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JULI 1931

V. JAHRGANG, Nr. 28

D I E

JNST

LMONDEfcARß

ART»/rflfWORLD

ILLUSTRIERTE WOCHENSCHRIFT

])As INTERNATIONALE ZENTRALORGAN FÜR KUNST / BUCH / ALLE SAMMELGEBIETE UND IHREN MARKT

Bisheriger Titel:

WERTHEIM : DAS BIBLOGRAPHIKON
-- - - loinxiaer str. Alte Graphik Seltene Bücher Moderne Kunst

die das Vereinzelte

in

ALTE MEISTER

NEW-YORK

bedingungen der noch nicht Arrivierten
Paris und Deutschland, so ist das Positive
durchaus zugunsten der Pariser Art zu
buchen. Hier wartet man nicht, bis das Talent

GALLERY
INC.

Berlin W9, leipx'9er str(

seinen ersten Anfang überwunden und die
ersten Rennen erfolgreich gemacht hat, son-
dern man interessiert sich von kunst-
händlerischer Seite von früh an, sobald die
Aufmerksamkeit rege wird, am Werdegang
der Jugend, die am meisten zu versprechen
scheint, und unterstütz sie durch verständige
Kontrakte, bis die Aufmerksamkeit einiger
Sammler und Kenner sich in allgemeinere An-
erkennung gewandelt hat. Dann rentiert sich
aber auch die „Saat auf Ernte“. Man kann
nicht umhin, die Frage aufzuwerfen, ob der
deutsche moderne Kunsthändler nicht die
gleichen Bahnen einschlagen sollte, auf denen
seine Pariser Kollegen cs so weit gebracht
haben. Diese Frage stellen, heißt sie bejahen.
Würde die gleiche geduldige und stabile Per-
sonal-Politik des Managers hinter dem deut-
schen Künstler stehen, wie in Paris, so wären
die Lasten seines Daseins wesentlich leichter,
— und nicht nur zu seinem Vorteil, sondern
auch zu dem des Kunsthändlers. So wie die
Dinge jeßt in Deutschland liegen, muß der
Künstler zumeist sein eigener Kunsthändler
sein. Dabei muß meist entweder die künst-
lerische oder die kommerzielle Begabung
leiden oder zugrunde gehen, — ein typi-
sches Beispiel für den ersten Fall ist die
Affäre Heckendorf.
Aber freilich auch wenn hier eine bessere
und in weife Zukunft blickende Umformung
des Verhältnisses von Künstler und Kunst-
händler Plaß griffe, so würde selbst bei
günstiger Lösung dieser Frage das innerliche
Zentralproblem nicht beantwortet sein, das
sich ebenso oberhalb des Begriffs „Publikum“
wie oberhalb der „Gesellschaft“ erhebt, — die
Frage nach der Berechtigung der Kunstübung
überhaupt.
Es ist wohl selbstverständlich, daß nur
jene Kunst auf Dauer rechnen kann, die all-
gemein menschliche Probleme und die
W e rtSetzungen, mit denen sie ihre pro-
visorische Erledigung gefunden haben, ver-
körpert. Der Widerhall rein persönlicher
Konflikte und Bewußtseinslagen mag noch so
interessant und in Verbindung mit realen Be-
gebenheiten, von denen man weiß, noch so
sensationell wirken, die eigentliche Durch-
schlagskraft kann man nur erwarten, wo das
Uberpersönliche mitspricht. Die Verankerung
in einer Weltanschauung, die bei aller Aner-
kennung von problematischen Fragen gerade
ihre Formulierung dadurch ermöglicht, daß sie
jeweilige Bindungen und Entscheidungen für
gültig erklärt, ist auch für die Kunst von
eminenter Bedeutung. Will man sich nicht auf
mediale Bilderschrift aus reiner Selbstbe-
schauung beschränken, so ist das Pathos einer
überpersönlichen Geistigkeit, die zugleich als
Ethos sich auswirkt, unentbehrlich. Mag es
sich um politische oder religiöse Ausprägun-
gen handeln oder um profane Themata, das
Wesentliche ist der Bezug auf ein Allgemeines,
das als bewegendes und normatives Prinzip
gilt. Das rein Private ist der Gegensatz zu
allem wirklich Großen.
Hier ist der eigentliche Stein des An-
stoßes in der Rennbahn der Kunstübung unse-
rer Zeit: er liegt in dem Mangel eines mensch-
lichen Ideals von allgemein verpflichtender
Geltung.
Man mag hier verschiedene Ausflüchte aus
dieser Notlage suchen und versuchen: treu-


