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Apfelstedt, Heinrich Friedrich Theodor [Hrsg.]; Fürstlich-Schwarzburgischer Alterthumsverein [Hrsg.]
Beschreibende Darstellung der älteren Bau- und Kunstdenkmäler des Fürstenthums Schwarzburg-Sondershausen (Band 2): Die Oberherrschaft — Sondershausen, 1887

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https://doi.org/10.11588/diglit.19417#0022

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Arnstadt.

15

Der westliche Theil der Kirche hat zwei Thürme und drei Schifte; das Lang-
haus ist 27,5 m lang, das Mittelschiff 6,30 und jedes der beiden Seitenschiffe 3,50 m
breit, die Stärke der Pfeiler und Mauern beträgt 1,0 m. — Der östliche Theil der
Kirche, welcher etwas breiter angelegt ist, als der westliche, besteht aus dem gothischen
Querschift'e und dem Chore, beide zusammen 25,70 m lang, das Mittelschiff ist 9,30
und jedes der beiden Seitenschiffe 5,70 m breit. Das Querschiff ist um zwei Stufen
höher, als die Langseite, und der achteckige Altarplatz wieder um zwei Stufen höher,
als das Querschiff. Die Höhe des Mittelschiffes im westlichen Theile beträgt 13,° und
im östlichen Theile 16,0 m, die Länge des ganzen Kirchengebäudes im Innern 52,75,
die Breite des altern Theiles 13,70 und die des neueren 20,30 m.

Der südliche Westthurm erhebt sich in einem kurzen vierseitigen Stockwerke,
steigt dann in zwei Achteckgeschossen auf, von denen das obere in charakteristischer
Verschiedenheit gegen das untere als leichte Gallerie aufgelöst ist und mit einem
Kranze von Giebeln, so wie mit einer hohen achtseitigen steinernen Spitze endigt.

Der nördliche Westthurm ist vom untern Geschosse an achteckig, die beiden
folgenden sind etwas höher, als die des südlichen Thurms, und er endet ebenfalls mit
einer schlanken, achtseitigen steinernen Spitze. Er wurde, wie schon berichtet, in
seinem oberen Theile mit der östlichen Hälfte der Kirche, also zu Anfange des vier-
zehnten Jahrhunderts, vollendet, und es zeigt sich an ihm der ganze Formenreich-
thum des gothischen Stils.

Später, wahrscheinlich zu Anfange des sechzehnten Jahrhunderts, erhielt die
Kirche den grossen Glockenthurm,*) der aber als Vierungsthurm merkwürdigerweise
nicht über dem eigentlichen Kreuzungspunkte des Langhauses und des Querschift'es
steht, sondern über dem ersten Joche des romanischen Schiffes errichtet worden ist.
Er ruht im wesentlichen auf den alten romanischen Schiffspfeilern, welche man durch
ungenügende Vorlagen verstärkt hatte, die oberhalb des Seitenschiffes vermittelst zweier
Spitzbogen verbunden waren, um Auflager für die fast 2,0 m starken neuen Mauern
zu gewinnen. Er hat ausser dem Unterbau drei Stockwerke, war ursprünglich mit einem
schlanken Spitzdache versehen, erhielt aber 1751 eine zopfige mit Schiefer gedeckte
Haube.**) — Bei der letzten Restauration der Kirche wurde auch dieser Thurm mit
einigen Veränderungen in seiner ursprünglichen Gestalt wiederhergestellt. —

Was endlich die Portale der Kirche betrifft, so repräsentiren drei derselben
die drei Baustile, in welchen die Kirche selbst hergestellt worden ist, das westliche
Portal den romanischen, das des nördlichen Seitenschiffes theils den romanischen,

*) Jedenfalls aber hatte die Liebfrauenkirche schon vor Erbauung des erwähnten Glocken-
Ihurms einen solchen, wenn auch kleinem; denn nach einer Urkunde vom Jahre 1369, durch
welche Graf Heinrich XII- den Klosterjungfrauen, Priestern, Altarleuten u. a. m. zu seinem Ge-
dächtniss reiche Gaben legirt, fügt er nach Erwähnung der Altarleute und der Aufzählung der ihnen
bestimmten Gaben hinzu: „Ouch sullin die altirluthe ewiclichin alle mandin uff iglichin tag unsirs
begenguiszis di groszin glockin. di czu unsir frowin ist, czu der selemesze uff ire koste lutin las-
zin etc."

**) Vergl.: „Die Liebfrauenkirche zu Arnstadt. Studien über die bauliche Entwicklung der-
selben von Hubert Stier, Eegierungsbaumeister, Docent an der Königlichen Technischen Hoch-
schule zu Hannover." Arnstadt, Druck und Verlag von Emil Frotscher, 1882. — Dieser höchst
interessanten und instruktiven Schrift ist das oben über die Liebfrauenkirche Mitgetheilte zum
grossen Theile entnommen worden.
 
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