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DIE WELTKUNST

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^-■elien“, weil sie eben in der Minderzahl
ren> sich dem Geschmack und der Tradition
Jed a^en ^am'**en besser anpassen mußten?
Uriten^a^s sc^le*n^ hier in London das in Berlin
er der Kennzeichnung „Kurfürstendamm"
? i Wohlbekannte Publikum nicht den Ton an-
sf 9eben> und deshalb braucht auch eine Ver-
I eigerungsfirma in London, die empor-
■ ’himen will, nicht mit prunkvollen Räumen
di v°rnehmer Wohngegend aufzuwarten, wo-
Win ebenfalls erheblich an Kosten gespart
s r<b Freilich sind die Mieten in London be-
seir^ers b°cb, aber die alten Firmen sind eben
M t Hausbesißer und können sich so die
j 'e'en beliebig anrechnen. Wie bescheiden,
b-. beinahe betont ungepflegt, muten die
lj?ume der berühmten Firma Christie an:
st'n ”Pabna“ des Aufgangs und der Aus-
^uilungssäle, die altfränkische Einfachheit der
-,lros und die Primitivität der Lagerräume
Uerrascht immer aufs neue.
I,.. Hinzu kommt, daß die Londoner Auktions-
rn?LSer, namentlich die großen Firmen, viel
etu r Vers*eigerungen abhalten können als
s WQ die deutschen Firmen, da der Markt ein
> .unendlich viel größerer ist. So können sie
J-1 größerem Umsaß und geringeren Unkosten
, eh nut wesentlich kleinerem Verdienst aus-
I mmen. Nie wird in London der in Berlin
auch erst nach dem Krieg aufgekommene
3('SV1 lag von 10 ja 15 % erhoben, — eine
ndertaxe, die im Grunde ja auch nur dem
n-S15er der Gegenstände -zur Last fällt, da
. urgemäß jeder Käufer sich den Zuschlag
|j. . einrechnen und entsprechend niedriger
t-, ten muß- Die Verkaufs- und die Rück-
1?i' 1 0 v* s ' ° n übersteigt in London nie
iel r ™ bzw- 5 % und wird bei größeren Ob-
'*en entsprechend ermäßigt.
(t,n^iocü ein Wort sei hier über die „Kippe“
bt t ”r‘ng 1 gesagt. Sie ist in England ver-
. Uen und sogar mit Gefängnisstrafe bedroht,
qn>er die englische Polizei, die ja auch noch
dere, wichtigere Aufgaben hat, scheint ein-
sehen zu haben, daß es gegen diese be-
kanntlich internationale Gepflogenheit kein
’dgültiges Heilmittel gibt; sie läßt also —
jy*1?2 entsprechend der überall (auch in der
.Mitik!) angewandten englischen Praxis —
Angelegenheit auf sich beruhen. Sie ist
*üg genug, nicht „aufdecken“ zu wollen, und
J*hmt den Kampf dagegen eben wegen der
Ussichtslosigkeif des Endergebnisses gar
n'eht erst auf.
. Charakteristisch für den Londoner Markt
Jhd eine Reihe von oft schon lange besfehen-
sehr fest zusammenhaltenden Inter-
entengr up p en , die für besondere
^.Urenarten spezialisiert sind, etwa für Ge-
Ad,de, Silber, Kunstgewerbe, Teppiche usw.
k^Uch völkische Momente spielen manchmal
s!|Je gewisse Rolle, wie z. B. die in London
?eur zahlreichen holländischen Händler oft
Nicht leicht dürften auf einem Kunstmarkt