Man abonniert beim Verlag, bei der Post oder bei den Buchhändlern.
Einzel-Nummer 50 Pfennig. Quartal für Deutschland inklusive Postzustellung
Mark 4,50: Lieferung durch den Verlag im Umschlag Mark 5,50; für das
Ausland (nur im Umschlag) Mark 5,50; oder: Oesterreich ö. S. 9; Tschecho-
slowakei Kc 45; Frankreich und Belgien fr. Frs. 35; Holland hfl. 3,25: Eng-
land £ /5/6; Schweiz und die nicht angeführten Länder sfrs. 7; Übersee $ 1,50


Redaktion, Verlag und Lesesaal:
Berlin W62, Kurfürstenstr. 76-77 • Tel. B 5 Barbarossa 7228
Herausgeber Dr. J. I. von Saxe

Tradition getreten. Hier ergibt sich eine
Atmosphäre, in welcher das Element völliger
Unberechenbarkeit, wie sie das deutsche
Publikum kennzeichnet, wenn auch nicht aus-
geschieden, so doch sehr gemildert ist. Die
ungleich größere Stabilität der „Gesellschaft“
in Frankreich bedeutet hier sicherlich eine
Förderung der Reifungsmöglichkeiten für die
französischem Künstler, wie wir sie in Deutsch-
land allgemach schmerzlich entbehren.
Das Element der Unsicherheit, das gleich-
wohl auch für die französischen Künstler be-
steht, die produktiv in neuschöpferischem
Geiste arbeiten, wird in Paris überdies noch
durch einen weitschauenden Kunsthandel
gemildert. Vergleicht man Existenz-

Öer Künstler
In unserer zeit

Henry Raeburn, Porträt Mrs. John. Philipps of Stobcross
72 : 62 cm —. Collection Henry Hirsch — Kat.-Nr. r6
Versteigerung — Vente — Sale: Christie, Manson & Woods, London, 12. Juni 1931
Brachte — adjugc — sold: £ 1570

Käufe er rechnet oder doch zu hoffen ge-
zwungen ist?
Eben daß es sich um ein Publikum ganz
im allgemeinen handelt, macht die Situation
des deutschen Künstlers gefahrvoll. Denn
„Publikum“ bedeutet den großen Unbekannten,
eine anonyme Größe. Und diese „Größe“ hat
bei dem deutschen Publikum den Charakter
der Unberechenbarkeit und der Launen-
haftigkeit.
Es braucht kaum die Versicherung, daß es
nicht immer so gewesen sei und daß es in
anderen Ländern auch heute noch anders sei,
noch, besonders begründet zu werden. Die
Zeiten der Kirchen und Dynastien als Auftrag-
geber sind auch sonst fast überall, leider, end-

gültigdahin. Aber bei anderen Völkern ist an ihre
Stelle die mehr oder minder fest gefügte „G e-
Seilschaft“ im Sinne von führenden und. in
sich geschlossenen Kreisen mit gesicherter

^r],C^int jeden Sonntagim Wei t k u n s t - Ve r 1 a g, G. m. b. H.,
Kurfürstenstr. 76-77. Telegramm-Adresse: «Weltkunst Berlin».
wt0’ Deutsche Bauk u- Disconto - Gesellschaft, Depositen - Kasse M,
V, Kurfürstenstr. 115. Postscheckkonti: Berlin 1180 54; Den
5512; PariS 118732 ; Pra8 592 83; Wien 114783; Zürich 8159
SER BÜRO: 5, rue Camhon, Paris Ier, Telephone: Louvre 4444

