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Blum, Gerd
Hans von Marées: autobiographische Malerei zwischen Mythos und Moderne — München, Berlin, 2005

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https://doi.org/10.11588/diglit.14541#0160

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IV. Zur Genese der >Hesperidenbilder< (1875 — 1880)

rung autobiographischer Ursprünge. Auch das Mittelbild des späten Triptychons
Die Werbung (Abb. 112) geht unter anderem auf einen Entwurf zurück, in dem
sich Marees mit seiner Beziehung zu Hildebrand beschäftigt (Abb. 114): Dieses
von dem ausgeführten Gemälde noch stark abweichende Blatt in Düsseldorf'1 zeigt
im Vordergrund zwei nebeneinander schreitende Männer. Im Hintergrund ist vor
einer Säulenhalle eine Frau dargestellt, die den jüngeren intensiv anblickt. Durch
Überkreuzungen und Parallelismen ihrer Beine auf der Bildfläche entsteht der
Eindruck einer starken Zusammengehörigkeit der beiden Männer. Während aller-
dings der jüngere in seinem Schreiten innehält und sich mit heftiger Kopfwendung
zu der Frauengestalt umwendet, lässt sich der ältere, bärtige Mann nicht beirren.
Entschlossen geht er seines Weges, die >ritterliche< Insignie einer Lanze oder eines
Schwertes mit den Händen fest umschlossen. Über die autobiographische Bedeu-
tung dieser Zeichnung kann kein Zweifel bestehen. Sie bezieht sich auf die Tren-
nung von Hildebrand aufgrund seiner Verbindung zu Irene Koppel. Während der
bärtige Mann Marees darstellt, der »sein Ziel unter allen Umständen im Auge
behält«7“ und für den es »kein anderes Heil« gibt, »als auf dem begonnenen Wege
fortzufahren«,73 hat der Gefährte - offenbar Hildebrand — diesen Weg zwar mit
dem Älteren begonnen, wendet sich aber nach einer Frau (Irene Koppel) um und
beginnt sich aus der Gemeinschaft mit seinem Lehrer zu lösen. Noch diese, fast
zehn Jahre nach dem Bruch mit Hildebrand gegen 1884'1 entstandene Zeichnung
bezieht sich auf die Ereignisse von San Francesco und belegt nochmals die obses-
sive Beschäftigung des Malers mit der Trennung von Hildebrand.

IV.4. Neue autobiographische Motive
Es wurde gezeigt, wie die nach dem Weggang aus San Francesco in Rom entstande-
nen >Hesperidenbilder< den Bruch mit Hildebrand und Irene Koppel reflektieren.
Nun gilt es darzustellen, wie Marees in diesen Gemälden gleichzeitig seine neue
Lebensführung künstlerisch bearbeitet, ja geradezu entwirft. Hierzu soll nochmals

Mittelbilder des Hesperidentriptychons zu den Drei Männern in der vorliegenden Arbeit
VI.4.1.
71 MG 885; Düsseldorf, Stiftung museum kirnst palast, Graphische Sammlung.
72 Brief an Volkmann vom 7. Dezember 1881; Meier-Graefe 1909-1910, Bd. 111, S. 223.
73 An Fiedler, 2. Dezember 1873; Meier-Graefe 1909—1910, Bd. 111, S. 87.
74 So Meier-Graefe 1909-1910, Bd. II, S. 548.
75 Ein intensiver Kontakt mit Böcklin bestand, wie aus Marees’ Briefen an verschiedene Adressa-
ten hervorgeht, in den ersten Jahren nach seinem Wegzug aus Florenz weiter. Marees schätzte
Böcklin als Persönlichkeit, auch wenn er zunehmend die Differenz ihrer künstlerischen
Absichten erkannte (vgl. etwa einen Brief vom 1. September 1879 an Fiedler). Mit den Jahren
entfremdeten sich allerdings beide Künstler zunehmend voneinander. Zu Marees und Böcklin
vgl. Meier-Graefe 1909-1910, Bd. I, S. 376ff. und passim.
76 Zeugnisse über den weiteren Umkreis von Marees in Florenz bei Bayersdorfer 1908, Käss 1983
und 1987, Dornin 1989, S. 65ff. Zum Florentiner Kreis siehe zudem Meier-Graefe 1909-1910,
Bd. I. S. 283ff., Kurz 1931, Boehm 1999.
77 Marees schreibt einen Monat nach dem Auszug aus San Francesco an Fiedler: « [...] mein Bru-

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