Je verschiedenen „Warengattungen“ gleich
^r°ßen Schwankungen ausgeseßt sein
y’e gerade in London, und nirgends ist der
, er91eich mit den Schwankungen der Börsen-
I eHe näherliegend. Es hängt das wohl in
j°bem Maße mit dem Umstande zusammen,
y96 London der Haupteinkaufsplaß für die
. ''reinigten Staaten ist, wo auf dem Kunsi-
9rkf die Intensität der Kauflust aufs stärkste
dem Stande der Börse beeinflußt
( lrd. Hinzu kommen die in London wie drüben
trassierenden Sammlermoden, die oft für
jMes Fallen oder hohes Steigen bestimm-
u.r Dinge verantwortlich sind. Der Londoner
.Nndler reagiert sehr stark auf solche Än-
i CfUngen und zahlt ebenso willig hohe Preise
1,^‘rn Steigen, wie er sich vorsichtig zurück-
J*« beim Fallen einer Warengatfung. Da er
c ’er gleichzeitig Spekulant ist, wird er, wenn
J kann, eine Unterbewertungsperiode gern
r’N billigen Einkauf im Hinblick auf einen er-
g J'ffen späteren Aufschwung benußen. Um-
j "kehrt muß er immer damit rechnen, daß er
ßj. Augenblick stark gesuchte Gegenstände
ßN nicht rechtzeitigem Wiederverkauf zu teuer
c?ahlt hat.
ß kür den, der auf dem Kontinent geschäßte
gUnstgegenstände erwerben will, bestehen
Möglichkeiten in London, besonders des-
is?D, weil der Markt ein so unendlich großer
J; daß man selbst bei vorsichtigem Kauf und
verhältnismäßig bescheidenen Mitteln fast
tr Ns etwas finden wird, das die Reise bezahlt
vQcht. Nur ist es ratsam, nicht zu kurze Zeit
y bleiben, da man sonst leicht in den Fehler
t. ’fällf, zu hastig einzukaufen. Auch muß
sich mit den dortigen Händlern gut
Jollen, denn wenn sie merken, daß man für
Stimmte Dinge besonders interessiert ist, so
b; N man sich der Gefahr aus, daß man im
/eise hochgetrieben wird. Man tut also gut,
nebenbei bei den Händlern, die ent-
tJ/echende Ware führen, sich bekannt zu
x,chen und auch gelegentlich bei ihnen ein-
häufen.
§ ,Unersehüftert hoch oder nur geringen
^k l'Vankungen ausgeseßt blieb bis vor kur-
ß’N alles, was Spitzenleistungen der
(| “'M darstellt, und alles, was englischen
S (sPrüngs ist oder dem englischen Ge-
Sq|P ui a c k entspricht. Der englische Ge-
ejjNack ist imponierend’ einseitig und von
L,/'r seit langer Zeit sich gleichbleibenden
qß rudlinigkeit. Dieser gleiche Geschmack
V/1 .wird in immer steigendem Maße in den
H^'Nuigfen Staaten von Nordamerika
t|N'egf. Beide Länder konkurrieren so im
r.b der gleichen Dinge: England voll Stolz.
V() die eigene Kunst und von jeher beherrscht
>i, , dem Ehrgeiz, Werke berühmter Künstler
Ijy besißen, — Amerika von dem fast instink-
V(.rn Trieb erfüllt, mit Hilfe seiner großen
k|i]l ögen seinem Milieu den Firnis alter
uJNr zu verleihen. Nur durch diese außer-
ip Entliehe Konstellation ist es möglich, daß
he()den leßten Jahren der Markt immer aufs
e überrascht wurde von phantastisch an-

