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Zeitschrift für Ästhetik und allgemeine Kunstwissenschaft — 23.1929

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https://doi.org/10.11588/diglit.14175#0100
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BESPRECHUNGEN.

was heute als absolut gesicherte Tatsache gilt, scheidet das Problematische aus und
ist so für alles Positive der beste Führer.

Die besondere Lage der Wissenschaft, auf der dieses Buch beruht, bringt es
aber mit sich, daß hier noch etwas anderes zur Erörterung stehen muß. Eine
Kunstgeschichte, die nicht auch Ideengeschichte wäre, ist heute nicht mehr denkbar,
und diesem Gesichtspunkt trägt der Verfasser in weitem Maße Rechnung. So
kommt es, daß von gewissen letzten und höchsten Fragen unserer Wissenschaft
positiv und ohne Vorbehalt die Rede ist, denen der Fachbetrieb im allgemeinen aus
dem Wege geht. Doppelt gespannt horchen wir auf, wenn ein führender Mann der
Forschung zu ihnen das Wort ergreift. In diesem Sinne stellt sich Rodenwaldts
Arbeit auch als geisteswissenschaftliche Leistung von hohem Interesse dar.

Der Verfasser tut recht daran, daß er sich auch hier so positiv wie möglich
faßt und seine Darstellung nicht durch eine auch nur andeutungsweise Aufrollung
der Problematik belastet, die den das Wesen der antiken Kunst und das Verhältnis
ihrer Hauptphasen zueinander betreffenden Fragen eignet. Umso eindeutiger treten
die Grundlinien seiner Anschauung heraus. Naturgemäß handelt es sich dabei in
erster Linie um das Problem der klassischen Kunst. Rodenwaldt gibt diesem Begriff
eine klare und knapp formulierte, inhaltlich aber außerordentlich weite Fassung.
Als seinen Gegensatz erkennt er außer dem Primitivismus nur das Archaische an.
Damit rückt er die ganze nacharchaische Kunst der Antike wieder unter den Begriff
der Klassik, auch den Hellenismus und den größten Teil der römischen Kunst.
Diese Anschauung wird aber, glaube ich, bei vielen auf lebhaften Widerspruch
stoßen. Sie verkennt, kurz gesagt, die spezifische Natur des Klassischen und wird
dem eigenen Leben der nicht- oder gar antiklassischen Strömungen in der antiken
Kunstgeschichte nicht gerecht. An anderer Stelle in dieser Zeitschrift habe ich ver-
sucht, mich mit ihr auseinanderzusetzen und eine in anderer Richtung liegende
Lösung vorgeschlagen.

Also anregend wirkt Rodenwaldts Buch auch in diesem Sinne. Und das ist
letzten Endes bei einer Arbeit von dieser Art doch die Hauptsache. Die sachliche,
rein inhaltliche Bewältigung des Materials betrifft hier höchstens eine Vorfrage.
Zur Diskussion steht eigentlich nur dies: wie entspricht das Ganze seinem Zweck,
d. h. wie stellt es sich nach seiner formalen Seite hin dar? Hier kann das Urteil
so positiv wie möglich gefaßt werden. Man wünscht diesem Buch die weite Ver-
breitung, auf die es berechnet ist, und einen recht großen Erfolg. Nicht, als ob die
Sache, der es dienen will, eines Fürsprechers oder gar eines Verteidigers bedarf.
Aber als die geistige Welt, die sie ist, verlangt die Antike immer wieder, daß
Männer auftreten, die in der Sprache ihrer Zeit von den Wundern und von der
Größe dieser Welt, in der zu leben ihr schönes Vorrecht ist, Zeugnis ablegen.

Rom. Friedrich Matz.

August Schmarsow, Italienische Kunst im Zeitalter Dantes.
Zur Wesensbestimmung des Trecento. Augsburg 1928. Benno Filser-Verlag.
I Text S.S. 1—208, II Tafeln 1—150. 4«.

Die Grundgedanken, aus denen diese Spätfrucht der Lebensarbeit des Altmei-
sters italienischer Kunstforschung in Deutschland herausgewachsen ist, sind in
ihrem wesentlichen Kern dem engeren Kreise seiner Schüler wohlvertraut. In ver-
tiefter Zusammenfassung bietet er sie jetzt der allgemeinen Kunstwissenschaft und
allen Freunden mittelalterlicher Kunst dar. Der Wesensbestimmung des Trecento
— im Sinne einer einheitlichen Stilbildung, dürfen wir hinzusetzen — gilt letzten
 
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