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Zeitschrift für Ästhetik und allgemeine Kunstwissenschaft — 10.1915

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Grunewald, Maria: Über Entwicklung und Stil in der Geschichte der bildenden Kunst
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https://doi.org/10.11588/diglit.3818#0015
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II.

Über Entwicklung und Stil in der Geschichte
der bildenden Kunst.

Von
Maria Grunewald.

Mit drei Tafeln.

In der Geschichte der bildenden Kunst läßt sich eine Entwicklung
aufzeigen, d. h. eine Veränderung, die in einsinniger Richtung fort-
schreitet. Um von einer solchen eine konkrete Vorstellung zu geben,
sei das Gebiet der europäischen Malerei etwa von 1200—1900 ge-
nannt. Die Richtung, welche diese Kunst nimmt, besteht in der
allmählichen Vervollkommnung der Naturwiedergabe, und zwar in
einem bestimmten Sinne. Es geht z. B. I. das Kolorit der Gegenstände
vom Einfarbigen (Lokalfarbigen) zum Vielfarbigen (Freifarbigen) über;
H. bildet sich die Raumdarstellung zu immer deutlicherer Veranschau-
lichung der dritten Dimension aus, zunächst durch plastische und
lineare Mittel, dann unter Zuhilfenahme der Licht- und Luftperspek-
tive. Beide Entwicklungsreihen stehen miteinander in Zusammen-
hang, jedoch nur lose; denn es kann z. B. die zweite ohne die erste
bei einfarbiger Darstellung (ein Ton in Hell und Dunkel) einen großen
Grad von Vollkommenheit erreichen. Vielleicht könnte man noch
andere durchgehende Momente der Veränderung finden. Der Fort-
schritt ist indessen nicht stetig, sondern es zeigt sich zuzeiten ein
besonders starker Vorstoß; ein andermal erfolgen aber auch Rück-
schläge, es wird auf die Reproduktionsformen früherer Zeiten zurück-
gegriffen. Dennoch ist bei säkularer Betrachtung die einsinnige Rich-
tung im großen und ganzen durchaus deutlich. Die letzte Stufe des
genannten Aufstieges bildet der moderne Impressionismus der zweiten
Hälfte des 19. Jahrhunderts. Zwar ist auch der darauf folgende Ex-
pressionismus (wie die anderen Formen: Futurismus usw.) ganz
konsequent, doch würde die Berücksichtigung desselben bei einer
ersten Behandlung der in Frage stehenden kunstgeschichtlichen Auf-
fassung die Darlegung zu sehr komplizieren; deshalb ist diese mo-
dernste Erscheinung vorläufig beiseite gelassen. Wir haben also von
1200—1900 in der europäischen Malerei die Entwicklung von primi-
 
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