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Deutsche Kunst- und Antiquitätenmesse [Hrsg.]
Die Weltkunst — 5.1931

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Nr. 21 (24. Mai)
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https://doi.org/10.11588/diglit.44978#0247
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2< MAI 1931

V. JAHRGANG, Nr. 21

D I E


ART»/*WORLD ILLUSTRIERTE WOCHENSCHRIFT

NST
LMONDE^AKTS

ÖAS INTERNATIONALE ZENTRALORGAN FÜR KUNST / BUCH / ALLE SAMMELGEBIETE UND IHREN MARKT

^scheint jeden Sonntag im Weltkunst-Verlag, G. m. b. H.,
etlin W62, Kurfürstenstr. 76-77. Telegramm-Adresse: «Weltkunst Berlin».
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Berlin W62, Kurfürstenstr. 76-77 • Tel. B 5 Barbarossa 7228
Herausgeber Dr. J. I. von Saxe

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slowakei Kc 45; Frankreich und Belgien fr. Frs. 35; Holland hfl. 3,25: Eng-
land £ /5/6; Schweiz und die nicht angeführten Länder sfrs.7; Übersee$ 1,50

WERTHEIM : »AS BIBLOGRAPHIKON
Berlin W 9« Leipziger Str. Alte Graphik Seltene Bücher Moderne Kunst

Oammlung

tafeln, zu denen auch noch die künstlerisch
interessante Kreuzigung des Andreas zu rech-
nen ist, die gewisse Einflüsse des Giovanni dal
Ponte verrät, darf das außerordentlich reizvolle

Besiß des Ludovico de Spiridon stammt, einen
Teil jener Predella mit noch ungedeuteten
Legendenszenen zu sehen, die auf der zweiten
Figdor-Versieigerung (Nr. 6/7) in den Besiß

NEMES
Von
Dr. Werner R. Deusch

die Firmen Frederik
Paul Cassirer und

■ Seifen hat der Tod eines Kunstsammlers
Jp der Öffentlichkeit, in Fachpresse und
. aSeszeitung einen so starken Widerhall ge-
linden wie das Ableben des ungarischen
^äzens und Sammlers Marczell von Nemes,
~r als produktiv-schöpferische Persönlichkeit
e*ne ganz besondere Stellung in der Ge-
richte des europäischen Sammlertums ein-
|unehmen berechtigt ist. Wenn jefet in den
Ingen vom 16.-—19. Juni in der Tonhalle zu
uünchen der erste Teil seines künstlerischen
ijächlasses durch
i (1 u 1 1 e r & C Oj, t-aui v. a s s 1 1 c 1 unu
^ugo Helbing zur Versteigerung gelangt,
dürfen wir uns den nochmaligen Versuch,
’n Bild der Sammlerpersönlichkeit zu ent-
Surfen, schenken, nachdem dies in diesen
^halten bereits Professor Georg Biermann
'■Weltkunst" IV. Jg., Nr. 45) getan hat und
pdeh von anderer Seite, zuleßt von Geheimrat
,r i e d 1 ä n d e r in dem feingeistigen Vorwort
tf-‘s Kataloges, die wesentlichsten Züge des
9enialen Sammlers festgehalfen worden sind.
, Die streng wissenschaftliche Bearbeitung
Kataloges durch Lionello Venturi, Otto
y°n Falke und Theodor Demmler lägt die
>?istung des Sammlers in ihrer ganzen
j'storischen Tragweite erfassen. Wenn wir
nachfolgenden einige der Hauptwerke
Sleses umfangreichen Materials von in unserer
£.e't einzig dastehendem künstlerischen
^üalitätsniveau herausheben, so kann es sich
?■ abgesehen von einigen erweiterten Ex-
^sen zu den italienischen Bildern — weniger
i111 neue wissenschaftliche Gesichtspunkte
.Qndeln als darum, in Umrissen ein Bild von
^er Universalität dieser monumentalen
pChöpfung eines Einzelnen unserer Zeit zu
ntwerfen.
1. Italienische Gemälde
j Den italienischen Gemälden hat
I er Turiner Kunstgelehrte Lionello Ven-
ausführliche wissenschaftliche Kommen-
de beigegeben, die die kunstgeschichtliche
r’ellung und Zuschreibungsfragen klar um-
Q*6en. Für die beiden Flügel von Agnolo
,9ddis Verkündigung wird auf das thematisch
^.e*che Werk der Florentiner Akademie ver-
(jlesen. Ein außergewöhnlich schönes Werk
in der neueren Literatur zu Recht immer
fj9rker beachteten Nardo di Cione ist das
d Ybiychon der Madonna mit vier Heiligen,
(j ne etwa in die 60er Jahre des Trecento zu
f5’’erende Arbeit von bester Erhaltung und
er plastischer Gestaltung. Dem Bruder
s,c°Do wird eine aus der Sammlung Benson
p.arntnende Pieta, der Schule des Andrea da
sc[ePZe ein Schmerzensmann im Grabe zuge-
tlrieben. Diesen kleinformatigen Trecento-


