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Blum, Gerd
Hans von Marées: autobiographische Malerei zwischen Mythos und Moderne — München, Berlin, 2005

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https://doi.org/10.11588/diglit.14541#0039

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1.4. Ausblick: Der Argumentationsgang der Arbeit
Dem in Fiedlers Nachruf enthaltenen Hinweis, das Verhältnis von privater Ikono-
graphie und formaler Abstraktion bei Marees zu analysieren, soll nachgegangen
werden. Im Zentrum der Untersuchung stehen dabei die >Hesperidenbilder< der
Jahre 1875 bis 1887: Jene Kompositionen von antikischen Akten, die nach über-
einstimmender Meinung der Forschung für die künstlerische und kunsthistorische
Bedeutung von Marees entscheidend sind.
Zunächst gilt es, die private Ikonographie des Künstlers umlassender als bisher
zu erschließen. In den folgenden beiden Kapiteln werden daher die autobiographi-
schen Ursprünge und Themen der Werke untersucht, die seil Mitte der sechziger
Jahre die >Hesperidenbilder< vorbereiten. Die Genese einer Privatikonographie
vollzieht sich bei Marees im Zuge der bildnerischen Bearbeitung von biographi-
schen Situationen, die aus den Quellen neu erschlossen werden. Der Maler variiert
dabei zunächst Vorbilder der venezianischen Renaissancemalerei und insbeson-
dere Giorgiones, die er als »gemalte Bekenntnisse«J<l autobiographischen Charak-
ters interpretiert. Seit den Fresken in Neapel entwickelt er dann eine eigenständige
Bildsprache (II., III.).
Anschließend wird gezeigt, dass nicht nur — wie bislang festgestellt — einige we-
nige, sondern sämtliche >Hesperidenbilder< auf autobiographische Ursprünge zu-
rückgehen, die sie bis gegen Ende der siebziger Jahre auch explizit thematisieren.
Wie schon im Frühwerk angelegt, überführt Marees in den vermeintlich »gegen-
standslosen« Bildfindungen seiner »klassischen« Werkphase zentrale Beziehungs-
konstellationen der eigenen Vita in Gruppierungen antikischer Akte. Im Mittel-
punkt steht dabei der für den Künstler offenbar traumatische Bruch mit Adolf
Hildebrand und dessen späterer Frau Irene Koppel. In der künstlerischen Be-
wältigung dieses Ereignisses greift Marees wiederum auf solche Kunstwerke der
Vergangenheit zurück, die in seinen Augen inhaltliche Affinitäten zu den eigenen
autobiographischen Themen aufweisen (IV.).
Im fünften Kapitel wird dargelegt, dass Marees seine >Hesperidenbilder< seit
Ende der siebziger Jahre nicht mehr als private Botschaften für den Kreis seiner
engsten Freunde, sondern für die Öffentlichkeit konzipiert. Parallel dazu artiku-
liert er in seinen Briefen das Bestreben, seine zunächst rein autobiographischen
95 So betont Hildebrand zwar in der eingangs angeführten Passage aus einem Brief an Fiedler die
Bedeutung der Bildkomposition für Marees, hebt aber gleichzeitig hervor, dass es dem Maler
letztlich um einen Ausgleich formaler und mimetischer Aspekte gegangen sei, wenn es heißt,
daß sieh Marees »vergeblich abmühte«, von der Anlage der Gesamtkomposition bis zur »orga-
nischen Form« zu gelangen (Brief Hildebrands an Fiedler vom 29. Februar 1888 [Hildebrand/
Fiedler 1927, S. 2611'.]). Pidolls Aussage, dass es Marees um »Formen-Verhältnisse« gegan-
gen sei, die »in ihrem letzten Zusammenklange« eine gegenständliche »Illusion« ergeben sollten
(Pidoll 1930 [1890], S. 28f. [Hervorhebung von Pidoll]), wurde schon angeführt.
96 Crowe/Cavascaselle 1876, S. 175.

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