Der Verfasser des ›Welschen Gastes‹ nennt sich selbst thomasin von zerclêre (Hs. A, fol. 2r) und erklärt, dass er im Friaul geboren und ein Romane (walich) ist. Auch im Übrigen ist fast alles, was man über Thomasin zu wissen glaubt, seinem Werk entnommen. Die Familie de Circlaria ist um 1200 in Cividale (del Friuli) vielfach belegbar, sodass Thomasins Herkunft aus diesem Patriziergeschlecht angenommen werden kann. Während im Friaul mehrere Personen mit dem Namen Thomasin nachgewiesen sind, stammt der einzige urkundliche Beleg eines Thomasin von Zerklaere aus dem Totenbuch des Domkapitels von Aquileja im Zusammenhang mit der undatierten Schenkung eines Gehöfts. Hier erscheint der Name Tomasinus de Corclara (wohl Verschreibung aus Cerclara) in Verbindung mit dem Attribut Canonicus. Demnach wäre Thomasin zumindest vor seinem Tod Kanoniker gewesen, jedoch nicht unbedingt am Domkapitel selbst.
Die Lebenszeit Thomasins kann aus mehreren Äußerungen im ›Welschen Gast‹ relativ genau erschlossen werden: Im Teil 8 (V. 11717) wird erwähnt, dass das Heilige Grab seit gut 28 Jahren verloren ist. Da Jerusalem im Dezember 1187 durch Saladin eingenommen wurde, wäre Thomasins Äußerung im Teil 8 in das Frühjahr 1216 zu verlegen. Am Anfang von Teil 9 säufzt die personifizierte Schreibfeder, dass sie schon den ganzen Winter lang arbeiten musste, und der Verfasser präzisiert, dass er für die vorangehenden acht Teile seines Werkes acht Monate gebraucht hat und nun noch zwei Monate für die restlichen beiden Teile benötigen wird (V. 12278–12282). Im Teil 2 (vermutlich im Hochsommer/Herbst 1215 entstanden) teilt Thomasin dem Leser mit, dass er noch nicht 30 Jahre alt ist (V. 2445). Auch wenn nicht sicher ist, wie genau man diese Aussage verstehen darf, wird man in Verbindung mit den anderen Angaben Thomasins Geburt um das Jahr 1187 vermuten können. Sein Todesjahr ist leider nicht genauer bestimmbar.
Thomasin verrät dem Leser, dass er sich mehr als acht Wochen lang am Hof des ›Herrn Otto‹ aufhielt, als dieser in der Lombardei und in Rom war (V. 10471–10477), was dem Italienfeldzug Ottos IV. im Hochsommer von 1209 entspricht. Er kommentiert die Übernahme der deutschen Länder durch den 1212 bzw. 1215 gekrönten Friedrich II., den er noch als unser kint bezeichnet – dabei muss es sich für Thomasin um unmittelbar zeitgenössisches Geschehen gehandelt haben. Ähnlich aktuell ist Thomasins Aufruf zum Kreuzzug und zur Ketzerbekämpfung – beides dringende Anliegen von Papst Innozenz III. (und dem von ihm einberufenen Vierten Laterankonzil) zwischen 1213 und 1216.
Dass Thomasin dem Hof des Patriarchen von Aquileja angehörte, ist eine tradierte Forschungsmeinung, nach der Quellenlage aber nicht mehr als eine plausible Spekulation. Aufgrund seiner Bildung, die im ›Welschen Gast‹ zum Vorschein tritt (s. Inhalt und Aufbau), ist anzunehmen, dass er eine höhere Schule besucht hat. Die personifizierte Feder (s.o.), von der sich Thomasin zu Beginn von Teil 9 ansprechen lässt, verrät, dass er früher einmal ze schuole war (V. 12256), aber auch, dass er sich zusammen mit Rittern und Damen Turniere und Tänze anzuschauen pflegte. Das letztere ist freilich nur an einem größeren Hof denkbar. Der Hof des Patriarchen von Aquileja, eines hochgestellten Reichsfürsten mit ausgedehnten weltlichen Besitztümern und Befugnissen, war sicher alles andere als rein geistlich geprägt und kommt deshalb als Aufenthaltsort Thomasins durchaus in Frage. Dass Thomasin sich im ›Welschen Gast‹ an die deutschsprachige Aristokratie wendet und mit der transalpinen Reichspolitik vertraut ist, würde die Annahme stärken, dass er im Gefolge des Patriarchen (von 1204 bis 1218 war es der aus Österreich stammende Diplomat und Mäzen deutschsprachiger Dichtung Wolfger von Erla) auch in deutschsprachigen Reichsgebieten unterwegs war, Deutsch lernte und zur Verfassung seines Lehrgedichts angeregt wurde. Nach eigener Angabe habe er aber auch in romanischer Sprache (vermutlich auf Provenzalisch) bereits zuvor ein buoch von der hüfscheit (V. 1174) verfasst. Die Vermutung über die Angehörigkeit Thomasins zu Wolfgers Hof wird allerdings dadurch geschwächt, dass der ›Welsche Gast‹ keinerlei Widmung oder Huldigung an den Patriarchen enthält, wie sie üblicherweise zu erwarten wäre.