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Zoepfl, Heinrich; Zachariä, Heinrich Albert
Das rechtliche Verhältnis des fürstlichen Kammerguts, insbesondere im Herzogthum Sachsen-Meiningen. Von Dr. Heinrich Albert Zachariae, Professor d. R. in Göttingen — Heidelberg: Mohr, 1861

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https://doi.org/10.11588/diglit.45368#0012
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452 Zachariae: Das rechtliche Verhältniss des fiirstt. Kammerguts.
phne Möglichkeit einer Abwehr gleichsam hineingezwungen wor-
ben sind.
Uralter dynastischer Grundbesitz, zu welchem durch kaiserliche
Verleihung die sog. Regalia, namentlich die hohe Jurisdiction und
Obrigkeit allmählig dazu gekommen sind, und wovon in der ersten
Abhandlung im ersten Bande, so wie in der ersten Abhandlung im
zweiten Bande meiner vorerwähnten Alterthümer des deutschen
Reichs und Rechts massenhafte Belege beigebracht worden sind,
war also die erste geschichtliche Grundlage der fürstlichen Domänen,
und dass sich durch den Erwerb der hohen Regierungsrechte in
den eigenthümlichen Herrschaften das Subject des Eigenthums an
denselben nicht verändern konnte, leuchtet doch wohl von selbst ein.
Ganz richtig bemerkt der Herr Verfasser, dass mit den Graf-
schaften und Fürstenthümern, welche die Fürstenhäuser ursprünglich
als Amtsbezirke vom Kaiser verliehen erhielten, mitunter auch Güter,
als Dotation des Amtes verbunden waren. Dergleichen Güter hiessen,
wie wir hier ergänzend bemerken, „pertinentiae comitatus“
(Cap. Ludov. II. a. 856 c. 8. Pertz, Legg. I. 438), welche Be-
Zeichnung auch in der hohenstaufischen Zeit noch beibehalten war
(Frider. I. constit. a. 1174 de bonis comitatuum non alienandis,
Pertz, Legg. II. 144 lin, 3), auch „fiscus comitialis“ Cap.
Lamberti imp. a. 898, Pertz Legg. I. 564), oder auch „bona,
quae ad principatum spectaut“ (Sent. Rudolphi I. a. 1281 de bo-
nis principatuum non aliendis, Pertz, Legg. II. 426). Diese Güter
gehörten aber nicht der Grafschaft, dem Lande, sondern dem Reiche,
und waren aus dessen Fiscus, dem Reichsgut, dem Grafen oder
Fürsten mit dem Amte verliehen. Sehr richtig bemerkt der Herr
Verfasser, dass, wenn diese Güter allmählig zum erblichen Eigen-
thum der damit beliehenen Geschlechter geworden sind, sie hier-
durch Niemanden als dem Reiche entzogen worden sind, dessen
Kaiser aber diesen Uebergang nicht nur regelmässig nicht hinderte,
sondern oft sogar ausdrücklich sanctionirte. Ist es doch notorisch,
dass oft sogar die Grafschaften selbst von den Kaisern zu freiem
Eigenthum verschenkt wurden, wovon auch in meinen Alterthümern
des deutschen Reichs und Rechts, Band II. S. 67. 68. Beispiele bei-
gebracht worden sind. Mag man daher auch dieses Verfahren der
Kaiser aus politischen Rücksichten beklagen, so muss man doch
dem Herrn Verfasser darin zustimmen, dass kein Reichsgesetz den
Kaiser in der Veräusserung des Reichsguts beschränkte (vergl. meine
Alterthümer des deutschen Reichs und Rechts, Bd. I. S. 325), und
jeder solche Erwerb, der mit seiner ausdrücklichen Genehmigung
oder stillschweigenden Connivenz stattgefunden hat, ein legitimer
war, und dass die Legitimität dieses Titels um so weniger ange-
zweifelt werden konnte, wenn, wie insgemein, die Unvordenklichkeit
des Besitzstandes dazu kam. Von einer Erwerbung solcher Güter
für das Land war damals keine Rede, eben weil der heutige
Staatsbegriff fehlte; fehlte doch sogar in den meisten Ländern auch
 
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