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DER ORT DES KULTBILDES
IN DER WELT DES GLÄUBIGEN

Hän bedeutender Text des jüngeren Buddhismus, „die Entfaltung des
Korbes der Eigenschaften des Avalokiteschvara“1} gipfelt in der Übermitt-
lung der „sechssilbigen großen Weisheit“2}. Sie ist es, die das Wesen des
großen Heilbringers Avalokiteschvara mit magischen Silben im Reich der
Sprache ausprägt, der rastlos in vielerlei Gestalt die Welten durchwandert,
um ihre Wesen zur Erleuchtung zu führen, wofern er nicht dem Allerbarmer
Amitäbha im westlichen Paradiese bei seinem Erlösungswerke zur Seite steht.
„Diese sechssilbige große Weisheit ist das innerste Herz des Avalokiteschvara,
und wer um dieses innerste Herz weiß, der weiß um die Erlösung“3}. In ihr,
die zum nationalen Gebet und Kennspruch im Bereich der lamaistischen
Theokratie Tibets geworden ist, weil sein Kirchenhaupt, der Dalailama, als
immer erneute Menschwerdung Avalokiteschvaras gilt, erscheint das hohe
Wesen in weiblicher Gestalt, ,,Juwelenlotusblüte“ (Manipadmä} genannt;
wie Avalokiteschvara auch in China und Japan als Kwanyin-Kwannon vor-
wiegend in weiblicher Form verehrt wird. Die „sechssilbige große Weisheit“
ist eine Gebetsformel wie jene zahllosen anderen mantras, mit denen ein Ein-
geweihter einen Aspekt des Göttlichen aufruft, um ihn innerlich zu verehren
oder für den Kultakt in ein yantra einzusetzen. Sie lautet: „om Manipadme4}
hüm“. Der Kärandavyüha nennt sie, da sie Avalokiteschvaras Wesen aus-
drückt, die „Essenz des Großen Fahrzeugs“, — jener späteren Buddhalehre,
die besagt, daß alle Wesen werdende Buddhas sind, — und legt dem Bodhi-
sattva „Der alle Hindernisse entriegelt“ (Sarvanivaranavischkambhin} die
Worte in den Mund: „Wer mir die große sechssilbige Weisheit gibt, dem
x} = Avalokiteschvaragunakärandavyüha. „Karanda Byüha, a work on the
doctrines and customs of the Buddhists ed. by Satya Bratu Samasrami, Calcutta
1873.
2} = schadakschari mahävidyä, vollständiger noch die „Königin“ zubenannt:
schadakschari mahävidyä räjni (z. B. S. 67, 74, 80, 83}.
3} S. 67. 4} Vokativ.

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