Sandro Botticelli, Madonna mit Kind und Engeln. Um 1470
La Vierge avec l’enfant — Vergin with child
Holz — Bois — Panel, 87 : 65 cm — Collection Marczell von Nemes, München — Kat. Nr. 13
Versteigerung — Vente — Sale: P. Cassirer, H. Helbing und Frederik Muller & Co.
München, 16.—19. Juni 1931

Bildchen einer Hinrichtungsszene vor einer
ummauerten Stadt um 1450 angereiht werden,
in dem Venturi Stilelemente des LIccello
und Domenico Veneziano wiederfindet. Wir
glauben, in diesem Täfelchen, das aus dem

von J. Goudstikker übergingen und von der
auch im Londoner Kunsthandel ein weiteres
Stück existiert. Stilistisch wäre die Nemes-
Tafel ganz in die Nähe des „Meisters des
Carrand’schen Triptychons“, der neuerdings

mit Giovanni di Francesco identifiziert wurde,
zu rücken und vor allem mit den Predellen-
bildern der Casa Buonaroiti in Florenz zu ver-
gleichen.
Am Anfang der Quattrocento-Reihe stehen
zwei kleine Tafeln von Fra Angelico. Nicht
zu Unrecht nennt Venturi die „Anbetung der
Könige“ ein Hauptwerk des Künstlers, das,
zeitlich den frühen Fresken in San Marco
nahestehend, in seiner Buntheit, der Freude
am Detail und dem kompositionellen Aufbau
ein Nachleben des höfischen Stils der Jahr-
hundertwende verrät, wie er sich am groß-
artigsten in dem bekannten Ambetungsbilde
des Gentile da Fabriano von 1423 mani-
festiert. Das zweite Bild, eine „Predigt des
hlg. Petrus“, spätere eigenhändige Replik
einer Predellentafel vom Linaiuoli-Altar, ver-
dankt seine Wiedererstehung in ungeahnter
farbiger Frische dem Kennerblick Nemes’,
der in dem vollkommen unscheinbaren und
übermalten Täfelchen der Sammlung Ludo-
vico Spiridon die Hand Fra Angelicos er-
kannt halte. Gewisse Einflüsse Fra Angelicos,
vermischt mit Zügen Fra Filippo Lippis, weist
die charakteristische Madonna des Maestro
della Madonna della Nativitä di Castello auf,
der an Innigkeit des Ausdrucks und malerisch-
farbiger Feinheit ein ähnliches Bild von Neri
di Bicci nicht nachsteht. Ein Juwel der späten
Quattrocento-Kunst, ähnlichen Darstellungen
Botticellis geistig eng verwandt, ist die breit-
formatige Anbetung der Könige von Sellajo,
die in den Beginn der 70er Jahre zu datieren
sein dürfte. Zwei große Altartafeln von
Macchiavelli und dem in der Nachfolge Lippis
und Peseltinos befangenen Piero di Lorenzo
Pratese beschließen diese Gruppe.
Eine im Katalog und neuerdings in der
Zeitschrift „L’Arfe“ von Venturi eifrig als
Spätwerk des Fra Filippo Lippi verteidigte
Madonna mit Kind und Engeln (Abbildung
nebenst.) verdient ihrer besonderen künst-
lerischen und technischen Qualitäten wie ihres
kunsthistorischen Interesses wegen eine ge-
sonderte Betrachtung. Die Komposition des
Bildes, das in der Sammlung Spiridon-Paris
als „Verrocchio-Schule" bezeichnet war, geht
auf die allgemein um 1455 datierte berühmte
Uffizienmadonna Lippis zurück. Stilistisch
gehört das Bild zu einer Gruppe ähnlicher
Madonnen in Paris, Neapel, Boston u. a., die
als Gemeinsamkeit neben Zügen. Lippis einen
betonten Einfluß des Verrocchio verraten und
von Uhlmann, Bode u. a., bedingt auch von van
Marie, als Frühwerke Botticellis angesprochen
wurden. Stilistisch leitet diese Gruppe zwang-
los zu den frühesten gesicherten Werken
Botticellis wie der Fortitudo von 1470 über,
und die Annahme eines eigenen Meisters,
dessen kurzfristige Tätigkeit von kaum einem
Jahrzehnt gerade den Übergang vom späten
Lippi zum frühest bekannten Botticelli be-
streitet, erscheint uns als ebenso unwahr-
scheinlich wie die These Venturis, daß Lippi
in seinem spätesten Alter sich selbst unter
Verarbeitung verrocchiesker Einflüsse kopiert
habe. Abgesehen davon, daß in der techni-
schen Ausführung des Bildes und seinem
frischen, herben, zeichnerischen Stil keinerlei
Zusammenhänge mit gesicherten Späfwerken
Lippis festzustellen sind, erweist sich die
Nemes-Tafel in der Unfreiheit der kompo-

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