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Zeitschrift für Ästhetik und allgemeine Kunstwissenschaft — 14.1920

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https://doi.org/10.11588/diglit.3620#0301
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Besprechungen.

Richard Hamann, Ästhetik. 2. Aufl. (Aus Natur und Geisteswelt, 345. Bänd-
chen.) Verlag von B. G. Teubner in Leipzig, 1919.

Über den Unterschied der neuen zur alten Auflage sagt der Verfasser: »Die
erste Auflage ging davon aus, daß es unabhängig von den vielen kunstwissenschaft-
lichen Problemen ein spezifisch Ästhetisches gebe, und daß der ästhetische Zustand
darin bestände, allen Zweckzusamnienhängen enthoben und als Erlebnis isoliert zu
sein. In der zweiten Auflage wird das Problem wesentlich enger gefaßt und das
Problem des Wesens des Ästhetischen auf eine Untersuchung der Eigenbedeutsam-
keit der Wahrnehmung eingeschränkt.« Ästhetisch sind Wahrnehmungen, wenn sie
aus dem Zusammenhang des Erkennens und Handelns herausgenommen werden
und trotzdem bedeutsam bleiben; die musikalischen Tongebilde sind das beste
Beispiel. Es handelt sich dabei nicht um wahrgenommene Dinge, sondern um un-
mittelbare Wahrnehmungsinhalte. Will man klarstellen, inwiefern solche Wahr-
nehmungen Selbstzweck werden können, so ist die psychologische Untersuchung
der ästhetischen Erlebnisse kein geeignetes Mittel. »Wir gehen deshalb geistes-
wissenschaftlich vor, gehen von bestimmten geistigen Inhalten, den Wahrneh-
mungsgebilden aus, und betrachten diese nicht nach den Bedingungen ihres
Auftretens, sondern nach ihrer Bedeutung, die sie haben, und den Bedingungen
dieser Bedeutung« (S. 21). Das Verfahren wird indessen nicht eigentlich durch-
geführt. Es wird bloß gezeigt, wie das ästhetische Gebilde sich abschließt (durch
Rahmung z. B.) und wie es in sich selber konzentriert und komponiert wird; da-
neben stellt Hamann als »Intensivierung der dargebotenen Wahrnehmung« die
Aktualität, die Neuheit, das Sensationelle und dergleichen, obwohl diese Dinge mit
der Eigenbedeutsamkeit der Wahrnehmung schwerlich etwas zu tun haben. Übrigens
wird auch nicht deutlich, inwiefern die ästhetische Seite der Dichtkunst durch die
vorgeschlagene Begriffsbestimmung gedeckt werden könnte. Der Verfasser hätte
vielleicht gut getan, über Kant, Hartmann, Münsterberg, Jonas Cohn hinaus- und
zur Phänomenologie fortzuschreiten. Es ist ja viel Gutes in dem Büchlein, das
dem Inhalt nach dogmatisch und der Form nach aphoristisch gehalten ist; immer-
hin wird die eigentliche Ästhetik Hamanns erst durch eine umfassende Darstellung
zur Erscheinung kommen. Wir warten darauf in der Zuversicht, daß hierdurch
unsere Wissenschaft erheblich bereichert werden wird.

Berlin. Max Dessoir.

Oskar Katann, Ästhetisch-Literarische Arbeiten. Verlagsanstalt Tyro-

lia, Wien-Innsbruck-München. 1918. 371 S.

Diese Sammlung von Aufsätzen wird durch eine Auffassung von der Methode

ästhetischer Kritik zu einem einheitlichen Buche. Der Verfasser betont den Wert

der Tradition als geistiger Macht, er fordert Arbeitsteilung und Werkfortsetzung
 
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