Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Metadaten

Zeitschrift für christliche Kunst — 28.1915

DOI Artikel:
Arntz, Ludwig: Mittelalterliche Feldzeichen (mit Tafel 13)
DOI Seite / Zitierlink: 
https://doi.org/10.11588/diglit.4335#0201

DWork-Logo
Überblick
loading ...
Faksimile
0.5
1 cm
facsimile
Vollansicht
OCR-Volltext
1/8__________ZEITSCHRIFT FÜR CHRISTLICHE KUNST.___________Nr. 11

berg, am 8. August 1266 (am St. Cynakustage) in der siegreichen Schlacht bei
Kitzingen gegen die Bundesgenossen des Berthold von Henneberg geführt. (Abb.
14.) Dieses große Banner, welches seinerzeit das Luitpoldmuseum in Würzburg
aufbewahrt, besteht aus naturfarbenem Leinen, worauf mittels aufgenähter grüner
und goldgelber Seidenstücke die Figur des Stiftspatrones, des hl. Kihan, mit
Schwert und Bischofsstab dargestellt ist17. Die Zeichnung der Figur (Gesicht,
Handschuhe und Säume) ist übernäht bzw. im Flachstich ergänzt. Die Über-
schrift ist in braunem Leder aufgelegt. Auf der Rückseite ist oberhalb des aus
vier Lederstreifen bestehenden Kreuzes die denkwürdige Urkunde über die Be-
nutzung als Kriegsbanner im unteren Frankenlande in Majuskeln aus schwarzem
Tuche beigefügt18. Bei dieser Gelegenheit mag eine Ausbesserung und Neu-
fassung der Fahne am Querstock erfolgt sein. Vielleicht ist damals auf der Vorder-
seite, am Untergewande des Bischofs, das kunstvolle, jetzt abgetrennte Schmuck-
stück aufgeheftet worden, welches in altertümlicher, byzantinisch anmutender
Seidenstickerei ausgeführt, die märchenhafte Luftfahrt Alexanders des Großen
zum Gegenstande hat. Schon in Otfnds Dichtung „Krist" (I.Kap.) werden die
Franken als das Geschlecht Alexanders von Mazedonien gerühmt, wie ja auch
derselbe Sagenstoff in der deutschen Literatur oft zu dichterischer Bearbeitung,
u. a. in dem Alexanderlied des Pfaffen Lambrecht angeregt hat. Daß die Alexander-
sage auch in der bildenden Kunst des deutschen Mittelalters (Plastik und Textil-
kunst) wiederholt und vielseitig aufgegriffen und verwertet wurde, ist in dieser
Zeitschrift festgestellt und später im weiteren Umfange verfolgt worden19.

Die Verwendung der naturfarbenen und gefärbten Flachsleinwand behauptete
sich auch im späteren Mittelalter als Fahnenstoff, u. a. zur Anfertigung solcher
Feldzeichen, die wie Speer- und Zeltfahnen der Witterung und einer mehr derben
Behandlung ständig ausgesetzt waren, seltener sind Rennfahnen und Banner aus
Leinen. Zu dem Zweck wurde entweder farbiges Leinen angestückt oder aufge-
näht, oder es wurden die heraldischen Zeichen zweiseitig im Temperaverfahren
(später mit Olzusatz) aufgetragen. Für dieSchiffsflagge, wie für das heraldisch
bemalte Segeltuch, kam naturgemäß der hierzu besonders geeignete Leinenstoff
(Flachs oder Hanfgewebe) vorwiegend in Betracht, bis dieser durch das wollene
Flaggentuch allgemeiner ersetzt wurde.

3. Wollen st off.

Inwieweit das Wollentuch, welches bei Kammgarn und feiner Webart eine
leichte Beweglichkeit und zugleich eine dauerhafte Färbung gestattet, schon im
Mittelalter auch als Grundstoff bei ein- oder mehrfarbigen Fahnen oder Flaggen
gebraucht worden ist, bleibt eine offene Frage. Bestimmte Beispiele dürften wegen

17 H e n n e r. Altfränkische Bilder 1903, Katalog der Sammlungen des hist. Vereins f. Unter-
franken u. Aschaffenburg. 1875. v. Hefner, Christi. Trachtenbuch.

18 Anno domini 1266 factus est conflictus in die Sei. Cyriaci.

1!' Vgl. Ztschr. f. ehr. Kunst: Die Skulpturen des Portals zu Remagen, Jahrg. 1896.
Alte:tümer-Ausstellung in Paderborn, Jahrg. 1899, S. 159. Die vier reitenden Könige an der
Fassade des Regensburger Domes, Jahrg. 1900. Romanisches Rehquienkissen in St. Patrokli
zu Soest, Jahrg. 1902. Freiburger Münsterblätter, Jahrg. 1906. Beiträge zur Luftfahrt
Alexanders des Großen, Jahrg. 1911.
 
Annotationen