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MARGARETE RIEMSCHNEIDER-HOERNER

des Körpers durch den Panzer erwähnt — bei Diomedes trotz des ge-
rade bei ihm erwähnten „Drillichhemdes" — dann lediglich auf der
Schulter. Es bleibt also nur, wie ja auch deutlich gesagt wird, der
Schutz des Körpers gegen die Geschosse.

■ Dies nun ist homerische Auslegung und Erklärung für ein archai-
sches Kleidungsstück, das nur vereinzelt noch getragen und dessen
Sinn nicht mehr verstanden wurde.

Der Schutz des Körpers in der Taillengegend war doppelt: durch
den Gürtel, der schön gearbeitet — daCöa?.og -—, das heißt wohl aus
Leder mit Metallbesatz oder auch gestickt, schon an sich einen gewissen
Widerstand bietet, vor allem in der metallenen Schließe, ferner durch
den Panzer. Und nun als drittes noch durch die Mitra? Das sieht sehr
unwahrscheinlich aus, um so mehr als die darunter liegenden Weichteile
ungeschützt bleiben2). Der Panzer hört in der Taille auf, und noch auf
Vasenmalereien des 6. Jahrhunderts tragen durchaus nicht alle ein Hemd
darunter. Nur in unserem Falle, wo ein Hemd getragen wird, könnte
man erwägen, ob nicht die Mitra der Gürtel eben dieses Hemdes ist.

Nun wäre es freilich wundersam, wenn Menelaos sich zweimal ge-
gürtet hätte und außerdem wird Mitra niemals für Gürtel, sondern stets
für Binde oder Reifen gebraucht und scharf sowohl von dem Gürtel
wie von dem über die Schulter getragenen Wehrgehenk unterschieden.
Die Mitra ist kein mit Metall besetzter Lederstreifen, sondern ein Ring
aus Vollmetall. Seine Herstellung gehört — wie Homer ganz richtig
sagt — in das Aufgabengebiet des Metallarbeiters. Mit dem Aufnähen
ausgewalzter Plättchen wird sich der Toreut schwerlich abgegeben
haben, das ist gewiß Frauenarbeit. Wir haben uns — schon dem Sprach-
gebrauch Homers gemäß — die Mitra geschmiedet zu denken.

Nun kann dieser geschmiedete Reifen in der Tat einmal nützlich sein
und ein Geschoß abhalten, aber das ist Sache des Zufalls oder — home-
risch ausgedrückt — Wirken der Athena, die den Pfeil dahin lenkt, wo
er am wenigsten schaden kann. Im allgemeinen erfüllt er diese Aufgabe
aber außerordentlich schlecht. Wir müssen also annehmen, daß Homer
dieses Schmuckstück selbst sehr merkwürdig fand, aber keine andere,
bessere Erklärung dafür hatte. Ob er es gekannt hat, wissen wir nicht.
In Kreta und auf dem Festland wurde es im 7. Jahrhundert noch ver-
einzelt getragen. Jedenfalls konnte er keine rechte Vorstellung damit

2) Wenn ein Geschoß den Unterleib oder die Schamteile verletzt, was sehr häufig
vorkommt, wird bei Homer niemals eine durchbohrte Mitra erwähnt, was er, wenn
dieses Kleidungsstück unter die Taille hinabgereicht hätte, zu erwähnen bestimmt
nicht unterlassen hätte. Man hat einmal einen segmentförmigen Panzerteil, der vorn
angeknüpft wurde, gefunden. Er kann aber niemals Mitra geheißen haben. Vgl. Real-
lex. d. kl. A. „Mitra".
 
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