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Neue Deutung
Ferner, das Ganze hat offenbar einen Cha-
rakter der Bewegung, sogar der Leidenschaftlichkeit,
der sich wenig mit einer feyerlichen Uebergabe und
friedlichen Aussöhnung reimt. Man betrachte zum
Beyspiel die fünf aufgehobnen Hände, die Gebehr-
den der gegen und zu einander gerichteten Figuren,
besonders der beyden Hauptfiguren, und man wird
sich überzeugen, daß hier nicht sowohl an eine bereits
vollendete, in dem Innern der theilnehmenden Per-
sonen abgeschloffne, und nur in ihren aussern Be-
zeichnungen fortbestehende Handlung, wie eine sol-
che Zurückgabe seyn würde, zu denken ist, als an
eine sich eben entwickelnde, aus der Stimmung der
Betheiligten erst hervortretende, prägnante. End-
lich bemerkt man, daß wenn nicht ein Widerstreit,
doch eine Gegenstellung der Figuren sichtbar ist, be-
sonders wenn man die beyden Ausschreitenden gegen
dieUebrigen in Betracht zieht. Kurz, der Künst-
ler hätte unsres Bedünkens hundert Fehler gemacht
wenn seine Absicht gewesen wäre, alle Figuren im
friedlichen Verein der inneren Gesinnung und der äus-
sern Handlung in Bezug auf den Einen, den Achilles,
gedacht zu wissen.
Hierzu erwäge man noch folgende Einzelheiten.
Die ganze Haltung der Jungfrau und ihres Nach-
bars deutet an, daß sie schon da sind in ruhiger
Erwartung dessen, was kommen soll, daß sie, nicht
eben erst auftretend, zu der sitzenden Figur, die man
als den Achilles ansieht, bereits gehören. Diese
vertrauliche Stellung des Jünglings, wie könnte sie
doch irgend sich eignen zu der vermeyntlichen Scene
der Zurückerstattung, und wie dem Antilochus ge-
Neue Deutung
Ferner, das Ganze hat offenbar einen Cha-
rakter der Bewegung, sogar der Leidenschaftlichkeit,
der sich wenig mit einer feyerlichen Uebergabe und
friedlichen Aussöhnung reimt. Man betrachte zum
Beyspiel die fünf aufgehobnen Hände, die Gebehr-
den der gegen und zu einander gerichteten Figuren,
besonders der beyden Hauptfiguren, und man wird
sich überzeugen, daß hier nicht sowohl an eine bereits
vollendete, in dem Innern der theilnehmenden Per-
sonen abgeschloffne, und nur in ihren aussern Be-
zeichnungen fortbestehende Handlung, wie eine sol-
che Zurückgabe seyn würde, zu denken ist, als an
eine sich eben entwickelnde, aus der Stimmung der
Betheiligten erst hervortretende, prägnante. End-
lich bemerkt man, daß wenn nicht ein Widerstreit,
doch eine Gegenstellung der Figuren sichtbar ist, be-
sonders wenn man die beyden Ausschreitenden gegen
dieUebrigen in Betracht zieht. Kurz, der Künst-
ler hätte unsres Bedünkens hundert Fehler gemacht
wenn seine Absicht gewesen wäre, alle Figuren im
friedlichen Verein der inneren Gesinnung und der äus-
sern Handlung in Bezug auf den Einen, den Achilles,
gedacht zu wissen.
Hierzu erwäge man noch folgende Einzelheiten.
Die ganze Haltung der Jungfrau und ihres Nach-
bars deutet an, daß sie schon da sind in ruhiger
Erwartung dessen, was kommen soll, daß sie, nicht
eben erst auftretend, zu der sitzenden Figur, die man
als den Achilles ansieht, bereits gehören. Diese
vertrauliche Stellung des Jünglings, wie könnte sie
doch irgend sich eignen zu der vermeyntlichen Scene
der Zurückerstattung, und wie dem Antilochus ge-