mutenden Preisen etwa für einen Holbein oder
einen Gainsborough, für einen Saß „Cries of
London“, für schöne Chippendale-Möbel
oder ein Stück frühes englisches Silber. Ein
stärkerer Preisabsiieg all dieser Dinge wäre
nur möglich, wenn die wirtschaftliche Krise in
England selbst oder in den Vereinigten
Staaten sich noch verstärken sollte. Eine

solche Krise hat drüben schon einmal gedroht,
und sie war alsbald in London heftig fühl-
bar, ja ihre Folgen kommen eigentlich erst
jeßi zum Vorschein, und es ist nicht abzu-
sehen, ob die bisher noch einigermaßen sich
haltenden Preise für die „englische Ware“ in
der nächsten Zeit nicht stärker abgleilen
werden. Dr. Th. Bauer

Gerhart von Haniel

Von Emil Sziitya, Paris

Es hat in den leßten fünfzig Jahren keinen I Franzosen, vielleicht durch eigene Schuld, nie
deutschen Maler mit Namen gegeben, der sich erfahren, weil sie bis vor einigen Jahren nur
nicht mit den Tendenzen der französischen I selten deutsche Malerei zu Gesicht bekamen.


Gerhart von Haniel, Pont royal II.

Malerei auseinandergeseßt und sich über sie
klar zu werden versucht hätte. Was dieses
Sich-klar-werden für die Entwicklung der
deutschen Malerei bedeutete, konnten die

Durch gegenseitige Negligeance entstand in
französischen Kunstkreisen die falsche
Meinung, daß die Deutschen nicht kunst-
schöpferisch, sondern nur Propagandisten

französischer Kunst seien. Es muß als ein er-
freuliches Symptom angesehen werden, daß
in den leßten Jahren die deutschen Maler nicht
mehr nur zum Lernen nach Paris kommen,
sondern auch selbstbewußt den Versuch
machen, den Parisern ihre schöpferische Arbeit
zu zeigen. Unter den in Paris ausstellenden
Künstlern befindet sich jeßt auch der Name
Gerhart von Haniel.
Wenn man die Bilder von Haniel kritisch
analysiert, dann gelangt man zu dem Er-
gebnis, daß es bei ihm keine Sturm- und
Drangprodukte gibt; das malerisch Schöpferi-
sche ist bei ihm nur eine schrittweise er-
arbeitete Erkenntnis. Wir können zwar hier
registrieren, daß seine künstlerische Laufbahn
in München begann, aber die Vorkriegs-
atmosphäre der Münchner Malerei hat in
seinen Arbeiten keine Spuren hinterlassen.
Haniel studierte kurze Zeit in Berlin bei
Corinth, aber wenn er auch von der Wuchtig-
keit dieses Malers überzeugt war, so suchte
sein erkenntnishaft abwägendes Tempera-
ment doch eine ruhigere Anschaulichkeit.
Haniel malte auch in Italien. Die Land-
schaften, die er von dort mitbrachte, sind sehr
interessant, aber auch sie konnten keine Basis
für seine Malerei werden. Die Motive für sein
künstlerisches Schauen liegen in Frank-
reich, wohin er seif Jahren immer wieder-
kehrt und dem er seine besten Arbeiten zu
verdanken hat. Seine Bilder zeigen, daß er
auf der Linie zwischen Cezanne und Derain
steht, die ihm das Meiste zu seiner
malerischen Entwicklung gaben.
Man kann über Haniels Landschaften
(Abbildung nebenstehend) nicht viele Worte
zusammendichten, sondern nur klare Fest-
stellungen — seine Malereien selbst sind
solche — registrieren. Haniel rechnet nur mit
einer konkreten malerischen Substanz. Es gibt
nichts in seinen Bildern, das von einer Neben-
bedeutung wäre, alles ist, wie bei den Fran-
zosen, mit Intensität durchgeformt, wenn auch
die Formgebung wie bei der nachcezannischen
Schule auf gelockert ist. Haniels Landschaften
haben immer einen klaren selbstverständlichen
Aufbau und eine geschmackvolle Abgewogen-
heit der lichtreichen Farben. Er versucht die
Großflächigkeit dadurch zu bereichern, daß er
die Flächen strukfiv gegeneinander durch-
arbeitet und sie auf diese Weise zu einem
Einheitsbild gestaltet.
In Frankreich freut man sich über diese
Bilder, weil man in ihnen eine stille Mitarbeit
an der großen malerischen Entwicklung er-
kennt.

Das Historische Museum der Stadt München

Gelegentlich der Neueröffnung haben wir
bereits über das Münchener Stadtmuseum be-
richtet. Um dieser nach Inhalt und Anord-
nung gleich wundervollen Sammlung gerecht
zu werden, wollen wir unsere Ausführungen
von früher etwas ergänzen und einige Ab-
bildungen dazu bringen.
Unvergleichlich ist der äußere Rahmen: das
gotische, ehemalige Stadfzeughaus am
Jakobsplaß im ältesten Teile Münchens, des
bürgerlichen Münchens, dem das Museum ge-
widmet ist im Gegensaß zu den prunkvolleren
Sammlungen des herzoglichen, kurfürstlichen,
königlichen und kirchlichen München im
National- und Residenzmuseum. Dieser
schöne Bau’ beherbergte bereits seit Jahr-
zehnten die Maillingersammhmg, eine umfang-

Eine ganze Flucht von Zimmern ist der
bürgerlichen Wohnkultur des 18. und
19. Jahrhunderts gewidmet. Ein ungemein
farbiges Bild bietet die Kostümsamm-
lung in einer einzigen langen,, effektvoll be-
leuchteten Vitrine. Einen wesentlichen Teil
der Gewänder hat Frau von Kaulbach ge-
stiftet.
Einige bemerkenswerte Einzelheiten aus
der großen Fülle seien noch erwähnt: die voll-
ständige Sammlung der Sfadtsiegel bis zum
ursprünglichen Mönchskopf, aus dem das
Münchener Kindl hervorging, das miniaturen-
geschmückte Münchener Stadtrechtsbuch aus
dem 14. Jahrhundert, Reste des alten Rats-
silbers, die berühmte Münchener Schüßenkette,
die an Alter und Kunstwert ihresgleichen nicht

