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Zeitschrift für Ästhetik und allgemeine Kunstwissenschaft — 10.1915

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https://doi.org/10.11588/diglit.3818#0220
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BESPRECHUNGEN. 213

vielen Fällen Abhängigkeit der stofflichen Inhalte von Erfahrungen und Eindrücken
des reifen Mannes nachgewiesen ist. Endlich sehe ich keinen zureichenden Grund
dafür, daß wir uns den Dichter bloß als Geschlechtswesen vorstellen sollen. Rank
hat wenigstens, im Gegensatz zu Stekel u. a., die Einsicht, »daß den Künstler seine
für ihn befreiende und zugleich sozial hochwertige Leistung von der Leistungs-
unfähigkeit des Neurotikers immer scharf scheiden wird« (S. 479) und er führt
geistreich durch, wie die wechselnde Behandlung desselben Stoffes als gesetzmäßiger
Ausdruck des. jeweils erreichten Verdrängungsstadiums aufgefaßt werden kann.
Immerhin haftet an diesem Buch, dem vielleicht besten Erzeugnis der literarästheti-
schen Richtung in Freuds Schule, eine unerträglich gewaltsame Einseitigkeit; der
Vorwurf der Verzerrung ist auch ihm zu machen.

Berlin. Max Dessoir.

Titien par Henry Caro-Delvaille,

Velasquez par Aman-Jean. Paris 1913. 117 u. 144 S.

Diesen beiden, in der Sammlung Art et Esthetique erschienenen Studien ist ge-
meinsam, daß sie von Malern geschrieben sind. Man nimmt das Buch eines Malers
über einen Maler, zumal wenn er Tizian oder Velasquez heißt, mit einer gewissen
Spannung in die Hand. Hier, wenn irgendwo, hofft man etwas von dem Geheimnis
der Form zu erfahren. Bei dem Maler will man die Sprache, welche Zuschauer,
"icht Macher, vor den Kunstwerken erfunden haben, vergessen. Er scheint in einem
unmittelbareren Kontakt mit den Dingen zu stehen und in einem Gemälde Eigen-
schaften zu sehen, für die uns die Augen erst geöffnet werden müssen. Aber ent-
weder haben die Maler nicht die Gabe, ihr Gesehenes darzustellen, oder sie sehen
selbst nichts anderes als wir. Wie wenig haben wir bisher aus ihren Büchern
erfahren!

Aman-Jean und Caro-Delvaille fehlt als Franzosen das Talent der Darstellung
nicht. Sie besitzen davon eher zu viel als zu wenig. Zwei geistreiche Essays, der
eine (Tizian) etwas mehr novellistisch, der andere mehr kulturhistorisch, mit Kritik,
hübschen Bemerkungen, guten Formulierungen — aber kein Mensch dächte daran,
mit Malern über Maler zu sprechen. Aman-Jean, der sein Buch mit dem Satz be-
ginnt: »Ist er nicht der größte Künstler, so ist er vielleicht der größte Maler«,
spricht von dem Maler Velasquez beinahe kein Wort. Vortrefflich sind seine Cha-
rakteristiken der von Velasquez porträtierten Fürsten. Er zeigt da eine Fähigkeit
der Einfühlung, die auf einen geborenen Porträtmaler schließen lassen könnte. An
beiden Büchern erquickt die Sicherheit des Urteils und die Unabhängigkeit von
herkömmlichen Schätzungen. Zur Einführung in das Leben und Schaffen Tizians
und Velasquez' sind sie gut geeignet.

Berlin. Alfred Baeumler.

Curt Glaser, Die Kunst Ostasiens. Der Umkreis ihres Denkens und Ge-
staltens. Leipzig 1913, Insel-Verlag. 222 S. mit 24 Taf.

»Das Erlebnis einer fremden Kultur liegt diesem Buche zugrunde. Von der
ästhetischen Haltung eines Volkes im weiteren Sinne soll die Rede sein. Nicht
von Kunst allein. Darum ist der Titel des Buches zu eng. Und er ist zu weit,
weil die Absicht nicht war, zugleich das gesamte Gebiet bildender Kunst zu um-
schreiben und in seinem historischen Ablauf zu verfolgen.«

Diese Sätze des »Vorwortes« sind es, die den Referenten bewogen haben, die
«ritische Anzeige des Buches zu übernehmen. Denn ihnen zufolge ist eine nicht
 
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