Drummer
55, East 57,h Street

d In dien Spalten der „Welfkunst“ ist zu wie-
•holten Malen von der Krise die Rede ge-
bepn, in der sich die Kunst der Gegenwart
duldet. Es sind vielerlei Gründe aufgeführt,
^|S denen die kritische Lage der Künstler her-
Kj e"ten wäre. Überwiegend sind es äußere
bk ^enfe., die zur Sprache kamen: Photogra-
und Film und Kunstkritik . . Sicherlich
e>en al3e ^*'ese Dinge eine mehr oder
(jonder wichtige Rolle. Aber es fragt sich
tt,ob ihnen allein soviel Gewicht beizu-
f|jj s'Sen ist, daß der Endeffekt all dieser Ein-
b(<.S'e wirklich die radikale Durchschlagskraft
lVjrSaße und jene Wirkung ergeben könnte, die
elri rund um uns her sehen und die nahe an
l<T allgemeine Katastrophe für die bildende
zu streifen scheint. Sicherlich hat der
! Heckendorf in manchen Betrachtungen eine
(üsWeitung erfahren, die das Vereinzelte
ttj ?er Angelegenheit allzu sehr als allge-
sjJhes Symptom bewertet. Aber diese Clber-
jüjöerung ist doch nur erfolgt, weil man in-
die unendlich prekäre Lage der zeif-
^■Ossischen Künstler fühlt und überall An-
Ichen eines Zusammenbruches wittert, den
tii ? Voraussicht. Und so ist es gewiß
deplaciert, gerade angesichts dieses
^Walles die problematische Stellung der
x pSlMer in dieser unserer Zeit zu überlegen.
S^' annulieren wir nun einige Thesen, so ge-
liTeht das zunächst und vor allem in äußer-
bttler Hinsicht in Bezug auf die uns ver-
Ijjrteste Gruppe der bildenden Künstler, näm-
tirll(j Quf die deutsche, — bei den Romanen
Angelsachsen ist die Lage in mancherlei
ji^hung eine andere.
w. schärfste Reibung des Künstlers mit
„L Wirklichkeit der Umwelt ist mit dem Wort
«Umsatz“ bezeichnet. Hier beginnen und
zugleich die Haupfschwierigkeifen der
ti^Herexistenz. Sicherlich gibt es gewisser-
asketische Naturen, die diesem
n em': w'e bringe ich meine Bilder an den
grundhäßlich gleichgültig gegenüber-
JiiTeh. Aber auch die genügsamsten sind
ohne Optimismus für die Zukunft Vor
^3em traf ich einen Maler aus jenen Grup-
an ihrem immerhin geseßten. Alter
Jof 3r°fe als „Die Jungen“ zu bezeichnen ge-
xIh1*3 isb „Seit zehn Jahren habe ich kein
■V. Verkauft“, sagte er nicht ohne einige
Üi/gnafion, die sich aber alsbald in Sieges-
^ ersicht verwandelte, als er fortfuhr: „Aber
T,1 Wind mich noch eines Tages kaufen!!“
jT. mag dies Vertrauen noch so sehr er-
'-tJlclr finden und den Künstler aus persön-
und sachlichen Gründen in. seinem
en an einie bessere Zukunft zu be-
Vir.K,en geneigt sein. Sobald man sich die
T^Hchkeit vor Augen hält, fällt man, als
W/*1« teilender, nur zu leicht einem tief—
ilüq/ltI.en Pessimismus zur Beute. Denn man
W, Sl<11 doch sogleich: wie ist das Publikum
^^affenkHi^da^^arteitef^n^^u^essen
I l|V|pRESSIONISTEN G



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