früchte
und Blumen) mit sorgfältig durchgearbeiteten
Gemälden in des Vaters Fußtapfen. — Se>h
einziger Sohn, Paul Preyer, geboren Iß1*'
und heute hochbetagt in Düsseldorf lebend,
war zunächst einer der typischen Genremalef
unter Prof. Wilh. Sohns Einfluß, wurde später
aber ein tüchtiger und gesuchter Gemälde'
restaurafor. übrigens sind die Kinder PaU
und Emilie von normaler Statur.
Die Düsseldorfer Ausstellung mußte bei der
Fülle des Materials und mangels genügende11
Raums hie und da etwas „massiert“ werden,
was Vor- wie Nachteile mit sich bringt.
200 Gemälde und Ölstudien, an 300 Hand'
Zeichnungen und Aquarelle, vieles davon über'
raschend qualitätvoll, sowie ein umfangreiche5
archivalisches Material: Skizzenbücher, Ur'
künden, Briefe, Porträts, Photos, Reisepässe,
Kunstliteratur usw., und dann das aus zier'
lichem Mobiliar zusammengesfellte, fraulich
Atelier des Zwerges J. W. Preyer, das söge'
nannte „Preyer-Zimmer“, geben ein intim
gerundetes Bild vom Leben und Wirken de
Düsseldorfer Malerzwerge und deren Nach'
kommen. Eine solch pietätvolle Gedächtn1^
Schau hat die alte Düsseldorfer Künstler'
familie Preyer redlich verdient. Der BesU^
der Ausstellung ist denn auch erfreulicher
weise ein sehr starker.

steigerungswege einen guten Gegenstand für
einen gerechten Preis verwerten kann —
warum, soll ihm das verwehrt sein? Hier in
London gibt es eine ganze Anzahl Leute, die,
weil sie keinen Kontakt mit den großen
Sammlern besißen, den Auktionsweg zu Hilfe
nehmen, um ihre auf Grund ihrer Kenntnisse
gemachten Erwerbungen an den Mann zu
bringen; sie leben anständig davon und be-
leben mit ihren Käufen den Handel, und in
London gibt es keine kurzsichtigen Behörden,
die ihnen durch Verbote einen Maulkorb vor-
binden wollen, zumal man sehr wohl weiß,
daß die Grenzen zwischen Sammlern und
Händlern oft sehr schwer zu ziehen sind. Nur
Polizeiwillkür kann sich anmaßen, diese Gren-
zen von Fall zu Fall bestimmen zu wollen!
Es gibt übrigens in London Auktions-
häuser, von denen allgemein bekannt ist, daß
der größte Teil ihrer Ware von Händlern zu
stammen pflegt; aber kein Mensch regt sich

darüber auf, man rechnet eben mit dieser
Tatsache und weiß, daß man ja auch dort
Funde machen und besonders billig kaufen
kann, und man hat zudem Gelegenheit, Miß-
käufe schnell, wenn auch zumeist mit Verlust,
wieder abzustoßen. Auch diese Auktions-
häuser aber haben ihren guten Absaß, und
niemand braucht bei ihnen einen Schaden zu
haben, den er nicht auch von anderen Häusern
haben könnte.
Die Auktionskataloge sind in Lon-
don von einer nachahmenswerten Schlicht-
heit. Die Prachtwerke, mit denen sich die
Versteigerungsfirmen in Deutschland in immer
steigendem Maße zu überbieten suchen und
mit denen man neuerdings manchmal die
Minderwertigkeit einer Sammlung überdecken
möchte, kommen in London so gut wie gar
nicht vor. Höchst selten hat ein Katalog mehr
als Quartformat, und wenn darin bescheidene
Abbildungen auf dünnem Papier sind, so ist

das bereits eine besondere Ausnahme. Ms^
muß sich klar machen, wieviel Unkosten Z11
gunsten der Verkäufer dadurch erspar
bleiben!
Ebenso einfach wie die Kataloge sind au
die Versteigerungsräume: Ke1’1
Marmorverkleidung und Bronzeverzierung^’J
keinerlei kalte Pracht lenkt von der Betracß
fung der Kunstwerke ab — und doch sind
erzielten Preise oft so erstaunlich hoch!
in London braucht man den Käufer nicht z
blenden, und es ist gewiß interessant, 51 x
die Frage nach den Gründen dieses Unter
schieds zwischen London und Berlin vor?1^
legen: Liegt es daran, daß der Engländer s°
viel traditioneller ist, als der Bewohner
allzuschnell emporgekommenen Berlin'
Kommt vielleicht noch hinzu, daß die aÜa
Vermögen in London nicht in dem Umfang *
die Hände von „Neureichen“ hinübergeweo’
seit haben, und daß die englischen „Nl,cl

DemoTTe
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TAPISSERIES- IVO i RES
EMAUX- MEUBLES
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