Autochthone des vorigen Jahrhunderts hat sie
so treffend beschrieben, daß wir seine Worte
hierherseßen wollen.
„Da hüpft zur Introduktion ein Jüngling mit
langiwallenden Locken sicheren Sprunges
siegesbewußt herein. Ungelenk, aber leiden-
schaftlich stampft neben ihm ein Ungar seinen
Tanz, das Haupt mit einer Art Turban um-
wickelt; anderen mag er häßlich erscheinen,
sich selbst aber — das sagt uns sein Blick —
gefällt er. Mit Feuer sind sie alle bei der
Sache, besonders aber auch jener, dessen
phantastischen Kopfpuß eine Schlange ziert
und der uns mit rollenden Augen und zu-
greifenden Händen entgegenspringt. Zu einem
starken, wirbelartigen Dreher holt der Mann
mit der schellenbeseßten Müße aus, während

Gotische Helme, Harnische, Standarten : Erasmus Grassers Maruskatänzer (1480), Glocken
HistorischesMuseumder Stadt München


reiche Kollektion auf München bezüglicher
graphischer Blätter, und den Grundstock des
Sfadimuseums. Um die in den leßten Jahren
vervielfachten Sammlungen aufnehmen zu
können, waren Erweiterungen notwendig,
deren erste, von Geheimrat Grassel in ver-
ständnisvollster Weise dem alten Charakter
angeglichen, nunmehr ferfiggestellt ist. Damit
war genügend Raum gewonnen, um die
Sammlungen der Allgemeinheit zugänglich
machen zu können. Ein zweiter Erweiterungs-
bau (Oberbaurat Leitensdorfer) geht der Voll-
endung entgegen.
Das gewaltige Gewölbe des Erdgeschoß-
saales, selbst ein Museumsstück von Rang,
hat die Rüstungen (Abbildung oben)
aufgenommen. Ein Saal ist der Baugeschichte
der Stadt gewidmet. Dort steht auch die in
doppelter Größe ausgeführfe Kopie des be-
rühmten Sandfnerschen Stadtmodells aus dem
Jahre 1572 im Bayerischen Nationalmuseum.

hat. Eigene Räume haben: Bürgermiliz, Markt-
wesen, natürlich das Oktoberfest u. v. a.
Einen Glanzpunkt des Museums bilden
die zehn Maruskatänzer, die Erasmus
Grasser 1480 schnißte (Abb. oben), wofür ihm
die Stadtkämmerei 150 Pfund und 45 Pfennige
auszahlte. Ursprünglich waren es 16 Figuren,
sechs davon sind leider verlorengegangen.
Phil. M. Halm, der Generaldirektor des
B. Nationalmuseums, hat diesen Gruppen
mehrere Abhandlungen gewidmet und festge-
stellt, daß sie ihren Namen von einem Tanze
maurischen Ursprungs, dem Moreska, führen,
der sich in dieser Zeit besonderer Beliebtheit
erfreute. Sie schmückten früher das Gesims
des städtischen Tanzhauses, des heutigen
alten Rathaussaales: kein mittelalterliches
Werk der Plastik kommt ihnen an Humor und
bizarrer Laune auch nur annähernd gleich und
wenige erreichen sie in künstlerischer Hin-
sicht: man vergleiche nur die gezierten Be-
wegungen der ausdrucksvollen Händel Ein

jener mit dem Federbusch im Kopftuch durch
sentimentale Grazie bezaubert; langsames
Dehnen gibt ihm günstige Gelegenheit, die
schlanke Schönheit seiner Taille zur Geltung
zu bringen, während sein häßliches, derbes
Gesicht im komischen Kontrast zu seinem ge-
zierten Wesen steht. Ein anderer schließlich,
der einem fidelen Schneiderlein gar ähnlich
sieht, hüpft fröhlich herum, ist er es doch, der
des Tanzes höchsten Wiß erfaßt hat. Nicht
in holder Anmut wiegen sich Grassers Tänzer,
sondern im ausgelassensten Jubel voll
Schnurren und Fröhlichkeit jagen sie durch
den Saal.“
Um die Neuschöpfung des Museums hat
sich der Direktor der städtischen Sammlungen,
Dr. E. Hanfstängl, große Verdienste er-
worben. Ihm zur Seite stand der Ober-
inspektor Schüssel. Nach Vollendung des
zweiten Erweiterungsbaues wird noch ein
mehreres über das Museum zu sagen sein.
L. F. F.
 
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