VI.
Der Anteil des Denkens am musikalischen
Kunstgenuß.
Von
Paul Feldkeller.
-Musik ist die zudringlichste und auch wieder die
nachsichtigste Kunst. Die jämmerlichste Drehorgel, so
sich vor unserem Haus postiert, muß man hören, aber
zuzuhören braucht man selbst einer Mendclssohnschen
Symphonie nicht.= Eduard Hanslick.
I.
Es kann davon keine Rede mehr sein, daß man das Wesen irgend-
e'cher ästhetischer Werte im denkenden Erkennen suchen darf.
neren Zeiten war freilich die Ansicht geläufig, das ästhetische Ver-
en sei ein »dunkles« Erkennen. So ist das Schöne für Leibniz
Tu Unke' vorgestellte Harmonie, die Ästhetik für Baumgarten eine
eorie der dunklen Vernunft {gnoseologia inferior, ars pulcre cogitandi;
• z'mmermann, Gesch. d. Ästh. 166 ff.). Bei dem geringen Grade, in
man Denk- und Vorstellungs- von anderen Erlebnissen unter-
led, ist dieser Intellektualismus verständlich, ja er beeinflußt noch
Vater des modernen Voluntarismus, denn auch für Schopenhauer
1' u ästhet'scne Verhalten eine »Erkenntnis der Ideen«, und bezüg-
der Musik spricht er von einem intuitiven Erfassen der Zahlen-
erhältnisse (Welt a. Wille u. V. § 52).
ts bedarf wohl in der Gegenwart keiner weitläufigen Darlegung
"rj daß dem Intellekt eine solche Bedeutung für den reinen Vor-
|png des ästhetischen Genießens nicht zukomme. Abgesehen davon,
der Intellekt und seine Produkte durchaus Gegenstand des
enießens sein können, ist er auch wichtig für das Zustandekom-
wen des ästhetischen Verhaltens als ein Faktor neben anderen, mit
m\ " Cr den ästnetiscnen Genuß vielfach erst ermöglicht. Nimmer-
r aber hat trotz vereinzelter gegenteiliger Meinungen auch in
euerer Zeit1) der Kern, das eigentliche Wesen des ästhetischen Ge-
Vgi ' So bei Willi Nef, Die Ästh. als Wiss. d. anschaul. Erkenntnis, Leipzig 1898.
2 ?Uch Editn Landmann-Kalischer, Über den Erkenntniswert ästh. Urteile, Arch.
1 scl>r. f. Ästhetik u. allg. Kunstwissenschaft. X. 11
Der Anteil des Denkens am musikalischen
Kunstgenuß.
Von
Paul Feldkeller.
-Musik ist die zudringlichste und auch wieder die
nachsichtigste Kunst. Die jämmerlichste Drehorgel, so
sich vor unserem Haus postiert, muß man hören, aber
zuzuhören braucht man selbst einer Mendclssohnschen
Symphonie nicht.= Eduard Hanslick.
I.
Es kann davon keine Rede mehr sein, daß man das Wesen irgend-
e'cher ästhetischer Werte im denkenden Erkennen suchen darf.
neren Zeiten war freilich die Ansicht geläufig, das ästhetische Ver-
en sei ein »dunkles« Erkennen. So ist das Schöne für Leibniz
Tu Unke' vorgestellte Harmonie, die Ästhetik für Baumgarten eine
eorie der dunklen Vernunft {gnoseologia inferior, ars pulcre cogitandi;
• z'mmermann, Gesch. d. Ästh. 166 ff.). Bei dem geringen Grade, in
man Denk- und Vorstellungs- von anderen Erlebnissen unter-
led, ist dieser Intellektualismus verständlich, ja er beeinflußt noch
Vater des modernen Voluntarismus, denn auch für Schopenhauer
1' u ästhet'scne Verhalten eine »Erkenntnis der Ideen«, und bezüg-
der Musik spricht er von einem intuitiven Erfassen der Zahlen-
erhältnisse (Welt a. Wille u. V. § 52).
ts bedarf wohl in der Gegenwart keiner weitläufigen Darlegung
"rj daß dem Intellekt eine solche Bedeutung für den reinen Vor-
|png des ästhetischen Genießens nicht zukomme. Abgesehen davon,
der Intellekt und seine Produkte durchaus Gegenstand des
enießens sein können, ist er auch wichtig für das Zustandekom-
wen des ästhetischen Verhaltens als ein Faktor neben anderen, mit
m\ " Cr den ästnetiscnen Genuß vielfach erst ermöglicht. Nimmer-
r aber hat trotz vereinzelter gegenteiliger Meinungen auch in
euerer Zeit1) der Kern, das eigentliche Wesen des ästhetischen Ge-
Vgi ' So bei Willi Nef, Die Ästh. als Wiss. d. anschaul. Erkenntnis, Leipzig 1898.
2 ?Uch Editn Landmann-Kalischer, Über den Erkenntniswert ästh. Urteile, Arch.
1 scl>r. f. Ästhetik u. allg. Kunstwissenschaft. X. 11